Jägermond Bd. 2 - Im Auftrag der Katzenkönigin
vor allem Sepp Sebusch – den sie in seiner derzeitigen Gestalt nun mal nicht finden würden.
Finn ignorierte den Lärm in dem Großraumwagen und versuchte, sich vorzustellen, was Shepsis nächste Schritte sein könnten. Es war vermutlich für ihn nicht so besonders schwer, sich wieder eine kurzzeitige menschliche Existenz aufzubauen. Katzenklappen, offene Fenster oder Türen erleichterten ihm das Eindringen in unbewohnte Häuser. Diebstahl von Kleidung, Geld, Schlüsseln, sogar Papieren konnte keiner ihm nachweisen. Wer kam schon auf die Idee, dass eine Katze ihn beklauen würde?
Blieb die Frage, als was er diesmal auftreten würde. Sicher nicht als Obdachloser – für die »Helfenden Hände« war er verschwunden, und vermutlich würde er auch inzwischen herausgefunden haben, dass man nach Sepp Sebusch fahndete.
Vergangenen Sonntag hatte Finn sich nach seinem Abschied von Tanguy mit Ani und Pepi unterhalten. Shepsis Spur hatte sich, wie erwartet, in den Gärten verloren. Das musste nicht heißen, dass er nicht doch wieder versucht hatte, mit Chip oder Pu-Shen Kontakt aufzunehmen. Finn grinste leicht. Schade, dass er die beiden Kater nicht per Handy erreichen konnte. Aber so weit ging die Pfotenfertigkeit denn doch noch nicht. Er musste sich bis zum Abend gedulden, um die neuesten Meldungen von der Katzenfront zu erfahren.
Anders war’s bei Nathan. Neben den Nachrichten über Georgies Festnahme hatte er auch von Tanguy gehört. Der hatte sich, nachdem sie sich getrennt hatten, von offenbar unbezähmbarer Neugier getrieben in den Dolmen begeben. Was immer dort geschehen war, es musste dramatisch gewesen sein. Nathan hatte sich am Abend Sorgen gemacht, weil sein Neffe nicht zurückgekommen war, und ihn dann später bewusstlos an den Steinen gefunden. Zwei Tage hatte Tanguy in diesem Zustand verbracht, dann war er aufgewacht.
»Ich habe mir große Sorgen gemacht«, hatte Nathan gesagt. »Aber irgendetwas hast du zu ihm gesagt, das eine Wirkung gezeigt hat, Finn. Er war nicht verwirrt und so entsetzt wie zuvor. Er hat mir das erste Mal zugehört, als ich ihm von Majestät und den Angriffen auf sie berichtet habe. Er glaubt mir zwar noch immer nicht, was ich verstehen kann, aber er ist nachdenklich geworden.«
Finn hatte sich ebenfalls Gedanken über Tanguy gemacht. Es war offensichtlich, dass er sich dann und wann als Puma fühlte. Körperlich verwandelt hatte er sich zwar nicht, aber sein Bewusstsein veränderte sich gelegentlich. Beängstigend war das allemal. Er fragte sich, wie weit das mit Trefélin in Zusammenhang stand. Die Übergangsstelle schien eine gewaltige Wirkung auf ihn auszuüben. Raubkatzen lebten in Trefélin auch, aber sie hatten nicht die gleiche Entwicklung durchgemacht wie die normalen Katzen. Sie waren den diesweltlichen Tieren ähnlicher geblieben. Finn hatte versucht, mit Ani und Pepi darüber zu reden, aber die beiden waren nicht die richtigen Ansprechpartner.
»Nefer, der Streber, könnte dir mehr dazu sagen«, hatte Ani gemeint. »Wir haben nicht so genau aufgepasst, als sie uns von der Mythologie und so ’nem Kram was erzählt haben.«
Noch mehr, dachte Finn, wusste vermutlich Amun Hab über diese Dinge Bescheid. Oder Majestät. Vielleicht erfuhr auch Feli bei ihrem jetzigen Aufenthalt einiges darüber.
Der nächste Vollmond würde in exakt zwei Wochen sein.
Finn freute sich darauf.
Die Abende waren lange hell um die Zeit der Sonnenwende, und als Finn seine Schmutzwäsche zu Hause abgeladen hatte, ließ er sich kurz von Ani berichten, was in der Woche vorgefallen war. Shepsi hatte sich nicht blicken lassen, Pepi war, wenn auch widerstrebend, zurück in den Wald gezogen, um die Übergangsstelle im Auge zu behalten. Nach einem schnellen Imbiss machte Finn sich auf den Weg zum Forsthaus. Nathan empfing ihn mit seiner üblichen, etwas bärbeißigen Freundlichkeit, Tanguy wirkte etwas gelassener als zuvor.
»Keine weitere Spur von Sepp Sebusch. Georgie haben sie erst einmal wieder laufen lassen«, meinte Nathan. »Aber dein Vater war hier, Finn.«
»Oh. Was wollte er?«
»Mich kennenlernen, wie er sagt. Und er hat dir ein Geschenk dagelassen.«
Finn bekam ein mulmiges Gefühl. Das letzte Treffen mit Kord hatte einen ziemlich üblen Nachgeschmack bei ihm hinterlassen. Er sah Nathan und Tanguy an. Beide zeigten ausdruckslose Mienen.
Okay, da gab es also Meinungen, die man höflich verschwieg.
Nathan legte eine Kiste auf den Tisch. Ein grünes Band mit einer Schleife war
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