Jägermond Bd. 2 - Im Auftrag der Katzenkönigin
darumgewickelt.
»Das ist nicht wahr, oder?«
»Mach es auf, dann wissen wir es.«
Tanguy reichte ihm ein Messer, und Finn durchtrennte das Band. Als er die Kiste aufklappte, schimmerten Holz und Metall darin. Stumm betrachtete er die Waffe.
»Doppelbüchsendrilling. Höchste Qualität«, murmelte Nathan. »Könnte ich mir nicht leisten.«
»Nicht?«
»Das Schätzchen kostet fast so viel wie ein Kleinwagen.«
»Wie bitte?«
Tanguy strich mit einem Finger über den Schaft.
»Und ich dachte schon, Rudis Vater sei sehr großzügig gewesen.«
»Dagegen ist Rudis Flinte ein Spielzeug.«
»Ich will das Ding nicht!«, entfuhr es Finn, und er klappte den Kasten wieder zu.
»Vernünftig, du kannst sie sowieso noch nicht benutzen.«
Richtig, er brauchte erst seinen Jagdschein.
Was eine interessante Frage aufwarf.
»Wie konnte mein Vater das Gewehr überhaupt kaufen?«
»Das musst du ihn fragen, Finn.«
Er setzte sich und rieb sich mit den Händen das Gesicht. Auch über Kord hatte er sich Gedanken gemacht. Viele, und zum Teil äußerst beunruhigende. Verdammt, er hatte so sehr einen Vater gewollt. Und jetzt …
»Glaubt ihr, er hat auch etwas mit dem Anschlag zu tun?«
Nathan setzte sich ebenfalls zu ihm auf die Bank am Küchentisch, Tanguy stellte Kaffeebecher auf den Tisch.
»Wie kommst du darauf, Finn?«
»Er hält große Stücke auf Sepp Sebusch. Er hat ihm Aufgaben übertragen. Bei diesen ›Helfenden Händen‹. Er hat mit ihm über Georgie geredet. Er kann meine Mutter nicht leiden. Und dann diese Charlene …« Alles polterte übereinander in seinen Gedanken. Alles, was er bislang versucht hatte zu verstehen oder zu verdrängen oder sich schön geredet hatte, platzte aus ihm heraus.
Tanguy stellte den Kaffeebecher vor ihn.
»Er war nicht ganz klar, als er hier auftauchte«, sagte er leise.
»Er trinkt. Fürchte ich.«
»Nein, er nimmt Drogen«, korrigierte Tanguy. »Ich – mhm – konnte es riechen.«
»Oh Scheiße.«
»Er hat versucht, mich nach dir auszufragen, Finn. Ich habe ihm keine Antworten gegeben«, ergänzte Nathan. »Aber was du da jetzt sagst, wirft ein besonderes Licht auf ihn. Eine fanatische Gruppe von Weltverbesserern, Alkohol und Drogen, ein aufwendiger Lebensstil, eine ungesunde Einstellung Frauen gegenüber – eine gefährliche Kombination.«
Finn verbrannte sich die Lippen an dem heißen Kaffee und raufte sich die Haare.
»Er war im Knast.«
»So.«
»Mann, Nathan, mir fällt das schwer.«
»Ja, das glaube ich dir. Ein junger Mensch braucht bessere Vorbilder.«
Erkenntnisse überschwemmten Finns Gedanken. Widerwärtige Puzzlesteine fielen zusammen und ergaben ein neues, äußerst erschreckendes Bild.
»Es wird einen Schwarzmarkt für Waffen geben«, murmelte er schließlich.
»Sicher«, antwortete Tanguy.
Dann schwiegen er und Nathan wieder, und Finns Gedanken rasten weiter.
»Shepsi – Sebusch. Ich kann nicht glauben, dass er weiß, wie man eine Bombe baut.«
»Das kann man überall nachlesen.«
»Mag sein, aber man muss auch an die Zutaten kommen.« Er stöhnte leise auf. »Es könnte sein, dass Kord solche Dinge … erfahren hat.«
»Gefängnisse sind Bildungsstätten besonderer Art.«
»Aber Mord, Nathan. Mord!«
»Mag sein, dass Sebusch ihn benutzt hat. Genau wie Georgie.«
»Ja, mag sein. Aber …«
»Du musst deinen Vater nicht anzeigen. Ich denke, sie werden von selbst darauf kommen, ihn zu befragen. Jetzt, da sie Sebusch im Verdacht haben und nach ihm suchen.«
Eine kleine Erleichterung machte sich in Finn breit. Die Tatsachen mochten erdrückend sein, aber noch immer war dieser kleine Rest von Gefühl da – Kord hatte ihn als Mann behandelt, hatte behauptet, er sei stolz auf ihn. Anerkennung, die Nerissa ihm immer vorenthalten hatte.
Nerissa, die Kord aus dem Haus geworfen und versucht hatte, den Kontakt mit ihm zu unterbinden. Aus Trotz hatte er zu seinem Vater gehalten und die Augen zugemacht vor dem, was er erfahren hatte.
Finn fühlte sich zerrissen und unglücklich.
»Ich muss mit meiner Mutter reden«, sagte er schließlich.
»Das solltest du.«
Tanguy hatte die ganze Zeit schweigend zugehört. Finn sah jetzt zu ihm hin.
»Geht es dir besser? Nathan sagt, du hast dir den Kopf am Dolmen angeschlagen.«
»Die Beule war nicht so schlimm.« Ein winziges Lächeln zuckte in seinem Mundwinkel auf. »Die Träume waren bemerkenswert.«
»Ein anderes Land, eine neues Fell?«
»Vielleicht wäre ich inzwischen vollkommen verrückt
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