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Jagablut

Jagablut

Titel: Jagablut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Eberl
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Singsang klang mir in den Ohren. Hatte Wenghofer sie
vielleicht in seine Selbstmordpläne eingeweiht?
    Viktor nickte. »Der Schuss war im ganzen Haus zu hören. Schorsch hier war
der Erste bei … der Leiche. Wetti hat gleich den Notarzt gerufen, aber da
war nichts mehr zu machen. Kopfschuss. Vorn aufgesetzt.« Er räusperte sich.
»Wetti ist jetzt oben. Und die Bestatter.«
    »Oh Gott.« Der Anblick eines zerschmetterten Kopfes drängte sich mir auf.
»Hatte er denn eine Pistole?«
    »Einen Bergstutzen«, sagte Viktor und schluckte. »War sein eigenes
Gewehr.«
    Georg Kaml presste die Lippen aufeinander. Vor dem Gasthof schlug eine
Autotür zu. Gleich darauf öffnete sich die Eingangstür, und mit einem Windstoß
trat der Alpbacher Pfarrer in die Halle. Er trug einen schwarzen Mantel und
Handschuhe, und um seinen Hals lag wie immer ein dicker schwarzer Wollschal.
    Der Geistliche überflog unsere Gruppe. »Gelobt sei Jesus Christus.«
    Wir murmelten einen Gruß.
    Der Pfarrer blickte hinüber zu Georg Kaml, der daraufhin von einem Fuß
auf den anderen trat. Sein Gesicht hatte alle Farbe verloren, und Schweißperlen
standen auf seiner Stirn. Er schien sich nur mühsam auf den Beinen zu halten.
Schließlich senkte Kaml den Kopf und starrte auf seine gefalteten Hände hinab.
    Der Pfarrer nickte. »Dann ist die Geschichte endlich zu Ende, und die
arme Seele hat jetzt Ruh.« Damit wandte er sich der Treppe zu und wollte sich
auf seinen Versehgang machen.
    Aber er hatte den Fuß noch nicht auf die erste Stufe gesetzt, als der
Postenkommandant ihm nacheilte. »Herr Pfarrer …«
    Der Geistliche blieb stehen und wandte sich wortlos um. Grabner zog einen
Zettel aus der Tasche seiner Uniformjacke und legte ihn in den schwarzen
Lederhandschuh. Er beugte sich vor und flüsterte dem Pfarrer etwas ins Ohr. Der
lauschte, nickte mit ernster Miene und schob das Papier, ohne es anzuschauen,
in seine Manteltasche. Er legte seine Hand auf die Schulter des Polizisten und
drückte sie kurz, als wollte er ihm Dank sagen. Dann drehte er sich endgültig
um und stieg die Stufen hinauf. Ich sah dem sacht unter dem Mantel schwingenden
Saum der Soutane nach, bis der Geistliche den obersten Treppenabsatz erreicht
hatte und um das geschnitzte Geländer verschwunden war.
    »Was geschieht denn jetzt?«, fragte ich.
    »Alles so wie immer«, antwortete der Postenkommandant. »Jetzt wird er
eingegraben, der Wenghofer.« Er warf Georg Kaml einen Blick zu. »Der Fall is’
abgeschlossen.«
    »Genau«, sagte Kaml rau. »Jetzt is’ der Fall endlich abgeschlossen.«
Entgegen seiner Worte klang seine Stimme, als könne er nicht glauben, was er da
sagte. »Jetzt is’ klar, wer den Steiner umgebracht hat.«
    Der Polizist nickte. Viktor kniff den Mund zusammen.
    »Wer hat denn Steiner umgebracht?«, fragte ich irritiert.
    »Der Munz war der Mörder«, sagte Kaml mit fester Stimme. Er schien seine
Fassung wiedergefunden zu haben, denn er hob das Kinn und fixierte uns einen
nach dem anderen. »Den hat das Gewissen gedrückt.«
    »Soll das heißen«, fragte ich, »soll das heißen, Sie glauben, der alte
Munz hat unsern Herrn Wenghofer … aber ich denke, es war Selbstmord?«
    Viktor antwortete mir. »Der alte Wenghofer ist doch Gregor Munz, Emma.
Wenghofer ist nur sein Hofname. Die Munz stammen vom Wenghof und daher …«
Er zuckte die Schultern. »Ich dachte, du wüsstest das.«
    Der Hofname bleibt über Jahrhunderte gleich, nur
der Name des Besitzers wechselt . Das hatte
mir Roswitha im Heimatmuseum erklärt. Der Hofname ist
gebräuchlicher.
    Jetzt verstand ich auch, weshalb mich der Pfarrer auf dem Friedhof bei
meiner Frage nach Gregor Munz so seltsam angesehen hatte. Natürlich wusste
jeder Alpbacher Bescheid, nur ich, die Zugezogene, war völlig ahnungslos
gewesen. Wie leicht hätten meine Fragen hier im Jagawirt beantwortet werden
können. Aber ich hatte mich ja durch Archive und Museen arbeiten müssen.
    »Na gut«, sagte Grabner. »Der Fall kann also zu den Akten. Wenn der
Steiner eine Strafe verdient hat … Ich meine, haben sollte«, verbesserte
er sich schnell, »… dann hat er sie bekommen. Der Wenghofer hat sich
selbst gerichtet, und in diesem Haus kehrt endlich wieder Ruhe ein. Zeit
wird’s.« Er zog seine Dienstmütze unter dem Arm hervor und setzte sie auf. »Ich
telefonier dann mal mit Salzburg.«
    »Moment mal …« Hatte ich ihn richtig verstanden? »Soll das heißen,
die Polizei hält den alten Wenghofer für den Mörder von Vinzenz

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