Jagd auf eine Bestie 2. Teil: Thriller (German Edition)
sich jetzt aufhält.« Kerner machte eine kurze Pause. Dann war seine Stimme fast nur noch ein Flüstern. »Wenn es das allerletzte sein sollte, was ich auf dieser Welt tue. Ich werde diesen Mann zur Strecke bringen. Ich bringe ihm höchstpersönlich seine Rechnung, und er wird sie bezahlen.«
Der Richter nahm die leere CD-Hülle vom Tisch und hob sie hoch. »De Man steht hier. Der Name kommt mir bekannt vor. Advokato Ragusa hat Zahlungen im Auftrag des Contes vorgenommen, die im Zusammenhang mit diesem Namen stehen. Vielleicht kommen wir ja damit schon ein Stück weiter. Alles, was ich heraus bekomme, werde ich Sie sofort wissen lassen, Herr Hauptkommissar. In diesem Fall können Sie sich auf meine Hilfe in besonderem Maß verlassen. Auch Italien hat Kinder. Zwei davon sind meine Enkel.«
Während der Richter und Sir John nach unten gegangen waren, um die Befragung fortzuführen, saß Kerner noch im Arbeitszimmer des Contes. Er musste einen Augenblick alleine sein und Abstand gewinnen. Immer noch hing die Tasche um seine Schulter, die er aus dem Jagdhaus mitgenommen hatte. Er griff hinein, holte das Aufnahmegerät heraus und betrachtete es für einen Moment. Dann schaltete er es ein. Schüsse waren zu hören. Man vernahm ein undeutliches Stimmengewirr und das Anlaufen von Hubschrauberrotoren. Auf dem Bildschirm war kaum etwas zu erkennen. Nur der schwache Lichtschein, der aus dem Keller des alten Jagdhauses nach oben drang, war auszumachen. Zwei Schatten bewegten sich durch das Licht nach oben. Kerner hörte die Stimmen von Ferruccio und Donatello Vigiani. Plötzlich war er hellwach. Die beiden mussten sich jetzt an einem der Fenster aufhalten und nach draußen sehen. Die Kamera konnte sie dort nicht erfassen. Wohl aber waren ihre Stimmen deutlich zu hören.
Es war der alte Conte, der gerade sprach. »Diese Heuchler schicken uns ihre Killer auf den Hals. Nach allem, was wir für die Loge getan haben. Der Teufel soll sie holen.« Eine kurze Pause trat ein. Kerner hörte die Stimme Ferruccios. »Sie hauen ab. Ich weiß auch, warum. Siehst du das Blaulicht da unten, Vater? Es wimmelt vor Carabinieri auf dem Anwesen.« Die Stimme Donatellos wurde lauter. »Wir müssen sofort durch den Geheimgang im Keller verschwinden. Ich habe schon alle Unterlagen in eine Tasche gepackt. Also los, viel Zeit bleibt uns nicht. Es existiert noch ein Schließfach direkt hinter der Schweizer Grenze, von dem niemand etwas weiß. Den Schlüssel trage ich bei mir. Dort liegen fünf Millionen Franken in bar. Damit können wir uns vorerst nach Südamerika absetzen. Dann sehen wir weiter.« Kerner sah, wie sich einer der Schatten wieder zur Kellertreppe bewegte und sich dann plötzlich umdrehte. Ferruccios schneidende Stimme ertönte. »Das geht nicht, Vater. Wenn sie mitbekommen, dass wir nicht mehr hier unten sind, werden sie uns jagen. Wir kommen nicht weit. Du bist ein alter und kranker Mann. Du hast eine andere Aufgabe. Du musst für unseren Plan ein letztes, großes Opfer bringen. Ich muss alleine gehen, und zwar über die Via Mala.« Für einen Moment lang konnte Kerner nichts mehr hören. Dann vernahm er die gebrochene Stimme des alten Conte. »Ich weiß, mein Junge. Das ist die Sicht auf die Dinge, die ich Dich gelehrt habe. Du bist ein Mensch ohne jede Moral. Ich kenne einige solcher Männer und habe sie stets verehrt. Weil es ihnen so leicht fällt, jenseits von emotionalen Erwägungen, streng den Gesetzen der Logik folgend, ihre Entscheidungen treffen zu können. Mir ist es nie gelungen, die allerletzte Hürde zu nehmen. Auch jetzt Ferruccio, kann ich nur handeln und fühlen wie ein Vater für seinen Sohn. Ich dachte, auch für Dich sei hier der Punkt gekommen, über den Du nicht hinausgehen kannst - weil ich Dein Vater bin und weil ich Dich über alles liebe.« Ferruccio unterbrach den alten Conte jäh und eilte zu ihm hinüber. Alter Narr, ich habe keine Zeit für eine Moralpredigt oder um mit Dir über väterliche Gefühle zu philosophieren. Du hast recht. Ich bin genau der, den Du aus mir gemacht hast. Dafür bin ich übrigens sehr dankbar, denn nichts kann mehr meinen Blick für das Wesentliche trüben. Mein Geist ist frei von jedem unnützen Ballast und jeder verlogenen Moral. Jetzt gib mir den Schlüssel für das Schließfach, Vater.«
Kerner sah noch, wie der alte Conte den Kopf sinken ließ und Ferruccio den Schlüssel gab. Dann sprang er von seinem Stuhl auf. Die Carabinieri im Raum erschraken und sahen
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