Jagd auf eine Bestie 2. Teil: Thriller (German Edition)
Luft. Kerner fasste zu. Mit eisernem Griff umklammerte er das Handgelenk des Conte und drängte ihn Stück für Stück zurück an die Mauer der Brücke. Mit verzerrtem Gesicht sah der Conte ihn aus den schwarzen Augen heraus an. Immer weiter drückte Kerner seinen Oberkörper über die Mauer. Mit seiner freien Hand versuchte Ferruccio, sich hochzustemmen. Plötzlich ließ er das Schwert los. Für Sekundenbruchteile achtete Kerner nicht auf die andere Hand des Conte. Als er den Steinbrocken bemerkte, war es bereits zu spät. Dumpf schlug der Stein gegen seine Schläfe. Vor Kerners Augen tanzten Sterne. Er wankte zurück. Ferruccio Vigiani packte ihn und drehte ihn um. Dann gab er ihm einen Faustschlag ins Gesicht. Kerner konnte sein Gleichgewicht nicht mehr halten und stürzte über die Mauer. Instinktiv schlug er beide Arme nach vorne und konnte sich gerade noch an den Steinen festhalten. Über dem Abgrund hängend, versuchte er verzweifelt, sich an der Brücke hochzuziehen. Aus vor Schmerz zusammengekniffenen Augen sah er hoch. Das Gesicht des Conte erschien. Hoch über sich hielt er einen Steinblock in den Händen, um ihn auf Kerners Kopf zu schmettern. Plötzlich traf sie ein gleißender Lichtstrahl.
Wie eine Statue stand Ferruccio Vigiani über ihm. Kerner versuchte, den Kopf etwas zu drehen. Gut fünfzig Meter von ihnen entfernt an der scharfen Biegung des Weges stand Bice de Vigiani mit einem Gewehr in der Hand. Hinter ihr hielt Ramon die Lampe, die auf die Brücke leuchtete. Bice rief etwas herüber. Es war nichts zu hören. Das Tosen der Wasser verschluckte jedes ihrer Worte. Kerner sah wieder hoch zu Ferruccio. Ein höhnisches Lachen war in seinem Gesicht zu sehen. Der Körper des Conte spannte sich erneut, und er hob den Stein höher. Kerner schloss die Augen. Wie aus weiter Ferne drang ein Schuss an sein Ohr. Als er langsam die Augen öffnete, war der Conte nicht mehr zu sehen. Doch dann plötzlich erschienen seine starren Augen über der Brückenmauer. In seiner Brust klaffte ein blutiges Loch. Er torkelte. Dann kippte er langsam nach vorne und stürzte neben Kerner hinunter in die Schlucht. Kerners Finger rutschten langsam Zentimeter um Zentimeter von der Mauer ab. Seine Kräfte schwanden, in seinem Kopf war ein dunkles Hämmern. Nur noch im Unterbewusstsein spürte er, wie zwei kräftige Hände einen seiner Arme packten. Dann verlor er das Bewusstsein.
69
Fast eine ganze Woche schon lag Kerner in dem Krankenhaus in Mailand. Der Conte hatte ihn schwer erwischt. Wäre Ramon nicht gewesen und hätte ihn in letzter Sekunde halten können, so wäre er wohl zusammen mit Ferruccio Vigiani in die tosenden Wassermassen unter der Via Mala gestürzt.
Er tastete nach seinem Kopf. Dort fühlte er den dicken Verband und machte langsam die Augen auf. Das Licht blendete ihn. Warmer Sonnenschein fiel durch die Fenster auf sein Bett. Überall im Zimmer verteilt standen Blumen, Fresskörbe und sonstige Aufmerksamkeiten. Vor sich sah er ein breites Grinsen. Siegfried von Löwenberg, der riesige Grabritter, saß an seinem Bett und schlug ihm auf seine Beine. »Na, das wurde aber auch Zeit, mein Freund. Ich dachte schon, ich müsste mir ernsthafte Sorgen um dich machen.« Kerner versuchte zu lachen. Es blieb bei dem Versuch. Sein Kopf dröhnte immer noch ordentlich. Siegfried stand auf und fuhr das Kopfteil des Bettes vorsichtig ein Stück höher. »Nur langsam, Marcus. Du hast eine schwere Gehirnerschütterung und eine mächtige Platzwunde an deinem Holzkopf. Nichts, was einen Kerl wie Dich umbringt, aber ein paar Tage Ruhe wirst Du Dir noch gönnen müssen. «
Siegfried erzählte von den Ereignissen der letzten Tage. Ferruccio und Donatello Vigiani waren tot, und Himmlers Vermächtnis hatte Ferruccio mit in sein Grab genommen. Von dort, tief unter der Via Mala, gab es keine Wiederkehr. Niemand konnte in diese Schlucht hinunter, und Kopien von Himmlers Plänen waren nicht gefunden worden. Die geheime Loge hätte wohl sonst auch keinen so massiven Überfall auf die Vigianis verübt. Sie hatten versucht, so die Pläne in ihren Besitz zu bringen.
Ragusa hatte alles, was er wusste, ausgeplaudert. Nachdem Sam sich als genialer Hacker betätigt und alle Konten der Vigianis lahmgelegt hatte, waren die Gelder darauf mittlerweile offiziell von der Staatsanwaltschaft beschlagnahmt worden. Weiterhin hatten die belgischen Kollegen durch die Hinweise von Richter Catani einen Teil des Kinderhändlerringes um Madame de
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