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Jagd auf Jesse James

Jagd auf Jesse James

Titel: Jagd auf Jesse James Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Slade
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Tote wahrscheinlich eine Tänzerin gewesen war – wie Jona.
    Flannery wühlte beflissen zwischen den Fotografien herum, während er unentwegt vor sich hin brabbelte. »Moment, gleich hab’ ich’s. Ich könnte schwören, ich hab’s auf dem Tisch liegen gelassen, gleich neben den Negativen. Eigentlich müsste es hier liegen. – Nein, Kommando zurück! Hab’s doch nicht hier liegen gelassen. – Bestimmt hab’ ich’s in die Schublade gelegt, um es nicht dauernd ansehen zu müssen.« Er stöhnte schwer. »Der Anblick ist wirklich nicht sehr erbauend. Der Tod ist hässlich, Mr. Lassiter. Das können Sie glauben.«
    Lassiter rang mit seiner Unruhe. Gleich würde er womöglich in das halb verweste Gesicht von Don Miles’ Tochter schauen. Prompt erschien vor seinem inneren Auge die Fotografie, die auf dem Schreibtisch seines Kontaktmannes stand. Die Gesichtszüge von Jona hatten sich wie eine Narbe in sein Gedächtnis gekerbt.
    Flannery zog eine Schublade nach der anderen auf. Er wurde immer nervöser. Schließlich verharrte er für einige Sekunden und starrte blicklos ins Leere.
    Plötzlich schlug er sich vor die Stirn. »Mein Gott, bin ich ein Trottel!«
    Sprach’s und huschte an Lassiter vorbei in den Nebenraum, aus dem es penetrant nach Essig und Ammonium roch. Im nächsten Moment war er wieder zurück. Stolz wedelte er mit einer handtellergroßen Fotografie.
    »In einem geordneten Haushalt findet sich alles wieder«, verkündete er.
    Lassiter sah das Bild an und spürte, dass ihm ein kalter Schauder über den Rücken kroch. Vom Gesicht der Toten war kaum noch etwas zu erkennen. Der Mund war ein großes O, die Nase ohne Fleisch und die Augäpfel nach oben verrenkt, sodass man nur das Weiße sehen konnte. In den Wangen klafften große Löcher, durch die der Kiefer mit den übergroß wirkenden Zähnen sichtbar wurde.
    »Das Mädchen, das Sie suchen?«, fragte Flannery.
    »Tja, wenn ich das wüsste …«
    »Hm, warten Sie mal! Ich müsste noch eine zweite Aufnahme von dem armen Ding haben.« Der Fotograf flitzte wieder nach nebenan. Als er zurückkam, hatte er tatsächlich eine zweite Aufnahme dabei. »Sehen Sie diese Tätowierung am Handgelenk? Könnte ein Name sein oder so was Ähnliches.«
    Lassiter nahm das Vergrößerungsglas, das Flannery ihm reichte. Akribisch begutachtete er die unnatürlich gespreizte Leichenhand. Die Tätowierung bestand aus vier Buchstaben, die mit einigem guten Willen als BASH zu entziffern waren.
    »Bash«, murmelte er tiefsinnig.
    Und im nächsten Augenblick ging ihm ein Licht auf. Er verglich die beiden Aufnahmen miteinander. Jetzt sah er das Gesicht der Ermordeten mit anderen Augen.
    All devils!
    Bei der Toten handelte es sich nicht im Jona Miles, sondern um ein Mädchen, das er einmal in Tombstone kennengelernt hatte. Ein Tanzmädchen aus dem Alhambra, das das männliche Publikum mit seiner katzenhaften Geschmeidigkeit zu Beifallstürmen hingerissen hatte.
    Er wusste sogar noch ihren Namen – Laura Lovitt.
    Seine Gedanken eilten um Monate zurück. Auch er war von Lauras Show in Tombstone sehr angetan gewesen. Zwischen zwei Auftritten hatte er das Girl zu einem Drink an die Bar eingeladen. Kaum hatte sie das Glas an den Lippen, kam es zu einem unschönen Zwischenfall. Ein finster dreinblickender Kerl hatte sich durch die Menge gedrängelt und sie trotz heftigen Protests aus dem Saal gezerrt. Der Barkeeper hatte gesagt, es sei Lauras Liebhaber gewesen, ein krankhaft eifersüchtiger Glücksspieler namens Joe Bashan. Das Sündenregister dieses Mannes war fast so lang wie der Chisholm Trail. Die Frau, mit der er vor Laura zusammen war, war eines Tages spurlos verschwunden. Bashan, oder Bash, wie er oft genannt wurde, hatte allen erzählt, sie hätte ein Engagement in Buffalo Bill’s Wildwestshow ergattert und ihn bei Nacht und Nebel verlassen. Allerdings war ihr Name nie im Programm von Buffalo Bills Show aufgetaucht. Niemand hatte je wieder etwas von dieser Frau gehört.
    Lassiter war hin- und hergerissen. Einerseits war er heilfroh, dass er Don Miles nicht die schreckliche Nachricht vom Tode seiner Tochter überbringen musste. Andererseits ging ihm das Schicksal des Tanzmädchens ziemlich nahe. Sie lag als namenlose Tote unter einem Erdhügel weit ab von ihrer Heimat. Bestimmt hatte Laura Angehörige, die keine Ahnung hatten, was mit ihr geschehen war. Wie konnte sich dieses leichtsinnige Ding bloß mit einem Dreckskerl wie Bashan einlassen? Glaubte sie allen Ernstes, mit diesem

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