Jagd auf Roter Oktober
mir nur wenige Schlussfolgerungen, mit denen ich mich lieber nicht befasse. Leiten Sie diese Botschaft an Ihre Regierung weiter und richten Sie aus, dass wir ohnehin bald erfahren werden, was sich wirklich zugetragen hat, da sich einige Ihrer Männer zum Hierbleiben entschieden haben. Guten Tag.«
Arbatow verließ das Oval Office und wandte sich nach links zum Westausgang. Sein Chauffeur wartete bei seinem Cadillac und hielt ihm den Schlag auf.
»Nun?«, fragte er und wartete ab, bis er sich in den Verkehr auf der Pennsylvania Avenue einfädeln konnte.
»Nun, die Audienz verlief erwartungsgemäß. Jetzt wissen wir mit Sicherheit, weshalb sie versuchen, unsere Männer zu kidnappen«, erwiderte Arbatow.
»Und warum, Genosse Botschafter?«, hakte der Fahrer, Chef der Abteilung politischer Nachrichtendienst in der Botschaft, nach.
»Der Präsident hat uns praktisch beschuldigt, das Boot unter Verletzung des Geheimabkommens von 1979 mit Absicht vor ihre Küste geschickt zu haben. Man hält unsere Männer fest, um sie zu verhören und herauszufinden, wie der Einsatzbefehl des U-Bootes lautete. Wie lange wird der CIA dazu brauchen? Einen Tag? Zwei?« Arbatow schüttelte erbost den Kopf. »Vermutlich kennt man ihn schon längst. Der Präsident lädt Moskau außerdem ein, sich vorzustellen, was ihm die Hitzköpfe im Pentagon raten. Oder befehlen. Leicht zu erraten, nicht wahr? Sie werden sagen, wir hätten einen nuklearen Überraschungsangriff geprobt – oder gar führen wollen! Als ob wir uns nicht angestrengter um friedliche Koexistenz bemühten als sie!«
»Kann man ihnen einen Vorwurf machen, Genosse?«, fragte der Fahrer, der im Kopf schon seinen Bericht an die Moskauer KGB-Zentrale formulierte.
»Außerdem sagte er, unsere Flotte hätte vor ihrer Küste nichts mehr verloren.«
»Wie drückte er sich aus? War das eine Forderung?«
»Seine Ausdrucksweise war mild, milder, als ich erwartet hatte. Das macht mir Kummer. Ich glaube, die Amerikaner planen etwas. Wer mit dem Säbel rasselt, macht Lärm; wer ihn zieht, nicht. Er verlangt eine Erklärung für die ganze Affäre. Was soll ich ihm sagen? Was hat sich eigentlich zugetragen?«
»Das erfahren wir wahrscheinlich nie.« Der hohe Geheimdienstoffizier kannte die Geschichte wohl – die ursprüngliche, unglaubliche Version, derzufolge Marine und GRU sich einen so unvorstellbaren Schnitzer geleistet hatten. Die Story von Agent Cassius, die der Fahrer persönlich nach Moskau weitergeleitet hatte, war kaum weniger wahnwitzig. Fest stand eines: Sollte der CIA das Oberkommando der Nordflotte infiltriert haben, würde er das herausfinden, dessen war er sicher. Fast war ihm an dieser Möglichkeit gelegen, denn dann wäre die GRU für das Desaster verantwortlich und stünde in Misskredit, nachdem sie vor Jahren vom Prestigeverlust des KGB profitiert hatte. Wenn er die Situation korrekt einschätzte, ließ das Politbüro zur Zeit das KGB auf GRU und Militär los. Auf jeden Fall aber würde seine Organisation herausbekommen, was sich zugetragen hatte, und wenn sie ihren Rivalen dabei Schaden zufügte, war das umso besser.
Nachdem sich die Tür hinter dem sowjetischen Botschafter geschlossen hatte, machte Dr. Pelt eine Seitentür des Oval Office auf. Richter Moore kam herein.
»Mr. President, im Schrank habe ich mich schon lange nicht mehr verstecken müssen.«
»Glauben Sie wirklich, dass das hinhaut?«, fragte Pelt.
»Inzwischen ja.« Moore machte es sich auf einem Ledersessel bequem.
»Richter, ist diese Operation nicht ein bisschen zu komplex?«, fragte Pelt.
»Das ist doch gerade das Schönste an der Sache, Dr. Pelt: Mit der Operation haben wir überhaupt nichts zu tun. Die Arbeit erledigen die Russen für uns. Sicher, wir lassen unsere Leute in Osteuropa herumschnüffeln und eine Menge Fragen stellen. Sir Basil wird unserem Beispiel folgen. Die Israelis und Franzosen sind schon dabei, weil wir uns bei ihnen nach dem verschollenen U-Boot erkundigt haben. Das KGB wird bald genug dahinter kommen und sich fragen, weshalb die vier wichtigsten westlichen Geheimdienste alle dieselben Fragen stellen, anstatt sich in ihre Schneckenhäuser zurückzuziehen, wie zu erwarten stünde, wenn es unsere Operation gewesen wäre.
Man muss sich das Dilemma vorstellen, in dem die Sowjets nun stecken, denn sie haben die Wahl zwischen zwei gleichermaßen unattraktiven Szenarien. Einerseits können sie von der Annahme ausgehen, dass einer ihrer vertrauenswürdigsten Offiziere
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