Jagd auf Roter Oktober
über das U-Boot Bescheid wissen? Hundert vielleicht, und es werden noch ein paar mehr werden – aber vergessen Sie nicht, diese Leute nehmen an, dass vor unserer Küste zwei gesunkene sowjetische U-Boote liegen. Taucht Gerät aus russischen Booten in unseren Laboratorien auf, wird man glauben, dass es vom Meeresgrund geborgen wurde. Selbstverständlich aktivieren wir zu diesem Zweck die Glomar Explorer. Die Gegenseite würde misstrauisch, wenn wir das nicht täten. Enttäuschen wir sie also nicht. Früher oder später kommen sie vielleicht doch noch dahinter, aber bis dahin liegt der ausgeschlachtete Rumpf längst auf dem Grund.«
»Es lässt sich also nicht auf ewig geheim halten?«, fragte Pelt.
»Ewig, das ist eine lange Zeit. Wir müssen auf die Eventualität vorbereitet sein. Kurzfristig ist das Geheimnis sicher, da nur hundert Leute eingeweiht sind. In mindestens einem Jahr, wahrscheinlich erst in zwei oder drei, mögen die Russen genug Daten angehäuft haben und vermuten, was sich wirklich zugetragen hat, aber bis dahin sind fast alle Beweisstücke verschwunden. Und wäre dem KGB überhaupt daran gelegen, eine solche Entdeckung zu melden?« Moore nahm eine Zigarre aus seinem Lederetui. »Wie ich schon sagte, Ramius hat uns phantastische Möglichkeiten eröffnet, auf mehreren Ebenen. Und dabei brauchen wir noch nicht einmal viel zu tun. Die Russen leisten die Beinarbeit und suchen nach etwas, das nicht existiert.«
»Und was wird aus den Überläufern, Richter?«, fragte der Präsident.
»Um die kümmern wir uns, Mr. President. Über die Gastfreundschaft des CIA hat sich noch kaum jemand beschwert. Es wird ein paar Monate dauern, bis wir alles aus ihnen herausgeholt und sie gleichzeitig auf das Leben in Amerika vorbereitet haben. Sie bekommen neue Namen, werden umerzogen, wenn nötig zum kosmetischen Chirurgen geschickt und brauchen dann für den Rest ihres Lebens keinen Schlag mehr zu tun – es sei denn, sie wollen arbeiten. Fast alle Überläufer entscheiden sich so. Ich nehme an, dass die Navy für sie als bezahlte Berater in der Abteilung U-Boot-Kriegführung Verwendung findet.«
»Ich würde sie gerne persönlich kennen lernen«, sagte der Präsident impulsiv.
»Das ließe sich arrangieren, Sir, aber diskret«, dämpfte Moore.
»Camp David sollte sicher genug sein. Und, Richter, ich wünsche, dass man sich um Ryan kümmert.«
»Selbstverständlich, Sir. Der Mann hat bei uns gute Aussichten.«
Tjuratam, Sowjetunion
Roter Oktober hatte lange vor Sonnenaufgang Tauchbefehl bekommen, weil achthundert Kilometer über der Erde Albatros 8 in einer Umlaufbahn war. Der massive Satellit, der die Größe eines Überlandbusses hatte und vor elf Monaten vom Kosmodrom Tjuratam aus gestartet worden war, diente ausschließlich zur Überwachung der Meere.
Albatros 8 zog um 11:31 Uhr Ortszeit überm Pamlico-Sund vorbei. Ein Bordcomputer war programmiert, entlang des gesamten sichtbaren Horizonts Wärmequellen auszumachen, zu analysieren und sich auf jede Signatur zu konzentrieren, die seinen Ortungsparametern entsprach. Als er weiter seinem Orbit folgte und Einheiten der US-Flotte überflog, wurden die Störsender der New Jersey nach oben gerichtet, um seine Signale durcheinander zu bringen. Die Bandgeräte in dem Satelliten zeichneten das auf, denn die Störversuche konnten den sowjetischen Operatoren einiges über die elektronische Kriegführung der Amerikaner verraten. Als Albatros 8 über den Nordpol zog, fing seine Parabolantenne die Trägerfrequenz eines anderen »Vogels« auf, des Nachrichtensatelliten Iskra.
Nachdem der Aufklärungssatellit seinen in einer höheren Umlaufbahn befindlichen Vetter ausgemacht hatte, übertrug eine Laser-Verbindung den Inhalt der Bänder. Iskra funkte die Daten sofort an die Bodenstation in Tjuratam. Das Signal wurde auch von einer fünfzehn Meter messenden Parabolantenne in Westchina empfangen, die die Nationale Sicherheitsbehörde der USA gemeinsam mit den Chinesen betrieb. Die Amerikaner übertrugen die Daten über ihren eigenen Nachrichtensatelliten zur NSA-Zentrale in Fort Meade, Maryland. Fast zur gleichen Zeit wurde so das digitale Signal von zwei Expertenteams begutachtet – fünftausend Meilen voneinander entfernt.
»Klares Wetter!«, rief ein Techniker. »Ausgerechnet jetzt kriegen wir klares Wetter!«
»Nutzen Sie es aus, Genosse.« Sein Kollege an der nächsten Konsole betrachtete sich Daten von einem geosynchronen Wettersatelliten, der die westliche
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