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Jagd in der Tiefsee (Cryptos)

Jagd in der Tiefsee (Cryptos)

Titel: Jagd in der Tiefsee (Cryptos) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Smith
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ohne dass man sie zwischendurch aufladen muss. Drinnen reicht der Saft für eine oder zwei Stunden. Wenn die Batterien sich dem Ende zuneigen, muss man das Ding in der Nähe einer Glühbirne landen, um sie wieder aufzuladen.« Er deutete auf eine kleine Digitalanzeige auf dem Gizmo-Display. 4:37 h stand dort. »Als wir aus dem Kongo zurückkamen, hat Ted alle Gizmos einkassiert und auf Solarbetrieb umgerüstet. Mitten im Dschungel hatten Wolfes Gizmo-Batterien nämlich irgendwann schlappgemacht, so dass wir plötzlich keinen Kontakt mehr zu ihm hatten. Und so was soll natürlich nie wieder passieren. Guck, mein Gizmo hat jetzt noch Saft für ungefähr viereinhalb Stunden.«
    Marty steuerte die Libelle in Richtung Lost Lake und drückte dann auf den Zoom-Knopf. Ein Quad kam in Sicht, das am Seeufer entlangcruiste. Am Steuer hockte ein Schimpanse und auf dem Schoß des Schimpansen hockte ein Hündchen.
    »Aha, da haben wir ja die Quadknackerin und ihre Komplizin. Bo will mal wieder Delfine ärgern, das Problem ist nur, dass die zurzeit gar nicht in dem See sind. Wolfe hat sie schon vor zwei Tagen auf die ›Coelacanth‹ verfrachtet. Los, lass uns schnell runter zum Ufer, bevor Bo merkt, dass ihre Erzfeinde gar nicht auftauchen.«
    Marty drückte auf eine Taste mit der Aufschrift »HOME«. Umgehend kam die Libelle angebrummt, steuerte auf den Gizmo zu und verstaute sich platzsparend in dem kleinen Ladefach. Marty schob es vorsichtig zu, dann sprangen er und Luther auf das Quad und bretterten los zum Lost Lake, dass der Staub nur so aufflog.

Moleskine Nr. 53
    Die Kabinen waren klein, aber schöner, als Grace erwartet hätte. Sie waren mit einem Schreibtisch, Bücherborden, einem Kleiderschrank und einer Schlafkoje ausgestattet, und zu jeder Kabine gehörte ein winziges eigenes Bad. Congo, der afrikanische Graupapagei, der auf einer Stange in der Ecke hockte, war offenbar hocherfreut Grace zu sehen. Mit einem Satz hüpfte er auf ihre Schulter (fliegen konnte er mit seinem verletzten Flügel noch nicht) und gemeinsam erkundeten sie die neue Unterkunft.
    Die Strahlen der untergehenden Sonne, die durch die Bullaugen auf die helle Holztäfelung fielen, tauchten die Kabine in ein warmes, goldenes Licht. In dieser friedlichen Atmosphäre fiel es nicht ganz leicht, sich die unheilvolle Vergangenheit des Schiffes vorzustellen.
    Das Einzige, was Grace vermisste, war ihr Frankenstein-Affe. Sie hatte ihn bereits die ganzen letzten Tage verzweifelt gesucht und ihn auch beim Kofferpacken nicht gefunden. Eigentlich war sie längst aus dem Kuscheltieralter heraus, das wusste sie selbst, aber der Affe gehörte nun einmal zu ihr, seit sie denken konnte. Marty hatte ihn nach Frankensteins Monster benannt, weil das Plüschfell so oft gestopft und geflickt worden war, dass der arme Kerl ganz vernarbt aussah. Die Schnauze, die Ohren und der linke Arm waren schon vor Ewigkeiten abgefallen, aber zumindest den Arm hatten sie im Kongo wiedergefunden und Wolfe hatte ihn sorgfältig angenäht.
    Grace hatte Marty mehrfach gefragt, ob er den Affen gesehen habe, aber der hatte nur gesagt, dass er wahrscheinlich längst irgendwo verstaut sei, wo sie noch nicht nachgeschaut habe. Wirklich ’n ganz Heller, ihr Bruder-Cousin, echt. Manchmal war er so blöd, dass man kaum glauben mochte, dass sie beide miteinander verwandt waren. Grace konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, ohne ihren Affen in See zu stechen, aber es sah ganz so aus, als bliebe ihr nichts anderes übrig.
    Nachdem sie sich in der Kabine umgeschaut hatte, packte sie Martys und Luthers Sachen aus, in der Hoffnung, den Affen in einer von Martys vollgestopften Taschen zu finden, doch auch dort steckte er nicht. Enttäuscht nahm sie sich ihr eigenes Gepäck vor, wobei sie sich den schweren Koffer mit den Tagebüchern bis zuletzt aufsparte. Schließlich schleppte sie auch ihn in ihre Kabine und sortierte die schwarz eingebundenen Moleskine-Hefte chronologisch in das Bücherbord über dem Schreibtisch. Lauter kleine Scheibchen ihres Lebens. Das drittletzte Heft, Nr. 50, sah anders aus als die anderen. Es war ramponiert und aufgequollen – eine Folge des feucht-schwülen Klimas am kongolesischen Lac Télé –, aber es war das wichtigste von allen: Es umfasste die Episode ihres Lebens, in der Grace erfahren hatte, wer sie wirklich war. Und wer ihr richtiger Vater und ihr Großvater waren. Sie warf einen Blick auf die noch immer ungeöffnete Truhe mit der verblichenen Rosenzeichnung

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