Jagd in der Tiefsee (Cryptos)
natürlich ganz gut zu dem hitzigen, erregten Charakter von Theo Sonborn. Und auf Cryptos verbringe ich ja den Großteil der Zeit in meiner Tüftelbude. Hier an Bord ist es schon lästiger: Da wechsle ich ja zigmal am Tag das Outfit.«
»Wie verlässt du denn deine Tüftelbude, ohne gesehen zu werden? Der Eingang wird doch die ganze Zeit bewacht.«
Ted lachte. »Ich hab dich natürlich beobachtet, wie du den Hangar immer wieder umkreist hast, um einen Weg nach drinnen zu finden. In dem Punkt hast du mich übrigens wirklich enttäuscht. Es gibt einen unterirdischen Geheimgang von meinem Privatlabor nach draußen. Wenn ich im Labor bin, dann gibt es strikte Anweisungen, mich unter keinen Umständen zu stören. Ich stehe in dem Ruf, wochenlang mein Labor nicht zu verlassen. Das heißt, dass niemand wirklich sicher sein kann, ob ich mich gerade darin aufhalte oder nicht. Und manchmal tue ich das eben nicht.«
»Wo befindet sich denn der Tunnel?«, wollte Marty wissen.
»Netter Versuch.« Ted lächelte. »Ein paarmal warst du ganz schön dicht dran. Du wirst ihn schon noch finden.«
Marty schwor sich intensiv danach zu suchen, sobald sie zurück auf Cryptos wären. »Warum wolltest du wissen, ob ich Platzangst habe?«
»Ich habe dich ja nicht aus reinem Vergnügen so lange beobachtet. Ich habe das mit einem ganz bestimmten Hintergedanken getan.«
Ted ging hinüber zu einer kleinen Tastatur an der Wand und gab einen Code ein. Fast augenblicklich glitt eine verborgene Tür an der gegenüberliegenden Wand des Raumes zur Seite und gab den Blick frei auf eine Art Kontrollraum. Als Ted auf eine weitere Taste drückte, stiegen auf einmal sprudelnde Luftblasen in dem Pool auf. Die Delfine begannen aufgeregt zu schnattern. Einen Augenblick später erhob sich etwas Großes, Leuchtendes vom Boden des Beckens.
»Was ist denn das?«, rief Marty.
»Das ist MAR.«
In diesem Moment durchstieß das Ding die Wasseroberfläche in der Poolmitte. Es leuchtete immer noch. Ein paar Sekunden lang starrte Marty sprachlos auf einen riesigen goldenen Ball. Er hatte die Größe eines Kleinwagens und in seinem Inneren summte es.
»Ich hole es mal herüber, damit du es dir näher anschauen kannst.« Ted zog seinen Gizmo aus der Tasche und steuerte den Ball zum Beckenrand.
»Wo kommt der denn her?«, fragte Marty. Das Wasser im Pool war kristallklar. Er konnte sich nicht vorstellen, wo sich ein Ball dieser Größe in dem Becken verstecken konnte.
»Aus einer verborgenen Luke an der Beckenseite«, erklärte Ted.
»Und wozu ist das Ding gut?«
»Das ist ein Meeres-Aufklärungs-Roboter.«
»Abgekürzt MAR«, stellte Marty fest.
»Richtig.«
Auf der Außenhaut des Balles prangten drei Ziffern: 007. »Wie James Bond?«, fragte Marty.
Ted schüttelte den Kopf. »Das ist reiner Zufall. Ein ziemlich lustiger übrigens.«
»Und was kann das Kügelchen nun genau?«
»Es ist ein Mini-Atom-U-Boot«, erklärte Ted.
Marty fand, dass es nicht die geringste Ähnlichkeit mit einem U-Boot hatte. »Unbemannt?«
»Nein, da passen drei Leute rein.«
Aber nur verdammt zwergenwüchsige Leute, dachte Marty. »Wer hat dir die Erlaubnis erteilt, ein Atom-U-Boot zu konstruieren? Ich dachte, Atomkraft sei streng reguliert.«
»Ist sie auch, aber Wolfe und ich haben Freunde an höchster Stelle. Es ist das schnellste U-Boot der Welt und es taucht tiefer als alle herkömmlichen Modelle.« Ted zögerte. »Hoffe ich zumindest.«
»Was soll das heißen: Du hoffst es?«
»Bislang haben wir es nur an der Küste vor Cryptos getestet. Den ersten richtigen Test machen wir morgen im Kaikoura Canyon.«
»Und was, wenn es nicht funktioniert?«
»Dann wird es in der Tiefe vom Druck zermalmt – wie eine Coladose, auf die ein Elefant latscht.«
Marty ließ seine Hand über die goldene Oberfläche gleiten und spürte ein leichtes Kribbeln, so als sei die Kugel elektrostatisch aufgeladen. »Das Ding ist ja weich … und elastisch.«
»MAR ist mein ganzer Stolz. Ich hab jahrelang daran herumgebastelt. Es besteht aus einem ganz speziellen Kunststoffgemisch. Aus demselben Material übrigens, aus dem auch die Libellen gemacht sind. Aber die sind billiger Plunder im Vergleich zu MAR. Das Ding ist so wertvoll, dass als Kopilot für mich eigentlich nur ein einziger Mensch in Frage gekommen wäre: Travis Wolfe.«
»Wieso ›wäre‹?«, fragte Marty.
»Weil Travis zu groß ist für den Sitz. Und außerdem hat er nur ein Bein. Er hätte Schwierigkeiten, die Pedale zu
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