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Jagdhunde (German Edition)

Jagdhunde (German Edition)

Titel: Jagdhunde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jørn Lier Horst
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und hatte ihre Familie in Malmö besucht. Sie hatten ihren Wagen genommen und waren eine ganze Woche unterwegs gewesen. Eine Kopie des Fährtickets von der Strømstadlinjen lag dem Vernehmungsprotokoll bei. Die Freundin hieß Maud Torell. Sie bestätigte die Angaben bei einem Telefonat mit einem der Ermittler.
    Wisting erinnerte sich, dass die Fahndung nach dem Auto aufgegeben wurde, nachdem der Zeuge, der die Beobachtung gemacht hatte, erneut vernommen worden war. Der Autoverkäufer war nicht mehr sicher, ob es sich bei der Buchstabenkombination tatsächlich um ND gehandelt hatte, und konnte auch nicht ausschließen, dass der Wagen bei der lokalen Zulassungsstelle angemeldet war, die unter anderem die Buchstabenkombination LS vergab. Ebenso wenig wusste er noch genau, ob er den Saab wirklich am Tag von Ellens Verschwinden beobachtet hatte. Er hatte zu jener Zeit Urlaub gehabt und konnte die einzelnen Tage im Nachhinein nicht mehr voneinander unterscheiden.
    Wisting las sich Jonas Ravnebergs Aussage noch einmal durch und bemerkte, dass Maud Torell unter derselben Adresse gemeldet war: Minnehallveien 28 in Stavern. Sie war demnach mehr als nur eine Freundin gewesen. Die beiden hatten zusammengewohnt.
    Ravnebergs Aussage war einfach und nachprüfbar, aber dennoch blieben mehrere Fragen offen, die erst gar nicht gestellt worden waren. Gab es zum Beispiel irgendjemand anderen, der seinen Wagen manchmal benutzte? Wie viele Autoschlüssel hatte er und wo befanden sich diese? Die telefonische Rücksprache mit Ravnebergs Mitbewohnerin war ebenfalls kurz gefasst und erweckte den Eindruck, durchgeführt worden zu sein, um Jonas Ravneberg als Verdächtigen ausschließen zu können. Nahe Familienmitglieder waren niemals besonders gute Alibizeugen, und da die Vernehmung nicht einmal während einer persönlichen Begegnung mit einem der Fahnder stattgefunden hatte, war das Ganze nicht viel wert.
    Die Beziehung der beiden musste im Jahr danach beendet worden sein, zumindest war Jonas Ravneberg gemäß Lines Nachforschungen zu jener Zeit nach Fredrikstad umgezogen. Im Zusammenhang mit seiner Ermordung war er als Mann beschrieben worden, der allein lebte.
    Wisting legte die Unterlagen zurück in den Karton. Es gab eine Verbindung zwischen Jonas Ravneberg und Rudolf Haglund. Diese hatte auch vor Jahren schon bestanden, ohne dass es der Polizei aufgefallen war.
    Er lehnte sich zurück und hatte plötzlich das Gefühl, vor einem unvollendeten Kunstwerk zu stehen. Eine Landschaftsmalerei, die schon gerahmt war. Das Motiv war bereits mit einem groben Pinsel skizziert, der Hintergrund war vorhanden, nur die Details fehlten noch. Vorläufig allerdings war der Entwurf so unscharf, dass er sich nicht vorstellen konnte, wie das ganze Bild einmal aussehen würde, wenn es fertig war.
    53
    Suzanne war noch wach, als Wisting sich ins Schlafzimmer schlich. Zwar hatte sie das Licht ausgeschaltet, doch an der Art, wie sie sich herumwälzte, merkte er, dass sie noch nicht schlief.
    »Hallo«, flüsterte er.
    Er erhielt ein »Mhm« zur Antwort.
    Wisting kroch unter die Decke, blieb auf dem Rücken liegen und starrte in die Dunkelheit.
    »Findest du, dass es das wert ist?«, fragte Suzanne. Ihre Stimme klang gedehnt.
    »Was denn?«
    »Deine Arbeit bei der Polizei«, erwiderte sie. »Egal wie viel du auch machst, niemand dankt dir für die harte Arbeit. Du riskierst dein Leben und deine Gesundheit. Wühlst im Elend anderer Menschen. Hunderte von Überstunden, die dir niemand bezahlt. Telefonate zu jeder Tages- und Nachtzeit. Die ganze Zeit Forderungen und Erwartungen, und jetzt hat dich dein eigener Chef angezeigt. Findest du, dass es das wert ist?«
    Wisting antwortete nicht. Er hatte keine Antwort.
    Seine Arbeit beinhaltete viele Formen der Belastung. Aber er hatte sie auch nicht ausgewählt, um ruhige Tage verbringen zu können, und stattdessen gelernt, Widerstand und Arbeitsdruck zu bewältigen.
    Die Matratze knirschte, als Suzanne sich umdrehte.
    Wisting schloss die Augen, doch in dem dunklen Zimmer machte das keinen Unterschied. In seinem Kopf hatte er das Bild des vermissten Mädchens. Linnea Kaupang.
    »So ist eben meine Arbeit«, sagte er leise und dachte, dass es die Mühe absolut wert wäre, wenn er nur Gelegenheit bekäme, an dem neuen Vermisstenfall mitzuarbeiten. Eine Lösung zu finden, die die Hoffnung nährte, dass das Mädchen irgendwo da draußen noch immer am Leben war, wog alles andere auf.
    Er räusperte sich.
    »Du hast eine gelbe

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