Jagdrevier: Thriller
hatte. Er wollte ihr die Hoffnung nicht nehmen. Die Frau hatte sie bitter nötig.
»In Ordnung. Wir halten Sie auf dem Laufenden. Rufen Sie uns an, wenn Tanner aufwacht. Im Augenblick brauche ich alle meine Leute.«
Olivia hielt Ollie am Arm fest und sah ihm direkt in die Augen. »Ollie, bitte finden Sie sie ... Sie ist mein Leben.« Tränen liefen ihr über die Wangen.
»Ja, Ma’am. Wir bringen sie zurück.« Dies war seine Chance, wirklich jemandem zu helfen, seine Chance, etwas zum Besseren zu wenden. Deshalb hatte er sich damals für den Polizeidienst entschieden. Entschlossen marschierte er durch die automatische Tür und verlangsamte seinen Schritt auch dann nicht, als sich die Fernsehkameras auf ihn richteten.
»Im Augenblick kein Kommentar«, antwortete er, als er gefragt wurde, was los sei.
»Sheriff, können Sie bestätigen, dass ein weiblicher Teenager vermisst wird und dass ein krimineller Hintergrund befürchtet wird?«, fragte eine blonde Reporterin.
»Kein Kommentar«, sagte Ollie, stieg in den Expedition und ließ den Motor an.
»Einheit eins an Basis«, sagte er auf dem Weg aus der Einfahrt ins Funkmikrofon.
»Kommen, Sheriff.«
»Ich fahre jetzt zur Dienststelle und organisiere von dort aus alles Weitere. Die Fernsehleute bleiben draußen. Verstanden?«
»Ja, Sir. Sheriff Marlow ist gerade angekommen. Er sitzt in Ihrem Büro. Ich glaube, er spricht mit dem Gouverneur.«
»Hoffentlich. Zach Beasley fährt hinter mir her. Halten Sie die Medienleute von dem armen Mann fern, wenn sie auftauchen.«
Ollie schaltete das Blaulicht ein und gab Gas.
Siebenundfünfzig
»Sie können unbesorgt sein, Mr Tillman. Ich bin für Fahrten mit hohem Tempo ausgebildet.« R.C. versuchte seinen Beifahrer zu beruhigen. Tillman war an solche Geschwindigkeiten nicht gewöhnt, hatte aber bislang kein Wort gesagt. Allerdings war R.C. nicht entgangen, wie er mehrfach den Sicherheitsgurt überprüfte und den Fuß gegen das Bodenblech stemmte, als wolle er auf eine unsichtbare Bremse treten.
»Machen Sie sich um mich keine Sorgen. Fahren wir einfach raus und suchen Elizabeth.« Tillman starrte geradeaus.
»Glauben Sie, wir können mit dem Streifenwagen über das gesamte Grundstück fahren?«, fragte R.C.
Nach kurzem Nachdenken erwiderte Tillman: »Durch den vorderen Bereich kommen wir mit Sicherheit, aber bis ganz nach hinten schaffen wir es damit nicht.«
»Wir kommen trotzdem hin. Ich habe die Schlüssel von Tanners Jeep.«
Tillman war überrascht. Ihm ging auf, dass er nicht viel darüber wusste, was mit Tanner passiert war. In der letzten halben Stunde hatte er vor allem an Elizabeth gedacht.
»Wo ist der Jeep?«, fragte er schließlich.
»Am großen gelben Tor an der Dummy Line.«
»Was glauben Sie, R.C.? Was ist passiert?«
R.C. überlegte kurz. »Ich nehme an, sie sind in einen Drogendeal oder etwas Ähnliches geplatzt. Im Westen von Alabama ist Methamphetamin ein Riesenproblem. Wir kommen einfachnicht hinterher. Die Drogenlabore schießen wie Pilze aus dem Boden. Es ist schlimm, und es wird immer schlimmer. Tanner wusste wahrscheinlich gar nicht, wie ihm geschieht.«
R.C. bog zügig auf eine Schotterpiste ab. Tillman bemerkte das West-Union-Schild am Wegrand. Das Grundstück gehörte seiner Familie seit zwei Generationen. Früher war die Farm noch viel größer gewesen, aber etliche schlechte Ernten und die Erbschaftssteuer hatten sie auf fünfundsechzig Hektar schrumpfen lassen. Vor achtzehn Jahren hatte er den gesamten Grund mit Nadelbäumen bepflanzt. Mit dem Verkauf des Tannenholzes wollte er Tanners Studium finanzieren. Er hatte viele schöne Erinnerungen ans Angeln, Jagen und Reiten in dieser Gegend. Und jetzt stand er Todesängste aus, was er auf dem Grundstück vorfinden würde, das er so liebte.
»Meth macht gleich beim ersten Mal süchtig. Das Leben der Junkies ist innerhalb kürzester Zeit ruiniert.« R.C. brachte es fertig, sich bei einer Geschwindigkeit von siebzig Meilen die Stunde auf einer Schotterpiste eine neue Portion Kautabak hinter die Lippe zu schieben. Tillmans Anspannung wurde noch ein wenig größer. »Und keiner schafft je den Entzug. Das Zeug hat ein unheimliches Suchtpotenzial. Meth-Konsumenten leiden außerdem oft unter Verfolgungswahn.«
Tillman nickte nur. Er hielt sich krampfhaft am Türgriff fest.
»Letzten Monat hatten wir einen Typen, der überzeugt war, dass sich irgendwelche Gestalten in seinen Küchengeräten verstecken. Er hatte seinen Ofen demoliert,
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