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Jagdsaison. Roman.

Jagdsaison. Roman.

Titel: Jagdsaison. Roman. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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ein. »Nein, danke, ich gehe zu Fuß.«
    Und geschwinden Schritts machte er sich auf den Weg.
    Als der Überraschungsmoment vorüber war, ging der Komikmeister ihm nach. »Sie haben das nur gespielt?«
    »Aber sicher.«
    »Wieviel wollen Sie?«
    »Wofür?«
    »Um sich beim Theater zu verpflichten. Als Schauspieler übertreffen Sie auch die besten, die ich bislang gesehen habe.«
     
    Während Nenè Impiduglia seine Angelegenheiten in Palermo regelte, berieten sich Padre Macaluso und Frau Colajanni.
    »Es gibt ein paar Scherereien«, hub der Geistliche an. »Baron Nenè und die Marchesina sind Vettern ersten Grades, und um zu heiraten, brauchen sie eine Unbedenklichkeitserklärung.«
    »Wer soll die ausstellen?«
    »Der Bischof.«
    »Dann gehen Sie doch zum Bischof.«
    »Das ist aber nicht alles. Da gibt es auch noch das Problem der Trauerzeit. Und wenn wir die wirklich streng einhalten wollen, dann kann eine ganze Weile keine Rede von Hochzeitfeiern sein.«
    »Kann denn der Bischof nicht auch da etwas ausrichten?«
    »Gewiß. Ich habe meine Berechnungen angestellt. Es ergibt sich eine ganz hübsche Anzahl von Toten: Ein Großvater, ein Bruder, eine Mutter und ein Vater sind zu betrauern. Mit anderen Worten, Ntontò muß sich mindestens neun Jahre zu Hause einschließen. An Heiraten ist überhaupt nicht zu denken!«
    »Aber keiner hält neun Jahre Verlobungszeit aus.«
    »Eben. Deshalb müssen wir auch da eine Lösung finden. Morgen werde ich mit dem Sekretär des Bischofs, Monsignor Curtò, reden, das ist eine Person mit praktischem Verstand.«
    Monsignor Curtò besprach die Angelegenheit mit dem Bischof. Es war noch keine Woche vergangen, als Padre Macaluso in die Kurie bestellt wurde.
    »Was die Geschichte mit der Blutsverwandtschaft unter Cousins angeht«, sagte der Bischof, ein Mann weniger Worte und konkreter Taten, »gibt es keine Schwierigkeiten, die Angelegenheit untersteht einzig und allein meiner Verfügungsgewalt, und ein Ausweg läßt sich immer finden. Das Problem der Trauerzeit jedoch hat nichts mit mir, sondern allein mit dem lieben Gott im Himmel zu tun.«
    »Und wie sollen wir mit dem Herrgott verhandeln?«
    Der Bischof lächelte, Padre Macaluso hatte ihn schon öfter mit seinen witzigen Bemerkungen erfreut. »Ja, wißt Ihr das nicht? Er hat doch seine Mittelsmänner auf Erden. Einer seid Ihr selbst, ein anderer bin ich, mit Verlaub gesagt. Mein guter Sohn, Ihr müßt nun wissen, daß es gute und schlechte Tote gibt. In unserem Fall sind die bösen Toten, und wie böse, der alte Marchese und der junge Marchese. Sie sind in Todsünden verfallen: Der eine hat Selbstmord begangen, der andere Ehebruch. Ich kann die Trauerzeit von neun Jahren auf sechsunddreißig Monate verkürzen, weniger nicht. Doch dabei sind einige Regeln zu beachten. Monsignor Curtò hat alles schon ausgerechnet.«
    Die Rechnung lautete: Pro Woche zwei Messen pro Kopf für die beiden Marchesen, eine Messe jeweils für Donna Matilde und ihren Sohn, und diese Meßdienste waren, wie gesagt, über einen Zeitraum von sechsunddreißig Monaten zu zelebrieren. Außerdem mußten verschiedene Geldschenkungen an fromme Einrichtungen wie »Der Happen des Armen«, »Die Töchter Mariens«, »Die Waisenmägdelein von Santa Teresa« und so weiter erfolgen. Die entsprechende Summe für diese Donationen mußte Monsignor Curtò auf einen Schlag ausgehändigt werden, er würde sich dann um die gerechte Verteilung kümmern. Rechnete man alles zusammen, handelte es sich um ein Vermögen. Das Aufgebot würde nach Ablauf der sechsunddreißig Monate in der Kirche und im Rathaus bestellt werden.
    »Aber sechsunddreißig Monate sind bei mir zu Hause drei Jahre!« platzte Nenè Impiduglia heraus, als ihm die Bedingungen des Bischofs unterbreitet wurden.
    »Auch bei mir sind das drei Jahre«, bekräftigte Padre Macaluso. »Aber überlegen Sie doch bitte mal; es sind drei Jahre vom letzten Todesfall an, und das ist der des Marchese. Seit diesem schwarzen Tag sind bis heute acht Monate vergangen. Das bedeutet, daß noch zwei Jahre und vier Monate abzuwarten sind. Ist das klar? Es braucht einfach ein wenig Geduld. In der Zwischenzeit lassen Sie sich in Vigàta nieder, führen ein friedliches Leben und lernen Ntontò besser kennen. Im übrigen können Sie auch hier Ihre Mathematikstudien betreiben.«
    »Hier fehlt es an den geeigneten Utensilien«, erwiderte Impiduglia und fügte hinzu: »Aber wer legt bloß das Geld für die Messen und die Schenkungen auf den

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