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Jagdzeit

Jagdzeit

Titel: Jagdzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Osborn
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gewesen, das nichts mit dem unfähigen Idioten zu tun hatte, den sie erst an der Tankstelle gesehen und später am Rande des Freeways aufgelesen hatten. Jener Mann war schwach gewesen, ein Typ, der immer zögert und aus Unentschlossenheit scheitert. Der Mann jetzt war entschlossen.
    Eine Art physischen Vergnügens durchströmte Ken bei dem Gedanken, Martin zu töten. Eine sexuelle Erregung von den Lenden bis zum Rückgrat. Dasselbe Gefühl, wie wenn eine Frau, die er wollte, ihm mit einem gewissen Blick zu verstehen gab, dass auch sie ihn wollte und dass ihr alles recht sei. Es war die Vorfreude auf etwas Verbotenes.
    „Mach dir keine Sorgen“, sagte er. „Den kriegen wir.“
    Greg lehnte sich zurück, die Ellbogen auf die raue, verwitterte Beplankung der Terrasse gestützt. Er lachte. „Wie findet ihr diese Nancy?“
    „Das Beste, was wir jemals hatten“, sagte Art. Er erinnerte sich an Nancys kreischenden nassen Mund und fügte hinzu: „Hundertprozentig.“
    Ken dachte über Nancy nach, ihre wilden Laute, ihr heißes, heftig zuckendes Becken, ihre Hände mit den scharf bohrenden Fingernägeln. Aber vor allem erinnerte er sich an die weiche Art, mit der sie begonnen hatte ihn anzusehen. Sie hatte es gewollt, wirklich. „Ich weiß nicht“, überlegte er. „Wie hieß noch die Tussi vor drei Jahren?“
    „Die Dunkelhaarige?“
    „Ja, die Flachbrüstige.“
    „Du meinst Ellen. Die war vor vier Jahren.“
    „Vier. Stimmt.“
    „Ja, kann sein“, sagte Greg.
    Ken versuchte, sich zu erinnern und zu vergleichen. Wenn man älter wurde, konnte man sich nach einiger Zeit kaum noch erinnern, wie die einzelnen Frauen gewesen waren.
    „Aber der Typ, der ihr Freund war“, sagte Art, „war anders.“
    Ken versuchte, sich auch an den Mann zu erinnern. Einen Moment lang sah er ein undeutliches Gewirr von Gesichtern vor sich, dann zeichnete sich eines von ihnen schärfer und wurde zu einem dicklichen, kahl werdenden jungen Mann mit feuchten blauen Augen und bibbernden Lippen. Er runzelte die Stirn, und als die Grimasse stärker wurde, löste sich das halbe Gesicht in Zeitlupe auf, als in Kens Erinnerung ein Schuss durch den rechten Wangenknochen krachte, in die Nase drang und die ganze linke Seite seines Schädels absprengte.
    „Steward“, sagte er.
    „Stimmt“, sagte Greg. „Er weigerte sich, abzuhauen.“
    „Wir mussten ihn gleich da draußen abknallen“, fügte Art hinzu. „Erinnert ihr euch? Grad da drüben.“ Er zeigte auf einen Punkt der Lichtung.
    „Sicher“, sagte Ken. „Erinnere mich genau an ihn. Der blöde Idiot hat sich in die Hosen geschissen.“
    Und sogar tot hatte er noch Ärger gemacht. Die Leiche war unter der Wasseroberfläche an einem Hindernis hängengeblieben, den verzweigten Resten eines Baumstamms, als sie sie, be schwert mit einem rostigen Eisenstück aus der Maschinerie der verlassenen Sägemühle, zusammen mit der Leiche der Frau im tiefen Sumpfwasser am Nordende der Insel versenken wollten, wo ihr Fleisch im Frühjahr von Fischen und Schildkrö ten abgerissen wurde und die Knochen im ätzenden Schlamm, in den sie versanken, schnell verrotteten.
    „Nein, ehrlich“, warf Greg ein, „die Beste, die wir je hatten, war das Mädchen damals im College.“
    „Alicia?“
    „Genau die mein’ ich.“
    „In Sachen Sex?“, fragte Art ungläubig.
    „Mehr, weil sie so ‘ne harte Nuss war“, sagte Ken.
    „Ja, ungefähr das hab’ ich gemeint“, pflichtete Greg bei. Aber das meinte er nicht wirklich. Ihm hatte gefallen, wie sie Alicia gezwungen hatten, und wie sie gebissen und um sich getreten und geschrien und gekratzt und sich gewehrt hatte. Wenn eine Frau nicht wollte, war das schon der halbe Spaß.
    „Scheiße, worüber redet ihr da?“ Art war empört. „Die zählt doch nicht mal. Wir haben sie nicht gejagt.“
    „Wir hätten sie gejagt, wenn du nicht Schiss bekommen hättest“, lachte Ken.
    „Wo wolltest du es denn tun? Mitten in Ann Arbor?“
    Genau das hatte er machen wollen, dachte Ken. Ein Rudel-Bums im Auto, nicht in einem Motel, und sie dann irgendwo in einer Wohngegend rauswerfen. So wären sie nie in Schwierigkeiten geraten. Er dachte an den .38er-Revolver, mit so viel Vorsicht gekauft und nie verwendet. Die Frustration von damals und dass sie im Motel — Gregs und Arts Idee, das mit dem Motel — gesehen worden waren, war der Auslöser für die Idee mit der einsamen Jagdhütte gewesen. Das war der Anfang.
    Art rührte in seinem Kaffee. „Was mich immer

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