Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jagdzeit

Jagdzeit

Titel: Jagdzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Osborn
Vom Netzwerk:
fasziniert hat, ist, dass alle Typen immer sofort denken, sie würden als Geisel genommen, und dass alle Frauen immer denken, sie könnten uns mit Sex rumkriegen.“
    „Das passt“, sagte Ken. „Das ist die grundlegende männliche und weibliche Psychologie, wenn du mal drüber nachdenkst.“
    „Was mich fasziniert“, warf Greg ein, „ist, dass du nie voraussagen kannst, wie sie davonlaufen. Denk mal an Marina. Wir dachten, sie würde vor Angst sterben, noch bevor sie den halben Weg zur Mühle zurückgelegt hatte, oder?“
    „Da hast du Recht.“ Ken erinnerte sich an Marina, klein, blond, gedrungen, das hübsche Gesicht eines unschuldigen Kindes. Sie war zum Rand der Lichtung buchstäblich gekrochen, zu entsetzt, um aufrecht zu gehen.
    Dann hatten sie sie drei Tage lang nicht gefunden. Und drei wahnsinnige Nächte lang nicht geschlafen. Sie war einfach verschwunden gewesen. Zuerst durchkämmten sie das gesamte Seeufer. Dann schwärmten sie aus, rasch, und teilten den Wald in immer kleiner werdende Planquadrate ein, zehn Meilen landeinwärts und in südlicher Richtung. Das hatten Ken und Greg gemacht. Art war auf die andere Seite des Sees gegangen.
    Nach zwei solchen Tagen und Nächten hatten sie immer noch nicht das geringste Lebenszeichen entdeckt. Sie schlossen daraus, dass Marina zur Insel zurückgekommen war oder sie vielleicht nie verlassen hatte, und weitere vierundzwanzig Stunden lang, einen ganzen Tag und eine ganze Nacht, durchstreiften sie die umliegenden Wälder, vom Steilufer bis zum Sumpf am Nordende, das gesamte Ufer, die Sägemühle.
    Zum ersten Mal, seit sie die Hütte gebaut hatten, waren sie fast in Panik geraten. Sie hatten überlegt, das Land zu verlassen, denn selbst wenn Marina freigekommen war, hätten sie noch genügend Zeit dazu gehabt. Gerade noch. Sie hatten darüber spekuliert, in welcher Mindeststundenzahl sie die Polizei oder die Förster erreichen und zurückkehren könnte, wenn ihr gleich am Anfang die Flucht gelungen sein sollte.
    Nur Ken hatte dem Fluchtgedanken widersprochen. Und er hatte Recht behalten. Schließlich hatte Marina sich selbst verraten, als sie im Schlaf stöhnte, in dem gemütlichen Nest, das sie sich mitten unter dem Küchenboden der Hütte gebaut hatte und von wo aus sie über ein loses Brett jede Nacht heraufkommen und sich mit Essen und Trinken hatte versorgen können.
    Das war knapp gewesen. Noch knapper war es nur mit dem Mann zwei Jahre vor Marina, der zur Hütte zurückgekehrt war, um ein Gewehr zu stehlen. Er verletzte Greg leicht am Bein, bevor sie ihn in die Enge trieben und kurzen Prozess mit ihm machten, aber auch nur, weil der Idiot nicht genug Munition mitgenommen hatte.
    Ken schaute auf seine Uhr. „Sie haben noch fünfzehn Minuten.“
    Greg grunzte. „Ich könnte einen Drink vertragen.“
    „Kriegst du aber nicht.“
    Die Regel besagte, kein Alkohol am Tötungstag, und sie hatten ohnehin schon mit Nancy fast eine Flasche geleert. Greg machte ein bekümmertes Gesicht.
    Nachdenklich sagte Art: „Wisst ihr, wir haben hiermit in den letzten sieben Jahren viel Spaß gehabt, eine Menge Spaß, aber ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass wir Gefahr laufen, einen Fehler zu machen.“
    „Was bitte?“
    „Wir treiben eine gute Sache zu weit“, sagte Art.
    „Meinst du, du willst aussteigen?“ Greg war entrüstet, beinahe ungläubig.
    „Natürlich nicht. Vielleicht nur eine Änderung des Systems.“
    „Jetzt geht das wieder los“, sagte Greg.
    Ken wusste genau, was er meinte. Dies war Arts alljährlicher Versuch, ihre Jagd vom Wald und der nördlichen Wildnis, die er nicht wirklich mochte, in Städte zu verlegen. Art war im Grunde ein Stadtkind. Und Greg war ein primitives Tier, das im Dickicht mehr zuhause war als sonst wo. Sie würden nie einer Meinung sein.
    „Jetzt warte mal“, sagte Art. Seine Hände drückten Hartnäckigkeit aus. Er wollte seinen Standpunkt vertreten. „Da gibt es eine Reihe von Dingen. Erstens wird sich eines Tages irgendjemand einen Reim darauf machen. Irgendein gelangweilter, blöder Bulle, der nichts Besseres zu tun hat. So geht es doch immer, oder?“
    „Was für einen Reim?“
    „Jetzt keine Nebensächlichkeiten.“
    „Ich möchte es wissen“, beharrte Greg.
    Art holte tief Luft, mit gemarterter Ungeduld. „Okay, okay. Also: die Tatsache, dass jedes Jahr zur gleichen Zeit ein Mann und eine Frau, immer ein Paar, verschwinden. Irgendjemand wird es mit der Jagdzeit in Verbindung bringen. Dann ist es

Weitere Kostenlose Bücher