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Jagdzeit

Jagdzeit

Titel: Jagdzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Osborn
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Greg zu verstecken, und dann in südlicher Richtung in der Mitte der Landzunge weiterging, war das nicht genau das, womit Art rechnete? Denn nur ein Idiot würde das Ufer nehmen, Greg draußen auf dem Wasser schutzlos ausgeliefert.
    Nur ein Idiot.
    Das würden sie denken.
    Er holte Atem, versuchte, so wenig Geräusche wie nur möglich zu machen und drang in einer Diagonalen zurück zum See vor. Ein paar Fuß vom Wasser entfernt hielt er an, kurz bevor er sich aus der Deckung begab. Keine Spur von Ken. Versteckte sich vermutlich hinter einem Erdhügel oder einem toten Baum. Aber Greg starrte auf einen Punkt fünfzig Yards seeaufwärts, wo er Ken zurückgelassen hatte.
    Martin stürzte in die entgegengesetzte Richtung los, seeabwärts. Nah am Wasser. Hier war das Gebüsch durchlässiger.
    Er spielte ein Spiel mit sich selbst, sagte zu sich selbst immer wieder: „Ein Yard, Glück gehabt; zwei Yards, Glück gehabt; drei Yards, du schaffst es.“ Und dann wieder von vorn: „Ein Yard, Glück gehabt; zwei Yards, Glück gehabt …“
    Bis er zu einem kleinen, gezackten Flecken glitschiger Felsen kam. Dahinter veränderte sich der Charakter des Ufers. Direkt am Wasser gab es einen schmalen Streifen bröckeligen Schiefers, der sich, von ein paar Unterbrechungen abgesehen, über einige hundert Yards erstreckte. Er blickte zurück. Wie durch ein Wunder hatte ihn Greg noch nicht gesehen.
    Er überquerte die Stelle, landete auf dem Schiefer und fing an zu laufen, immer wieder musste er sich ducken, um dem Gestrüpp auszuweichen, das am Ufer entlang brusthoch über das Wasser ragte.
    „Ein Yard, Glück gehabt; zwei Yards, Glück gehabt; drei Yards, du schaffst es.“
    Das Pfeifen der ersten Kugel war sehr nah. Fast gleichzeitig waren der Einschlag und die Schallwellen von Gregs Schuss zu hören.
    Noch einmal, aber diesmal spritzte das Wasser direkt vor Martin hoch.
    Lauf weiter, egal, was passiert. Sei kein leichtes Ziel. Vergiss nicht, er ist in einem Boot, und ein Boot hält nicht still. Vergiss nicht, er ist ein paar hundert Yards weit weg. Bloß keine Panik. Lauf weiter. Schneller. „Ein Yard, Glück gehabt; zwei Yards, Glück gehabt.“ Sag es noch dreißig Mal und du bist gerettet. Für immer. „Ein Yard, Glück gehabt … “
    Wieder ein Schuss, diesmal hoch oben. Machte ein knackendes Geräusch, als die Kugel Rinde von einem Ahornbaum abriss.
    Weniger überhängendes Gestrüpp jetzt. Er streckte sich ein wenig. Riskier es! Lauf, lauf, lauf! „Ein Yard, Glück gehabt; zwei Yards … du schaffst es.“ Der Schiefer wurde glatt, hart wie Sand. Jetzt war er im richtigen Rhythmus, wenn ihm nur seine Lungen erlaubten zu atmen.
    Noch mal der knallende Widerhall und das rollende Echo, aber diesmal kein Geräusch einer Kugel in der Nähe.
    Durch seine Atemstöße hindurch hörte Martin, wie der Außenbordmotor aufheulte, Greg hatte sein Gewehr abgelegt.
    Er hatte gewonnen, er hatte gewonnen, er hatte gewonnen. „Ein Yard, Glück gehabt, zwei Yards, du schaffst es.“
    Nur noch die Hälfte der Strecke das lange Ufer hinunter, jetzt nur noch ein Viertel, der Sandstrand breiter, die Bäume höher. Eine Landzunge ragte zwanzig Yards weit ins Wasser, bedeckt von grauen Rindenstücken und dem knochigen Wirrwar von Treibholz. Dahinter dichter, immergrüner Wald, begrenzt von einem schmalen Bach. Über den Bach und nicht anhalten, bis es dunkel ist. Er war frei; er hatte es geschafft. Ken im Wasser, Greg mit dem Bootsmotor beschäftigt, Art hinten beim Sumpf, auf der Suche im falschen Abschnitt.
    Frei, frei, frei. Seine stampfenden Füße klatschten in den Bach, das Wasser eiskalt und klar. Seine Augen hielten flink nach trittsicheren Stellen Ausschau. Bloß nicht hinfallen.
    Den halben Weg geschafft. Und direkt vor ihm der dunkle Wald.
    „Martin!“
    Allmächtiger Gott.
    „Martin. Hey!“
    Von wo kam das? Er drehte sich halb um und Art tauchte hinter einem großen Felsblock in der Mitte des Bachs auf, nur zwanzig Fuß von ihm entfernt.
    Über das obszöne schwarze Loch seiner Gewehrmündung hinweg lächelte Art ihn an.
    „Du wirst jetzt sterben, Martin. Und nicht mehr sein.“
    Ein schrecklicher Schlag, ein heller Schein, und Martin stürzte in einen langen Korridor, der dunkler und dunkler wurde.
    Die ersten beiden Schüsse trafen ihn am Kiefer und am linken Backenknochen und rissen ihm fast das ganze Gesicht weg. Seine Beine machten noch ein paar unwillkürliche Schritte und knickten dann ein. Er klatschte mit der Brust voran

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