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Jahrmarkt der Eitelkeit

Jahrmarkt der Eitelkeit

Titel: Jahrmarkt der Eitelkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Makepeace Thackeray
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Oberst, ich bitte«, sagte Mrs. Moss mit einer Handbewegung, und er öffnete zitternd den Brief. Es war ein schöner Brief, stark parfümiert, auf rosa Papier, mit hellgrünem Siegel.
    »Mon pauvre cher petit« 3 , schrieb Mrs. Crawley. »Ich habe vor Sorge um mein häßliches altes Ungeheuer die ganze Nacht kein Auge zugetan und kam erst am Morgen zur Ruhe, als mir Doktor Blench (zu dem ich geschickt hatte, denn ich war fiebrig) einen Beruhigungstrank gegeben hatte. Er befahl Fifine, daß sie unter keinen Umständen zulassen dürfe, daß ich gestört würde. So kam es, daß der Bote meines armen alten Mannes, der eine bien mauvaise mine 4 hatte, wie Fifine sagte, und sentait le genièvre 5 , in der Halle mehrere Stunden auf mein Klingeln warten mußte. Du kannst Dir meinen Zustand vorstellen, als ich Deinen armen lieben alten Brief las, der von Fehlern nur so wimmelte.
    Obwohl ich so krank war, ließ ich doch augenblicklich den Wagen kommen, und sobald ich angekleidet war (von der Schokolade konnte ich keinen Tropfen trinken, das versichere ich Dir, ich konnte einfach nicht, weil mein Ungeheuer sie mir nicht gebracht hatte), fuhr ich ventre à terre 6 zu Nathan. Ich traf ihn auch an und weinte und schrie – ich warf mich dem Abscheulichen sogar zu Füßen. Aber nichts konnte den entsetzlichen Menschen erweichen. Er wolle die ganze Summe, sagte er, oder mein armes Ungeheuer im Gefängnis festhalten. Ich fuhr mit der Absicht nach Hause, dem Onkel 7 einen traurigen Besuch abzustatten. Jedes Schmuckstück, das ich besitze, sollte Dir zur Verfügung stehen, wenn auch alle zusammen kaum hundert Pfund einbringen würden, denn, Du weißt ja, daß schon einige bei dem lieben Onkel sind. Dort traf ich Mylord mit dem alten bulgarischen Schafsgesicht an. Sie waren gekommen, um mir wegen der gestrigen Aufführung Komplimente zu machen. Auch Paddington kam und dehnte die Worte und lispelte und drehte sein Haar, ebenso wie Champignac und sein Chef – alle mit einer Unmenge von Komplimenten und hübschen Redensarten. Sie quälten mich Arme, die darauf brannte, sie loszuwerden, und jeden Augenblick an ihren armen Gefangenen dachte.
    Als sie fort waren, fiel ich vor Mylord auf die Knie, erzählte ihm, daß wir alles versetzen müßten, und bat und flehte, mir zweihundert Pfund zu geben. Er polterte und tobte, sagte, ich solle nicht so dumm sein, etwas zu versetzen, und versprach, er wolle sehen, ob er mir das Geld borgen könne. Endlich ging er fort und versprach, es mir morgen früh zu schicken. Dann werde ich es sofort meinem armen Ungeheuer bringen mit einem Kuß von seiner ihn liebenden
    Rebekka.

    PS: Ich schreibe im Bett – oh, ich habe schlimme Kopfschmerzen und solch ein Herzweh.«

    Als Rawdon diesen Brief las, wurde er so rot und sah so wild aus, daß die Gesellschaft an der Table d'hôte schnell begriff, daß er schlimme Nachrichten erhalten habe. Aller Argwohn, den er zu verscheuchen versucht hatte, kehrte mit doppelter Gewalt wieder. Sie schaffte es nicht einmal, wegzugehen und ihre Schmucksachen zu verkaufen, um ihn zu befreien; sie konnte lachen und von Komplimenten sprechen, die man ihr machte, während er im Gefängnis saß. Wer hatte ihn dahin gebracht? Wenham war mit ihm gegangen, sollte da vielleicht ...? Er wagte kaum, an das zu denken, was er argwöhnte. Eiligst verließ er das Zimmer und lief in sein eigenes. Er öffnete sein Schreibpult und warf zwei Zeilen aufs Papier, die er an Sir Pitt oder Lady Crawley richtete. Er bat den Boten, sie sogleich zur Gaunt Street zu bringen. Er ließ ihn eine Droschke nehmen und versprach ihm eine Guinee, wenn er in einer Stunde wieder zurück sein würde.
    In dem Billett ersuchte er seinen lieben Bruder und seine Schwägerin um Gottes, seines lieben Kindes und seiner Ehre willen, zu ihm zu kommen und ihm in seinen Schwierigkeiten zu helfen. Er sei im Gefängnis. Er brauche hundert Pfund, um frei zu werden. Er flehte sie an, zu ihm zu kommen.
    Nachdem er den Boten weggeschickt hatte, begab er sich wieder ins Speisezimmer und rief nach mehr Wein. Den anderen fiel auf, daß er mit seltsamer Lebhaftigkeit redete und lachte. Zuweilen lachte er wie wahnsinnig über seine eigenen Befürchtungen und trank dann weiter, aber während der ganzen Stunde lauschte er auf den Wagen, der sein Schicksal besiegeln sollte.
    Als die Zeit verflossen war, hörte man Wagenräder zum Tor heranrollen, und der junge Pförtner eilte mit den Schlüsseln hinaus. Er ließ eine Dame durch die Tür des

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