Jahrmarkt der Eitelkeit
Das Treffen der beiden – von dem wie gesagt auch andere zu wissen scheinen, muß rührend verlaufen sein. Der Verfasser kann aber keine sicheren Einzelheiten davon berichten.
Einmal geschah es in Rom, daß Mrs. Rawdons halbjährliche Rente gerade beim größten Bankier am Platze eingezahlt worden war, und da alle, die ein Konto von mehr als fünfhundert Scudi hatten, zu den Winterbällen eingeladen wurden, die dieser Fürst der Handelsleute gab, so wurde auch Becky mit einer Karte beehrt und erschien bei einer der glänzenden Abendunterhaltungen des Fürsten und der Fürstin Polonia. Die Fürstin kam aus der Familie Pompili und stammte in gerader Linie von dem zweiten König in Rom und seiner Gemahlin Egeria aus dem Hause Olympus ab. Der Großvater des Prinzen dagegen, Alessandro Polonia, verkaufte noch Seifenkugeln, Essenzen, Tabak und Taschentücher, erledigte Aufträge für vornehme Herren und betrieb den Geldverleih im kleinen. Die große Gesellschaft Roms drängte sich in seinen Salons – Fürsten, Herzöge, Gesandte, Künstler, Geigenvirtuosen, geistliche Würdenträger und Adlige auf Reisen mit ihren Begleitern – Männer jeden Ranges und Standes. Seine Gemächer funkelten von Licht und Pracht, strahlten von Goldrahmen (es waren auch Bilder darin) und zweifelhaften Antiken. Die ungeheuren vergoldeten Kronen und Wappen des fürstlichen Besitzers, ein goldener Pilz auf rotem Felde (die Farbe der Taschentücher, die er verkaufte), und die silberne Fontäne der Familie Pompili glänzten überall auf dem Dach, an den Türen und auf der Täfelung des Hauses und über den großartigen Samtbaldachinen für den Empfang von Päpsten und Kaisern.
Becky, die in der Postkutsche von Florenz gekommen war und sehr bescheiden in einem Wirtshaus wohnte, erhielt also eine Einladung zum Fest des Fürsten Polonia. Ihr Mädchen kleidete sie mit ungewöhnlicher Sorgfalt an, und sie ging zu diesem feinen Ball, auf den Arm von Major Loder gelehnt, mit dem sie damals zufällig reiste. Es war derselbe Loder, der im Jahr darauf in Neapel den Fürsten Ravioli erschoß und den Sir John Buckskin durchprügelte, weil er außer den vier Königen im Ecarté noch weitere vier im Hut mit herumtrug. Das Paar wandelte durch die Räume, und Becky erblickte viele bekannte Gesichter aus glücklicheren Tagen, da sie zwar nicht unschuldig, aber noch nicht entlarvt war. Major Loder kannte eine Menge Ausländer, bärtige Männer mit scharfem Blick, schmutzigen Ordensbändern im Knopfloch und sehr wenig Aufwand an Wäsche. Seine eigenen Landsleute jedoch mieden den Major.
Auch Becky kannte hie und da einige Damen – französische Witwen, zweifelhafte italienische Gräfinnen, die von ihren Ehemännern schlecht behandelt worden waren. Aber pfui, was sollen wir, die wir uns doch auf dem Jahrmarkt der Eitelkeit in der besten Gesellschaft bewegt haben, von diesem Abschaum von Schurken noch sagen? Wenn wir spielen, so spielen wir mit sauberen Karten und nicht mit diesem schmutzigen Pack. Jeder aus dem zahllosen Heer von Reisenden hat jedoch schon diese irregulären Marodeure gesehen, die wie Nym und Pistol 5 mit der Hauptmacht herumziehen, die Farben des Königs tragen und mit dem königlichen Offizierspatent prahlen, aber auf eigene Faust plündern und zuweilen am Wege aufgehängt werden.
Major Loder und sie wandelten also Arm in Arm durch die Gemächer, tranken eine große Menge Champagner an dem Büfett, wo die Gäste und besonders die irregulären Truppen des Majors wütend um Erfrischungen kämpften. Als das Paar genug davon hatte, gingen sie weiter, bis sie den rosa Plüschsalon der Herzogin am Ende der Zimmerflucht erreicht hatten, wo die Venusstatue steht und die großen venezianischen silbergerahmten Spiegel hängen. Dort bewirtete die fürstliche Familie ihre vornehmsten Gäste an einem runden Tisch. Es war genauso ein kleines erlesenes Bankett wie das, an dem Becky bei Lord Steyne teilgenommen hatte, wie sie sich entsann, und da – da erblickte sie ihn an Polonias Tafel.
Die Narbe von dem Schnitt des Diamanten auf seiner weißen, kahlen, glänzenden Stirn war feuerrot. Sein roter Backenbart hatte eine purpurne Tönung, die das bleiche Gesicht noch bleicher machte. Er trug das Blaue Band und seinen Hosenbandorden und noch ein paar Auszeichnungen. Er war ein bedeutenderer Fürst als alle anderen dort, obwohl ein regierender Herzog und eine Königliche Hoheit mit ihren Prinzessinnen anwesend waren. Neben dem Lord saß die schöne Gräfin
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