Jahrmarkt der Eitelkeit
daß er keine Einmischung in seine Angelegenheiten wünsche, kurz, daß er beabsichtige, sich gegen den Major aufzulehnen – als der langen und stürmischen Unterredung in der einfachsten Weise ein Ende bereitet wurde – nämlich durch die Ankunft von Mrs. Becky in Begleitung eines Hausknechts vom »Elefanten«, der ihr mageres Gepäck trug.
Sie begrüßte ihren Gastgeber mit wohlwollender Höflichkeit und begrüßte Major Dobbin freundschaftlich, aber zurückhaltend. Ihr Instinkt sagte ihr sofort, daß er ihr Feind sei und gegen sie gesprochen habe. Die mit ihrer Ankunft verbundene lärmende Geschäftigkeit rief Amelia aus ihrem Zimmer hervor. Sie kam herbei und umarmte ihren Gast mit großer Wärme. Von dem Major nahm sie weiter keine Notiz. Sie warf ihm nur einen zornigen Blick zu – wahrscheinlich den ungerechtesten und verächtlichsten Blick, der seit ihrer Geburt auf dem Gesicht der armen kleinen Frau erschienen war. Sie hatte dazu jedoch ihre geheimen Gründe und hatte sich vorgenommen, auf ihn zornig zu sein. Dobbin dagegen, aufgebracht nicht über seine Niederlage, sondern über ihre Ungerechtigkeit, entfernte sich mit einer Verbeugung, die ebenso hochmütig war wie der Knicks, mit dem die kleine Frau ihn verabschiedete.
Nachdem er fort war, war Emmy besonders munter und liebevoll zu Rebekka. Sie machte sich in der Wohnung zu schaffen und richtete das Zimmer für ihren Gast mit einer Geschäftigkeit, die man bei unserer ruhigen kleinen Freundin sonst selten bemerkte. Wenn aber schon eine Ungerechtigkeit verübt werden soll, besonders von schwachen Menschen, dann sollte sie am besten schnell getan werden, und Emmy glaubte, ihr gegenwärtiges Benehmen beweise große Standhaftigkeit, schöne Gefühle und Verehrung für das Andenken des seligen Hauptmann Osborne.
Georgy kam zum Essen von den Festlichkeiten nach Hause und fand vier Gedecke wie gewöhnlich, aber den einen Platz nahm eine Dame ein statt Major Dobbin. »Holla, wo ist Dob?« fragte der junge Herr in seiner gewöhnlichen schlichten Sprechweise.
»Ich nehme an, Major Dobbin speist auswärts«, sagte seine Mutter. Sie zog den Knaben an sich, bedeckte ihn mit Küssen, strich ihm das Haar aus der Stirn und stellte ihn Mrs. Crawley vor. »Dies ist mein Junge, Rebekka«, sagte Mrs. Osborne. Was soviel heißen sollte wie: Gibt es auf der ganzen Welt noch einen wie diesen? Becky blickte ihn entzückt an und drückte ihm zärtlich die Hand. »Der liebe Junge«, sagte sie. »Er ist gerade wie mein ...« Ihre Erregung erstickte jedes weitere Wort, aber Amelia verstand so gut, als ob sie selbst gesprochen hätte, daß Becky an ihr eigenes teures Kind dachte. Die Gesellschaft ihrer Freundin tröstete Mrs. Crawley jedoch, und sie aß mit gutem Appetit.
Während des Mahles sprach sie verschiedentlich, und jedesmal blickte Georgy sie scharf an und lauschte ihrer Stimme. Beim Dessert ging Emmy einmal hinaus, um weitere Haushaltsanordnungen zu treffen. Joseph saß in seinem Lehnstuhl und döste über dem »Galignani«, und Georgy und der Neuankömmling saßen nebeneinander. Er hatte sie mehrere Male mit wissender Miene angesehen, und schließlich legte er den Nußknacker nieder.
»Hören Sie mal!« sagte Georgy.
»Was willst du sagen?« fragte Becky lachend.
»Sie sind die Dame mit der Maske, die ich beim Rouge et noir gesehen habe.«
»Pst, du kleiner Schlauberger«, sagte Becky, ergriff seine Hand und küßte sie. »Dein Onkel ist ja auch dort gewesen, aber Mama braucht es nicht zu wissen.«
»O nein, auf keinen Fall!« erwiderte der kleine Bursche.
»Du siehst, wir sind bereits gute Freunde«, sagte Rebekka zu Emmy, die gerade wieder hereinkam. Wir müssen schon sagen, daß Mrs. Osborne eine verständige und reizende Genossin in ihrem Haus aufgenommen hatte.
William durchstreifte die Stadt in wilder Aufregung kreuz und quer, obwohl ihm der bevorstehende Verrat noch unbekannt war, bis er auf den Gesandtschaftssekretär Tapeworm stieß, der ihn zum Essen einlud. Während des Essens benutzte er die Gelegenheit, den Sekretär zu fragen, ob er etwas über eine gewisse Mrs. Rawdon Crawley wisse, die seines Erachtens in London einigen Staub aufgewirbelt habe. Tapeworm, der natürlich allen Londoner Klatsch kannte und außerdem ein Verwandter von Lady Gaunt war, erzählte nun dem erstaunten Major eine Geschichte von Becky und ihrem Mann, daß dem Frager der Mund vor Erstaunen offenblieb und der gegenwärtige Geschichtenschreiber alle Einzelheiten für seine
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