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Jahrmarkt der Eitelkeit

Jahrmarkt der Eitelkeit

Titel: Jahrmarkt der Eitelkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Makepeace Thackeray
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Erzählung erfuhr, denn an dieser Tafel hatte der Verfasser vor vielen Jahren die Freude, die Geschichte zu hören. Tufto, Steyne, die Crawleys und ihre Geschichte – alles, was Becky und ihr früheres Leben betraf, tischte der unfreundliche Diplomat auf. Er wußte alles und noch viel mehr von der Welt – mit einem Wort, er machte dem guten Major die überraschendsten Enthüllungen. Als Dobbin erzählte, daß Mrs. Osborne und Mr. Sedley sie ins Haus genommen hätten, brach er in ein Gelächter aus, das den Major sehr erschreckte, und fragte, ob sie nicht lieber nach dem Gefängnis schicken und ein paar von den Herren mit den geschorenen Köpfen und gelben Jacken, die paarweise zusammengekettet die Straßen von Pumpernickel kehrten, in Kost und Logis aufnehmen und als Hauslehrer für den kleinen Taugenichts Georgy anstellen wollten.
    Diese Nachricht nahm der Major mit staunendem Entsetzen auf. Am Morgen (vor dem Zusammentreffen mit Rebekka) war beschlossen worden, daß Amelia an diesem Abend zum Hofball gehen sollte. Dobbin glaubte, das werde der geeignete Ort sein, um ihr alles zu sagen. Er ging also nach Hause, legte seine Uniform an und begab sich in der Hoffnung, Mrs. Osborne zu sehen, zum Hof. Sie erschien nicht. Als er in seine Wohnung zurückkehrte, war schon alles Licht im Sedleyschen Haus verlöscht. Er konnte sie also erst am nächsten Morgen sprechen. Ich weiß nicht, wie seine Nachtruhe mit diesem furchtbaren Geheimnis als Bettgenossen war.
    So früh es der Anstand erlaubte, schickte er am nächsten Morgen seinen Diener mit einem Billett hinüber, in dem er ihr schrieb, daß er Wichtiges mit ihr zu besprechen habe. Als Antwort erhielt er die Botschaft, daß Mrs. Osborne sich nicht wohl fühle und ihr Zimmer hüte.
    Auch sie hatte die ganze Nacht über wach gelegen. Sie hatte sich mit einem Gedanken beschäftigt, der ihr Gemüt schon hundertmal erregt hat. Schon hundertmal auf dem Punkt, nachzugeben, war sie doch stets wieder vor einem Opfer zurückgewichen, das nach ihrem Gefühl zu groß für sie war. Sie konnte einfach nicht, trotz seiner Liebe und Treue und ihrer eigenen anerkannten Neigung, Achtung und Dankbarkeit. Was sind schon Wohltaten, Treue und Verdienste? Eine einzige Locke vom Haar eines Mädchens, ein einziges Barthaar gibt sofort den Ausschlag gegen sie. Bei Emmy wogen die drei Dinge ebensoviel wie bei anderen Frauen. Sie hatte sie ausprobiert, hatte versucht, sie gelten zu lassen. Es ging nicht, und nun hatte die unbarmherzige kleine Frau einen Vorwand gefunden und beschlossen, frei zu bleiben.
    Als am Nachmittag der Major endlich Zutritt zu Amelia erhielt, empfing er statt des herzlichen, liebevollen Grußes, an den er jetzt seit langem gewöhnt war, einen Knicks und eine kleine behandschuhte Hand, die sich nach der Begrüßung augenblicklich wieder zurückzog.
    Rebekka befand sich ebenfalls im Zimmer und ging ihm lächelnd mit ausgestreckter Hand entgegen. Dobbin trat etwas verwirrt zurück.
    »Ich – ich bitte um Verzeihung, Madame«, sagte er. »Aber ich muß Ihnen leider sagen, daß ich nicht als ihr Freund hierhergekommen bin.«
    »Dummes Zeug, verdammt noch mal, komm doch jetzt nicht mit so was!« rief Joseph unruhig in dem Verlangen, eine Szene zu vermeiden.
    »Ich möchte wissen, was Major Dobbin gegen Rebekka vorzubringen hat?« sprach Amelia mit leiser, deutlicher, etwas zitternder Stimme und entschlossenem Blick.
    »Ich will in meinem Haus nichts davon hören«, sagte Joseph. »Ich wiederhole, ich will nichts davon hören, und Dobbin – ich bitte dich, hör auf damit.« Er blickte sich zitternd um, wurde sehr rot und ging schnaufend zur Tür.
    »Lieber Freund«, sagte Rebekka mit engelhafter Milde, »hören Sie doch, was Major Dobbin gegen mich vorzubringen hat.«
    »Ich will es nicht hören!« kreischte Joseph in den höchsten Tönen, raffte seinen Schlafrock und verließ das Zimmer.
    »Wir sind nur zwei Frauen«, meinte Amelia. »Sie können jetzt sprechen, Sir!«
    »Dieses Benehmen gegen mich kommt Ihnen kaum zu, Amelia«, antwortete der Major hochmütig. »Ich glaube auch nicht, mich je einer Unhöflichkeit gegenüber Frauen schuldig gemacht zu haben. Es ist nicht angenehm für mich, mich der Pflicht zu entledigen, derentwegen ich hierherkam.«
    »Ich bitte Sie, schnell damit fertig zu werden, Major Dobbin«, sagte Amelia, die immer ärgerlicher wurde. Wenn sie so herrisch sprach, war Dobbins Gesichtsausdruck nicht sehr angenehm.
    »Ich komme, um zu sagen – und da Sie

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