Jake Djones - In der Arena des Todes: Roman (German Edition)
genauso wie ich ein Opernfan ist, bot sich das Stockholmer Opernhaus als Übergabeort an. Wir sind kein bisschen zu früh dran«, fügte er düster hinzu. »Die Atomiumvorräte am Nullpunkt sind so gut wie erschöpft. In der gesamten Geschichte des Geheimdienstes hatten wir noch nie so wenig. Eine pünktliche Lieferung ist absolut existenziell.«
»Weshalb wir diesmal keine unautorisierten Einzelaktionen von gewissen Neuzugängen brauchen können«, erklärte Nathan leicht spöttisch und schlug Jake herzhaft auf den Rücken.
Jake betrachtete den Hafen. Überall lagen Schiffe vor Anker, wie ein dichter Wald erhoben sich Masten und Takelagen in den dunklen Abendhimmel. Entlang der Uferlinie erstreckten sich Lagerhallen und Magazine. Matrosen und Händler eilten hin und her, ihr Atem hing wie kleine Nebelfetzen in der eisigen Winterluft. Ladungen von Eisen, Kupfer und Zinn, Fässer voll kostbarer Harze, Kisten mit Bernstein, Roggen- und Weizensäcke sowie Netze voll glitzerndem Fisch wurden aus den Schiffsbäuchen gehievt oder verschwanden darin.
Wie immer, wenn sie an einem unbekannten Ort ankamen, beäugte Mister Drake die Szene neugierig und ein wenig misstrauisch.
Schließlich machte die Tulpe neben einem beeindruckend großen Linienschiff fest. Die Kinnladen klappten ihnen herunter, als Jake und Nathan das doppelte Kanonendeck bestaunten. Hoch über ihren Köpfen standen an der Reling ein paar stiernackige Matrosen mit kahl rasierten Schädeln beieinander und unterhielten sich in schroffem Ton.
Nathan blickte zu ihnen hinauf und lüpfte die Pelzmütze. »Welch ein wunderbarer Abend für einen Opernbesuch, findet Ihr nicht auch?«, rief er, aber die Seeleute ignorierten ihn.
»Sei ein guter Junge, Mister Drake«, flüsterte Charlie dem Papagei zu und strich ihm übers Gefieder. »Bleib schön hier. Es dauert nicht lange.« Er gab ihm noch ein paar Nüsse, dann sprangen die drei Agenten von Bord.
Gegen die Kälte schlugen sie die Mantelkragen hoch und bahnten sich auf dem vereisten Steinpflaster einen Weg durch das Gedränge am Kai. Jake inspizierte die Verkaufsstände. Es gab Fleisch, gesalzenen Fisch und Holzbecher mit dampfendem Apfelwein. Und dann fiel sein Blick auf eine Wahrsagerin.
Sie hatte ein Spitzentuch um den Kopf gewickelt, in den knorrigen Fingern hielt sie einen Stapel Tarotkarten und streckte ihn Jake beschwörend entgegen.
Jake blieb kurz stehen und betrachtete die oberste Karte: Sie zeigte ein grinsendes Skelett vor einem mondbeschienenen Meer.
Die Wahrsagerin blickte ihn aus wolkengrauen Augen verheißungsvoll an.
»Lass dich gar nicht erst drauf ein«, brummte Nathan und packte Jake am Arm. »Wahrscheinlich will sie dir nur irgendwelchen Kram andrehen.«
Am Königspalast vorbei gelangten sie über eine hölzerne Brücke zu einem prächtigen Platz. Vor ihnen erhob sich das mehrstöckige Opernhaus mit einer steinernen Krone über dem Eingangsportal. Eine Kutsche nach der anderen machte auf dem Vorplatz halt. Die erlesensten Mitglieder der Stockholmer Gesellschaft, in feinste Pelze gekleidet, stiegen aus und stolzierten in das Gebäude.
»Die Oper«, stöhnte Nathan kopfschüttelnd. »Gibt es irgendetwas auf Gottes Erden, das noch lächerlicher wäre? Müßige Wichtigtuer, die sich über nichts und wieder nichts das Maul zerreißen. Hätte dieser nichtsnutzige Isaksen nicht einen angemesseneren Treffpunkt aussuchen können?«
»Halt die Klappe, Wylder!«, schnaubte Charlie. »Wir werden gleich Zeugen einer der ersten Aufführungen von Mozarts Zauberflöte . Er hat sie erst vor einem Jahr geschrieben. Die Tinte auf der Partitur ist gerade mal trocken, und jetzt ist er tot. Möge seine Seele in Frieden ruhen. Die Gelegenheit, die sich uns heute Abend bietet, ist absolut einmalig.«
Nathan blickte Jake mit gespieltem Schuldbewusstsein an, dann machten sie sich auf den Weg zum Eingang.
Auf der anderen Seite des Platzes kamen zwei Reiter aus einer schattigen Gasse. Den Blick fest auf die drei Agenten gerichtet, stiegen sie ab. Der eine – er trug einen langen Mantel mit Stehkragen – trat in den fahlen Lichtschein einer Laterne. Er war ein groß gewachsener Mann mit auffallend gerader Körperhaltung. Das helle Haar war schulterlang und absolut glatt. Sein Begleiter war mit einem dunklen Umhang und einem breitkrempigen Hut bekleidet. Der Blonde flüsterte ihm etwas ins Ohr und übergab ihm die Zügel seines Pferdes, dann eilte er den dreien hinterher.
Jake staunte nur so, als sie das
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