Jake Djones - In der Arena des Todes: Roman (German Edition)
sich ein Spalt, ganz schmal zuerst, dann immer breiter. Ein zerklüfteter Fels, der aussah, als hätte ein Riese ihn aus einer Klippe gebrochen, erhob sich aus dem Schlitz. Darauf thronte, festgekettet und reglos wie ein Standbild aus der römischen Götterwelt, eine Nymphe, das Gesicht unter dem tropfnassen Haar verborgen.
Topaz , schoss es Jake in den Kopf. »Was haben sie mit ihr vor?«, murmelte er entsetzt. Was sie gerade sahen, konnte nichts anderes sein als der Auftakt zu Agatas ludi sanguini .
»Komm jetzt.« Nathan zupfte unauffällig an Jakes Tunika. »Wir dürfen sie nicht einmal ansehen. Schon vergessen?«
Aber Jake hörte gar nicht hin und schüttelte Nathans Hand ab. Auch Lucius stand stocksteif da, den Blick auf den Felsen geheftet. Charlie machte ebenfalls keine Anstalten zu gehen. In Wahrheit konnte Nathan die drei nur zu gut verstehen: Ihre Pflicht lag zwar in der Erfüllung der Aufgaben, die die Geschichtshüter ihnen übertragen hatten, aber auch ihm war nicht egal, was die wahnsinnige Agata mit seiner Stiefschwester vorhatte.
Die Arena war jetzt mit sprudelndem Wasser überflutet, als würde es in dem kleinen künstlichen See von Fischen nur so wimmeln, und die Gäste reckten gespannt die Hälse – neugierig, was als Nächstes geschehen würde.
Jake sah, wie Agata die Maske abnahm, ein sadistisches Lächeln auf dem Gesicht. Leopardo stand hinter ihr. Er hatte ihr die Hände auf die Schultern gelegt und bebte geradezu vor freudiger Erwartung.
Die Hörner schmetterten immer noch lauter, der Trommelwirbel schwoll zu einem Donnern an, und Jake spürte, wie sich seine Nackenhaare aufstellten. Dann erhob sich, begleitet vom lauten Keuchen der Menge, ein grässliches Ungeheuer aus dem See, oder besser gesagt: ein riesenhafter Gladiator, der zurechtgemacht war wie ein Ungeheuer. Der glänzende Helm seiner Rüstung hatte die Form eines Haifischkopfs, und zwischen den weit aufgerissenen Kiefern sah man die grimmige Fratze des Kämpfers. Seine Unterarme waren so dick wie Baumstämme, und die enorme Brust wurde von einem Lederschuppenharnisch geschützt. Aus den Stulpen der Panzerhandschuhe ragten nadelspitze eiserne Dornen, die Rückseiten seiner Metallstiefel waren mit messerscharfen Klingen bewehrt. In den riesigen Händen hielt er ein Breitschwert und einen Dreizack.
Jakes Herz begann zu rasen. »Sie werden doch nicht etwa diesen Kerl auf sie loslassen?«, knurrte er durch zusammengebissene Zähne.
»Das ist alles nur Show«, versuchte Nathan ihn zu beruhigen. »So durchgeknallt Agata auch ist, ihrer eigenen Tochter würde sie niemals etwas zuleide tun«, sprach er weiter und wünschte, er würde selbst glauben, was er da sagte. Die Zeldts waren nicht ohne Grund berüchtigt für ihre Grausamkeit.
Die Musik erreichte ein dröhnendes Crescendo, und das »Ungeheuer« stieg mit rasselnder Rüstung aus dem See. Der Gladiator stellte sich auf die Mauer der Arena und reckte die Arme in die Luft. Die Musik verstummte, und er stieß einen Kriegsschrei aus, der so laut war, dass Jake sich die Ohren zuhalten musste. Ganz langsam wandte sich das Monster zu dem Felsen um.
Alle Blicke wanderten zu der immer noch regungslosen Topaz. Als würde sie gerade aus einer Betäubung erwachen, bewegte sie zuerst einen Arm, dann ein Bein und stand schließlich auf. Ein Schwert hing an ihrer Seite. Sie riss die Augen weit auf, hob die Waffe und stieß einen Schlachtruf aus, der dem ihres Gegners in nichts nachstand.
Die Menge jubelte begeistert, und alle sprangen auf. Selbst die Sklaven ließen alles stehen und liegen und schauten verstohlen zur Arena hinüber.
»Die beiden sind Andromeda und das Seeungeheuer«, stammelte Charlie.
»Wer?« Jake war abgestoßen und fasziniert zugleich.
»Der Legende nach hat Andromedas Mutter Kassiopeia, die Königin Äthiopiens, sich damit gebrüstet, dass sie schöner sei als die Töchter des Poseidon. Als Strafe hat der Meeresgott das Seeungeheuer Ketos geschickt. Andromeda wurde an einen Felsen gekettet und sollte dem Monster geopfert werden, um es zu besänftigen.«
»Was ist mit ihr passiert?«, fragte Jake mit geballten Fäusten.
Charlies Gesicht hellte sich wieder ein wenig auf. »Perseus kam gerade von einem siegreichen Kampf gegen die Medusa zurück und hat sie gerettet.«
»Komm jetzt bloß nicht auf dumme Ideen, Jake«, flüsterte Nathan. »Perseus war eine Killermaschine, kein vierzehnjähriger Schüler aus Greenwich.«
In diesem Moment brach der Kampf los. Ketos
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