Jake Djones und die Huter der Zeit
»In Venedig habt Ihr versagt, und diesmal habt Ihr nur Glück gehabt.«
»Ich versage nie!«, fauchte Mina. »Versagen ist genau so wenig zu tolerieren wie« â sie suchte sorgsam nach dem passendsten Wort â » Erbarmen . Bringt sie zu Prinz Zeldt!«
25
Bücher, Ratten und Verheerung
S ie wurden über eine Hintertreppe nach oben ins Schloss gebracht. Niemand sagte ein Wort, bis sie Zeldts groÃe Bibliothek erreichten.
Es war derselbe lang gestreckte Raum mit Feuern zu beiden Seiten, Regalen voll alter Bücher und Renaissancestatuen in den schattigen Nischen, in den zwei Tage zuvor auch Nathan und Paolo gebracht worden waren.
Jake, Topaz und Charlie wurden unsanft auf Stühle an einem Ende der langen Tafel gedrückt. Hinter ihnen bezog jeweils eine Wache Stellung. Zeldts Thron am anderen Ende war leer. Noch.
»Mr Drake wird durchdrehen vor Angst«, flüsterte Charlie.
Topaz drückte seine Hand. »Er ist ein schlaues Tier, er schafft das schon«, erwiderte sie sanft.
In unbehaglicher Stille saÃen sie da und warteten. Durch die Flügelfenster drangen die ersten Strahlen der über dem Rheintal aufgehenden Sonne herein, und das Licht tat ihren Augen weh. Ab und zu drehte einer von ihnen den Kopf, doch alles, was sie zu sehen bekamen, war der stählerne Blick der Wachen.
Als die Uhr sieben schlug, erschienen zwei Diener mit Essen auf silbernen Tabletts, und Charlie, der seit beinahe vierundvierzig Stunden nichts als einen Teller lauwarmer Blumenkohlsuppe gegessen hatte, reckte aufgeregt den Kopf. Doch offensichtlich war das Essen nicht für sie bestimmt, denn die Diener stellten die Tabletts vor den leeren Thron, während den Gefangenen lediglich der köstliche Duft der Speisen in die Nase stieg.
Dann betrat ein alter Bekannter den Saal: Felson, jene grimmige Bestie von einem Hund, die einmal von Bliecke gehört hatte. Er lief die Tafel entlang, und als er Jakes Geruch erkannte, begann er zu knurren.
»Lange nicht gesehen, du hässlicher Flohhaufen«, begrüÃte Jake ihn.
Felson fletschte die Zähne, doch als weitere Schritte sich näherten, zog er sich eilig zur nächsten Feuerstelle zurück, wo er sich zitternd hinkauerte.
Mina Schlitz betrat die Bibliothek. Sie ignorierte die Gefangenen und begutachtete stattdessen die Fenster und Feuerstellen, befühlte eine Stelle an der Unterseite der Tafel und inspizierte das Essen, das die Diener aufgetragen hatten. Anscheinend zufrieden mit dem Ergebnis ihrer Inspektion, ging sie zur Tür und nickte.
Eine unsichtbare Wache öffnete die Tür, und Prinz Zeldt schritt herein.
Jake hatte das Gefühl, als würde es mit einem Schlag eiskalt in der Bibliothek, als würde der Prinz eine spürbare Kälte ausstrahlen. Selbst Zeldt schien diese Kälte zu spüren, denn er zog seinen Fellmantel enger um sich und ging zu einem der Kamine, wo er mit der Spitze seines Stiefels eins der Scheite tiefer hinein in die Flammen schob, woraufhin das Feuer gleich ein Stück heller loderte. Als er sich umdrehte, hielt er ruckartig inne â sein Blick wanderte zu Topaz, und sein Mund verzog sich zu einem bösartigen Lächeln.
Topaz wiederum starrte ausdruckslos auf die Tafel, während Mina Schlitz die beiden aufmerksam beobachtete, ihre Schlange aus dem Gürtelkäfig nahm und zärtlich deren Unterkiefer streichelte.
Zeldt nahm auf seinem Thron Platz, breitete eine Serviette auf dem Schoà aus und ging ein paar Notizen durch, während einer der Diener ihm das Essen servierte.
Jake beobachtete angewidert, wie Zeldt genauso vornehm wie appetitlos sein Frühstück einnahm. Essen war für ihn nichts als ein notwendiges Ãbel, eine Einstellung, die zumindest zum Teil seine blasse, blutleere Erscheinung erklärte.
SchlieÃlich schob Zeldt den Teller beiseite und goss sich eine Tasse dünnen Jasmintee ein, nippte kurz mit spitzen Lippen daran, um die Tasse dann exakt in der Mitte des Untertellers abzustellen.
»Um zwei Uhr heute Nachmittag wird eine Sonnenfinsternis stattfinden«, sagte er mit so leiser Stimme, dass die Agenten nicht sicher waren, ob er mit ihnen gesprochen hatte. »Da ihr lediglich aus reinem Ãbermut diesen Zeitpunkt der Menschheitsgeschichte besucht, hege ich keinen Zweifel, dass euch diese Tatsache bisher entgangen ist«, erklärte er feierlich und nahm einen weiteren Schluck Tee. »Wobei ich zugeben muss, dass
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