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Jake Djones und die Huter der Zeit

Jake Djones und die Huter der Zeit

Titel: Jake Djones und die Huter der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dibben Damian
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Topaz. Doch was sie in den Augen der Gäste erblickten, war noch weitaus beunruhigender.
    Der Bankettsaal von Schloss Schwarzheim war ein großer, spärlich beleuchteter, kreisrunder Raum, in dem etwa ein Dutzend Kaminfeuer eine glühende Hitze verbreiteten. In der Mitte befand sich eine runde Tafel aus beinahe durchsichtigem Marmor. Wie ein Gespenst schien sie über dem steinernen Boden zu schweben. Die Menschen, die sich um diese Tafel versammelt hatten, waren beeindruckend – und sehr beängstigend.
    Prinz Zeldts Gäste waren das spätmittelalterliche Äquivalent einer Millionärsversammlung. Wie die Agenten der Gästeliste entnommen hatten, handelte es sich bei ihnen nicht um berühmte Persönlichkeiten oder Aristokraten, sondern um Männer und Frauen, deren selbst erwirtschafteter, immenser Reichtum ihnen große Macht verlieh. Unter ihnen befanden sich Getreide- und Viehhändler aus Osteuropa, Kohlebarone aus dem Baltikum, Holz- und Wachshändler aus Skandinavien, ein Salzhändler aus Kleinasien, ein Silberbaron aus Bayern und ein Elfenbeinhändler aus Afrika; des Weiteren mehrere Bankiers aus deutschen und italienischen Städten sowie Makler aus Amsterdam und Kopenhagen.
    Jake und Topaz wurden zwei leere Stühle auf der linken Seite zugewiesen. Sie setzten sich und versuchten, sich ihre Nervosität nicht anmerken zu lassen und das Auftreten der anderen Gäste zu imitieren.
    Jake ließ den Blick über das Meer von Gesichtern schweifen. Manche davon waren alt, andere erstaunlich jung und wieder andere mittleren Alters. Ein wenig fühlte er sich, als wäre er wieder in der Bibliothek der Gesichter. Einige der Gäste sahen beinahe aus, als wären sie achtbare Bürger, andere hatten finstere, vernarbte Gesichter und verschossen heimtückische Blicke. Es waren mehr Männer als Frauen im Saal, wobei Letztere zumeist wesentlich imposantere Erscheinungen waren als ihre männlichen Begleiter; so hatte Jake eine gebieterisch dreinblickende Dame mit afrikanischem Kopfschmuck gesehen, die gut und gern zwei Meter groß gewesen sein musste. Und alle strahlten sie dieselbe arrogante Machtbesessenheit aus, trugen Kleidung aus allerfeinstem Tuch, die teuersten Juwelen und die ausgesuchtesten Parfüms. Bestimmt wohnten sie allesamt in prächtigen Villen, ausgestattet mit den erlesensten Möbeln und emsigen Bediensteten.
    Noch nie im Leben hatte Jake sich so eingeschüchtert gefühlt. Zum zweiten Mal innerhalb von drei Tagen saß er an einer Tafel, an der sich eine außergewöhnliche Gruppe von Menschen zusammengefunden hatte. Das erste Mal war im Prunksaal von Mont Saint-Michel gewesen, die Gesellschaft dort absolut faszinierend, der Saal erfüllt von Leichtigkeit und angeregter Unterhaltung. Dies hier war das genaue Gegenteil: Der runde Bankettsaal glich einer dunklen Kammer, über die sich eine bösartige Stille gesenkt hatte.
    Jake erhaschte einen Seitenblick auf seinen Sitznachbarn. Er hatte einen kleinen Kopf und eine spitze Nase; die aufgedunsenen Hände auf dem Tisch verschränkt, starrte er stur ins Leere. Ein teures, lilafarbenes Wams schmiegte sich eng an seine schmalen Schultern.
    Dann ließ er den Blick durch den Raum schweifen, um seine Umgebung genauer zu inspizieren. Einer der vier noch leeren Stühle war etwas größer als die anderen, reicher verziert, und es war der einzige mit Armlehnen. Sie hatten die Form von Schlangen.
    In der Mitte der Tafel hielt eine kristallene Hand eine saphirblaue Kugel, die ein sanftes Licht verströmte und offensichtlich die Erde darstellen sollte. Vor jedem der Gäste stand ein Kristallkelch mit einer transparenten Flüssigkeit darin, daneben ein Kästchen aus Schildpatt. Keine Spur von einem bevorstehenden Abendessen.
    Die Doppeltür schwang auf, und zwei weitere Gäste traten ein: ein ältlicher Mann und seine junge, vornehme Frau. Ihre Gesichter waren rot und von Zornesfalten durchzogen, als hätten sie gerade gestritten. Mit schnellen Schritten, wobei der Mann leicht hinkte, durchquerten sie den Saal und nahmen ihre Plätze ein. Als Nächstes öffnete sich genau am anderen Ende eine kleine, unscheinbare Tür. Im Vergleich zu dem prunkvollen Haupteingang wirkte sie irgendwie fehl am Platz, wie eine Geheimtür für die Dienerschaft. Als Jake Mina Schlitz heraustreten sah, durchzuckte ihn ein kleiner Schauer.
    Mina ging einmal im Kreis um die Tafel

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