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Jakob der Reiche (German Edition)

Jakob der Reiche (German Edition)

Titel: Jakob der Reiche (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas R.P. Mielke
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rang innerlich noch eine Weile mit sich. Eigentlich hätte er gern Ulrichs Auftrag erfüllt und danach die Altarbilder von Stefan Lochner im turmlosen Dom zu Köln betrachtet – besonders jenes von Maria in einem Rosenhag, an das ihn das Gemälde von Caterina Cornaro so sehr erinnert hatte …
    »Solange der Erzbischof von Köln hier in Brühl seinen Palast hat, seid ihr sicher«, hatte der Bote noch gesagt. »Aber die frisch gebackene Freie Reichsstadt Köln muss man in diesen Wochen meiden wie die Pest.«
    Zwei der mitreisenden Welser boten an, allein in die Stadt zu reiten und sich umzuhören. Noch einmal fühlte Jakob den Wunsch, mit ihnen zu ziehen. Doch dann dachte er an Ulrich. Kein Fugger zog allein mit einem Welser los! Nicht einmal, um wunderschöne Altarbilder zu sehen!
    Die Welser kamen noch am selben Tag zurück. Sie bestätigten die Einschätzung des Boten. »Es riecht nach Blut und Aufstand«, sagten sie. »Und das ist Gift für jeden guten Handel!«
    Noch während des Abendessens beschlossen sie, am nächsten Tag über Aachen nach Lüttich weiterzuziehen, um von dort aus Antwerpen zu erreichen.
    Weder das enge Aachen mit seinen steilen Straßen, der Pfalz und dem eher klein wirkenden Dom Karls des Großen noch der Markt von Lüttich konnten Jakob in irgendeiner Weise beeindrucken. Schon Frankfurt war ihm viel kleiner und beileibe nicht so interessant vorgekommen, wie er zuvor gedacht hatte. Er freute sich auf Antwerpen, doch dann musste er feststellen, dass auch die Stadt an der Schelde außer einem mehrere Hundert Schritt langen Hafenkai mit Speichern und Lagerhäusern kaum etwas zu bieten hatte, das sich mit dem pulsierenden Leben, der Tradition und den Vergnügungen Venedigs messen konnte.
    Er blieb nur wenige Tage in der Fuggerschen Faktorei, ließ sich die Bücher zeigen, ordnete an, wie in Zukunft Rechnungen und Quittungen sortiert werden sollten, und verzichtete zunächst darauf, den niederländischen Gehilfen die doppelte Buchführung beizubringen.
    »Nur die Zahlen, die müsst ihr lernen«, ordnete er an. »Seit in Venedig mit diesen arabischen Zahlen gerechnet wird, lassen sich kaum noch Quittungen durch Wegschaben oder Hinzufügen einzelner Striche in den römischen Ziffern X und V verfälschen.«
    Er hatte sämtliche Gehilfen in der Faktorei an der Schelde versammelt. Die meisten der pausbäckigen Niederländer blickten staunend auf ihren jungen, eher asketisch wirkenden Prinzipal aus Augsburg. Hätte er eine Soutane oder eine ähnliche Bekleidung getragen, wäre er von ihnen ohne Widerspruch auch als Kurier des Papstes anerkannt worden. Nur seine klaren und knappen Anweisungen passten nicht zur Art der Prediger, die sie aus ihren Kirchen gewohnt waren.
    Am dritten Tag wollte er nach Brügge weiterreisen, um sich selbst anzusehen, wie die stolzen Bürger dort mit Anteilsscheinen und Waren handelten, die sie noch nicht begutachtet hatten. Noch während er packen ließ, erschien ein Bote mit einer Einladung zu einem Herrenessen im Rathaus. Es war nur eine kleine Gesellschaft, bestehend aus dem Bürgermeister von Antwerpen, dem Stadtschreiber, einigen Ratsherren und Kaufleuten aus Bremen, Lemgo und verschiedenen Hansestädten an der Ostsee. Nach dem ersten Schluck Bier wurden die Anwesenden vom Bürgermeister einander vorgestellt.
    »Und ganz besonders begrüße ich den jüngsten meiner heutigen Gäste«, sagte er freundlich zu Jakob, »den hoffnungsvollen Jakob, mit dessen Bruder Ulrich oder sogar schon seinem Vater Jakob manch eines der hier vertretenen Handelshäuser in den vergangenen Jahrzehnten gute Geschäfte gemacht hat.«
    Nach der Begrüßung nahmen sie an der nicht allzu üppig gedeckten Tafel Platz. Sie saßen auf gepolsterten Stühlen mit hohen, kostbar geschnitzten Lehnen in einem kleinen Saal mit schwarzen, an den Kanten vergoldeten Deckenbalken. Überall an den gekalkten Wänden zwischen den bleiverglasten Fenstern hingen bunte Wimpel und Wappen der verschiedenen Handelshäuser. In diesem Raum traf man sich nicht, um Politik zu machen und förmliche Verträge abzuschließen, sondern um die leisen Vereinbarungen zu treffen, bei denen ein langsames Kopfsenken Zustimmung und über dem Humpen geschürzte Lippen Ablehnung bedeuten konnten. In gewisser Weise erinnerte Jakob diese Versammlung von Männern, die sich tagsüber bei den Speichern am Hafen als erbitterte Konkurrenten zeigten, an die nützlichen Zusammenkünfte der Kaufleute, wie er sie in den Palazzi Venedigs

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