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James, Henry

James, Henry

Titel: James, Henry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benvolio
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Beeindruckendes.
    Benvolio verbrachte eine Menge Zeit im Haus dieser Dame; kaum einmal verlangte es ihn nach besserer Unterhaltung. Ich sprach eben von Abgeschiedenheit; doch Abgeschiedenheit fand er dort nicht und wollte sie auch gar nicht finden. Er ging dorthin, wenn er mit dem geringsten Aufwand erfahren wollte, was in der Welt vorging, denn die Gespräche der Leute, die die Gräfin für gewöhnlich um sich scharte, gaben in gedrängter Form den Klatsch, die Gerüchte, die Anliegen, die Hoffnungen und Ängste der feinen Gesellschaft wieder. Sie war eine äußerst großzügige Gastgeberin; alles, was sie verlangte, war, unterhalten zu werden; trug man zum gemeinsamen Fundus an Amüsement, an Gesprächsstoff bei, so war man ihr ein willkommener Gast. Früher oder später begegnete man unter den Gästen allen, die über Einfluss verfügten. Man traf oberflächliche Menschen und weise Menschen, Menschen, deren Vermögen
sich in ihren Taschen, und Menschen, deren Vermögen sich in ihren Köpfen befand; Menschen, die großen Anteil an öffentlichen Angelegenheiten nahmen, und Menschen, die einzig und allein der Sitz ihrer Kleidung oder die Wirkung beschäftigte, die die Nennung ihres Namens auf andere hatte. Benvolio mit seiner Vorliebe für große, abwechslungsreiche gesellschaftliche Spektakel schätzte all das; doch im Allgemeinen war es ihm am liebsten, wenn er die Gräfin allein antraf. Dieses Glück hatte er oft, aus dem einfachen Grund, weil die Gräfin stets alle anderen Besucher abweisen ließ, wenn sie ihn erwartete. Dies beantwortet beinahe schon Ihre Frage, ob Benvolios Werben von Erfolg gekrönt war. Doch genaugenommen gab es bisher gar kein Werben; Benvolio hatte der Gräfin nie den Hof gemacht. Das klingt sehr seltsam, ist aber dennoch wahr. Er war in sie verliebt; er hielt sie für das bezauberndste Geschöpf, das man sich vorstellen konnte; er verbrachte, dank ihrer eigenen Anordnungen, Stunden mit ihr allein; er hatte Gelegenheit gehabt – reichlich Gelegenheit gehabt –, und doch hat er nie jene Worte zu ihr gesagt, die so natürlich erschienen wären:«Teure Gräfin, ich flehe Sie an, werden Sie meine Frau.»Sollte Sie das überraschen, so
darf ich Ihnen anvertrauen, dass es auch die Gräfin überraschte, und unter den gegebenen Umständen wurde aus Überraschung sehr schnell Missfallen. Es steht keineswegs fest, dass, hätte Benvolio die kurze Rede gehalten, die wir uns eben vorgestellt haben, die Gräfin in seine Arme gesunken wäre, eine entsprechende Leidenschaft eingestanden und mit den Hochzeitsglocken das finis 4 unserer Geschichte eingeläutet hätte. Dennoch erwartete sie, dass er ihr höflichkeitshalber dieses größte Kompliment machte. Ihre Antwort mochte ausfallen, wie sie wollte; sein Schweigen aber war eine fortwährende Kränkung. So gut wie jeder Mann hatte schon um die Hand der Gräfin angehalten, und allen hatte sie gesagt, sie fühle sich sehr geehrt, doch habe sie nicht daran gedacht, sich zu verändern. Jetzt aber, bei diesem Mann, der sie nicht fragte, dachte sie ständig daran, und dass Benvolio ihr keinen Antrag machte, beherrschte ihre Gedanken mehr, brachte sie mehr ins Grübeln als all die Anträge ihrer anderen Freier. Tatsächlich mochte sie Benvolio außerordentlich gern, und seine Unabhängigkeit kam ihm sehr zustatten. Die Gräfin besaß eine äußerst lebhafte Phantasie und hatte rasch das Ausmaß der Verdienste des jungen Mannes überschlagen. Sie war von Natur
aus ein wenig kühl; sie verlor kaum einmal den Kopf; sie überlegte jeden Schritt, den sie tat; sie hatte an einigen wenigen Männern Gefallen gefunden und war das eine oder andere Mal in Leidenschaft entbrannt, im Großen und Ganzen aber hatte sie viel mehr über Liebe nachgedacht als Liebe empfunden. Sie hatte oft versucht, sich ein Bild von der Art von Mann zu machen, den zu lieben gut für sie wäre – so drückte sie selbst es aus. Sie war damit nicht besonders erfolgreich gewesen, und ihrer Phantasie waren nie Flügel gewachsen bis zu jenem Tag, an dem sie Benvolio kennenlernte. Damals glaubte sie, ihre Suche sei beendet – der Richtige gefunden. Dieser geistvolle, feurige Mann mit den unergründlichen Augen schien ihr die harmonische Ergänzung zu ihrer eigenen oberflächlichen Persönlichkeit. Zu dieser Überzeugung gelangte die Gräfin dank eines feinen Gespürs für die Eigenart eines Menschen, das analysieren zu wollen vergebliche Mühe wäre; er war anders als sie und als alle Männer, die

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