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Jamey. Das Kind, das zuviel wußte

Jamey. Das Kind, das zuviel wußte

Titel: Jamey. Das Kind, das zuviel wußte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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so.«
    »Skagg hat ein Buch beschrieben, das so aussieht wie das in der Verwerflichen Tat «, sagte ich. »Wenn ich genauer darüber nachdenke, passte es nicht zu den anderen Teilen der Skulptur. Alles war dort verkleinert, das Buch hatte jedoch normale Größe. Die Proportionen passten nicht. Im Übrigen sah es eher wie ein sehr altes Tagebuch aus als wie das eines Teenagers. Gary hatte in lavendelfarbener Schrift Tagebuch darauf geschrieben, aber das wirkte so schluderig, gar nicht seine Art. Er ist zwanghaft genau, Milo. In all den anderen Details bemühte er sich um äußerste Präzision.«
    Über uns war ein Falke aus den dunkler werdenden Hügeln hinaufgef logen und zog seine Kreise. Milo blickte nach oben und beobachtete seinen Flug.
    »Ich weiß«, sagte ich, »in dieser Welt gibt es tausende schwarzer Tagebücher. Aber ein gläserner Canyon spielt in Jameys halluzinativen Phasen eine große Rolle. Er benutzte diesen Ausdruck, als er mich nachts anrief, das bedeutet, dass er diese Gegend kennt. Natürlich könntest du dieses Argument leicht wegwischen, weil er geisteskrank ist. Viele Experten, Mainwaring eingeschlossen, geben nicht viel darauf, was psychisch Kranke erzählen. Aber Radovic wurde hier draußen ermordet. Ist das vielleicht ein Zufall?«
    Milo fuhr sich mit der Hand über das Gesicht, zog eine Grimasse und räusperte sich.
    »Lass uns das Ganze noch mal kurz nachvollziehen«, antwortete er dann. »Vor langer Zeit pflegte der alte Cadmus, hier heraufzufahren, zu dem gläsernen Canyon, um Gedichte in ein schwarzes Tagebuch zu schreiben. Vierzig Jahre später ersticht sein Enkel, der scharf auf Gedichte ist und über einen gläsernen Canyon halluziniert, seinen Freund und einen Strichjungen und entpuppt sich als Massenmörder. Der Leibwächter des ermordeten Freundes kauft eine verrückte Skulptur, um an das schwarze Tagebuch heranzukommen, versucht, damit zwei Motorradfans zu erpressen, und wird deswegen von ihnen niedergemetzelt.«
    Er sah mich an.
    »Willst du dir den Kopf noch weiter zerbrechen?«
    Er ging hinüber zu seinem Matador, stieg ein und schloss die Tür hinter sich. Ich beobachtete, wie er zum Funktelefon griff, einige Minuten hineinsprach, nickte, sich wiederholt das Haar aus der Stirn strich, auflegte und wie er schließlich geistesabwesend aus dem Auto kletterte.
    »Die Pacific Division hat gerade mit der Durchsuchung von Radovics Boot begonnen. Es sind vorher schon welche da gewesen und haben es durchgefilzt. Schusswaffen, Messer und ein Bündel Banknoten, das er im Ruderkasten versteckt hatte, haben sie nicht angerührt. Ebenso wenig eine Bohrmaschine, einen Stapel Spielmarken, Staub und die Überreste der Skulptur - der Kollege, mit dem ich telefonierte, ist von der Harakiri-Szene sehr angetan -, aber kein schwarzes Tagebuch. Wie Skaggs ausgesagt hat, ist zwischen Radovic und den Motorradfahrern nichts ausgetauscht worden; das allein überzeugt mich von gar nichts. Aber die Tatsache, dass jemand sich die Mühe gemacht hat, in Radovics Boot einzubrechen, bedeutet, dass man nach etwas sucht. Entweder haben sie es gefunden, oder Radovic hat es gut versteckt, und es ist noch da.«
    Ein kalter Wind kam plötzlich von Süden auf. Milo zog seine Krawatte enger, und wir beide knöpften unsere Jacketts zu. Der Himmel hatte sich schwarz gefärbt, mit Streifen aus tiefem Blau und Korallenrot. Der Falke, der wie ein dunkler Schatten wirkte, verschwand. Ringsherum herrschte eine urzeitliche Stille.
    »Ich kann mir alles schon richtig vorstellen«, sagte Milo. »Da drüben wird ein goldener Torbogen stehen, rechts davon ein Hamburgerrestaurant, Seite an Seite mit einem Souvenirladen, da kannst du närrische Postkarten und Plastikmodelle des Wasserkraftwerks kaufen. Wahrer Fortschritt.«
    Ich versetzte mich in seine Vorstellungswelt, sah vor mir hohe Betontürme anmaßend aus den flachen, stillen Hügeln emporragen, eine Fertigbaustadt, die mit ihrer Eintönigkeit die Abgeschiedenheit zerstören würde. Dann erinnerte ich mich an etwas, das Heather Cadmus mir erzählt hatte.
    »Milo, Jamey und Chancellor haben sich auf einer Abendgesellschaft kennen gelernt, die Dwight Cadmus für die Anleger eines Projekts der Cadmus Construction veranstaltete. Es ging um das ganz große Geschäft, Chancellor gehörte zu den Hauptbeteiligten. Es würde doch interessant sein, herauszubekommen, was das für ein Projekt war und in welcher Weise Chancellor involviert war, nicht wahr?«
    Seine Augen zeigten

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