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Jamey. Das Kind, das zuviel wußte

Jamey. Das Kind, das zuviel wußte

Titel: Jamey. Das Kind, das zuviel wußte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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gezeichnet, nicht mit weißer Kreide wie sonst üblich. An der Stelle, wo das Seil gehangen hatte, war ein dicker Strich gemalt worden. Zahllose Blutflecken waren auf dem Balken zu sehen.
    Obwohl es getrocknet war, bot all das Blut einen grauenhaften Anblick. Ich ging ein paar Schritte näher. Cash hielt mich am Arm fest.
    »Vorsicht, nichts berühren!« Er lächelte. Seine Brillengläser reflektierten das blendende Sonnenlicht. Der Arm duftete nach Parfüm. Ich wich zurück.
    Zur Loggia hin war das Atrium mit gläsernen Schiebetüren versehen. Die eine war einen Spalt weit geöffnet, aber es drang kein Lufthauch herein. Der Geruch von Harn und Metall hing in der Luft.
    »Es hat sich alles hier abgespielt, oder?«, fragte ich.
    »Weitgehend.«
    »Wurde das Haus geplündert?«
    »Ein wenig, aber das spielt keine Rolle.«
    »Fehlen wertvolle Gegenstände?«
    Er lächelte herablassend. »Das war doch kein Einbruch.«
    »Woher stammt das Seil?«
    »Von einem der Rettungsringe am Swimmingpool.«
    »Welche Art von Waffen wurde benutzt?«
    »Küchengeräte: Metzgermesser, ein Küchenbeil, ein Stück lila Seidenstoff lag mittendrin. Eine höllische Szenerie war das.«
    »Wurden den Toten viele Verletzungen beigebracht?«
    »Das kann man wohl sagen!«
    »Genau wie bei den anderen Lavendelmorden?«
    Zwischen Cashs dünnen Lippen wurden regelmäßige, aber nikotinverfärbte Zähne sichtbar.
    »Ich darf leider nicht mit Ihnen darüber reden.«
    Ich sah mir den Raum noch einmal genau an, blickte dann durch die Glastüren nach draußen. Auf der Wasseroberfläche des Beckens schwammen vertrocknete Blätter und Blüten von weißen Petunien mit braunem Rand. Irgendwo in der Nähe krähte ein Hahn. Cash nahm eine Zigarette aus dem Etui und zündete sie an. Das Streichholz ließ er lässig auf den Boden fallen.
    »Haben Sie jetzt genug gesehen?«, fragte er.
    Ich nickte.
    Wieder zu Hause, ging ich in den Garten hinunter, setzte mich auf einen von Polstern umgebenen Stein und fütterte die Fische im Teich. Das Geräusch der Fontäne versetzte mich in eine Art Trancezustand ähnlich dem, den Sarita Flowers bei den Konzentrationsübungen ihrer kleinen Patienten beobachtet, die den Lokomotiven zuschauen. Aber schon bald riss mich der Klang von Stimmen heraus. Offenbar befanden sich Leute vor der Haustür.
    Ich ging zur Terrasse hinauf, so weit, dass ich sie sehen konnte, ohne selbst bemerkt zu werden. Dort stand Milo mit einem anderen Mann in angeregtem Gespräch. Ich konnte nicht hören, was sie sagten, aber an ihrer Gestik und ihren Blicken erkannte ich, dass es keine gemütliche Plauderei war.
    Der Mann war etwa Anfang vierzig, tiefbraun, mittelgroß und untersetzt. Er trug Edeljeans und eine schwarz glänzende Windjacke über einem fleischfarbenen T-Shirt, das normaler Haut täuschend ähnlich sah. Sein festes dunkles Haar war militärisch kurz geschnitten. Zwei Drittel seines Gesichts waren von einem dichten Bart überwuchert, der am Kinn grau, sonst aber rot war. Der Mann sagte etwas, und Milo antwortete ihm. Daraufhin lächelte der Mann höhnisch und sagte wieder etwas. Dann fasste er in seine Jackentasche, aber Milo reagierte blitzschnell. Im Bruchteil einer Sekunde lag der Mann bäuchlings am Boden, Milos Knie auf dem Rücken. Milo riss ihm die Arme nach hinten, fesselte ihn und stieß ihn nach unten. Er stand auf, ein großes Messer und eine Pistole in der Hand. Milo hob die Waffen hoch und sagte etwas. Der Mann bog seinen Rücken nach hinten, hob den Kopf und lachte. Er hatte sich bei seinem Sturz die Lippen verletzt, und sein Mund blutete.
    Ich ging vorsichtig rückwärts durch den Garten von hinten ins Haus und von dort durch die Haustür nach vorne. Der Mann am Boden lachte immer noch, und als er mich erblickte, lachte er noch lauter.
    »Ach, Dr. Delaware! Sehen Sie sich mal an, was für ein brutaler Bulle da steht!«
    Sein Bart war blutgetränkt, beim Sprechen kamen aus seinem Mund Blut und Speichel in Form eines rosafarbenen Schaums. Er drehte sich mühsam nach hinten, sah Milo an und sagte höhnisch:
    »Wie kann man nur so wütend sein?«
    Milo achtete nicht auf ihn.
    »Eine Beretta 926«, sagte er und betrachtete die Waffe. »Sechzehn Schuss. Unterwegs zum Schützenfest, Ernie?«
    »Ist mein legaler Besitz, du Hurenbock.«
    Milo steckte die Waffen ein und zog seine.38er heraus. Er gab dem bärtigen Mann am Boden einen Tritt.
    »Bleib weg, Alex!«, rief er und stieß dem Mann seinen Colt in den Rücken.
    »Alex?« Der Mann

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