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Jammerhalde: Tannenbergs siebter Fall

Jammerhalde: Tannenbergs siebter Fall

Titel: Jammerhalde: Tannenbergs siebter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Franzinger
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›Spirit of History‹.«

15
    Sieht eigentlich so ähnlich aus wie dieser bescheuerte Pseudo-Kulturevent in Johanniskreuz, dachte Tannenberg, als die Jammerhalde in seinem Blickfeld auftauchte. »Spektakuläres literarisches Kunstprojekt«, klangen ihm plötzlich die Worte des Pfalztheater-Intendanten im Ohr. – Mensch, Goethe, sei ja froh, dass du diese Dekadenz nicht mehr miterleben musst!
    Das Szenario erinnerte tatsächlich ein wenig an eine Freilichtbühnen-Aufführung: Auf der linken, hangzugewandten Seite des Forstweges hielten sich etwa zehn martialisch gekleidete und mit Maschinenpistolen bewaffnete Beamte eines Sondereinsatzkommandos vor ihrem Mannschaftsbus auf. Ungefähr fünfzig Meter davon entfernt parkten drei Streifenwagen, deren Besatzungen ebenfalls vor ihren Autos standen. – Das waren die Komparsen dieser Theaterinszenierung.
    Den zwischen den beiden Polizistengruppen befindlichen Waldweg hatte Wolfram Tannenberg zum Aufführungsort auserkoren. Die meisten der Hauptdarsteller waren bereits auf der staubigen Waldbühne eingetroffen: Dr. Schönthaler und Mertel lehnten am Gedenkstein, Sabrina und Michael saßen ihnen direkt gegenüber auf der anderen Seite des Weges auf einem Langholzstamm.
    Von Beamten aus allen vier Himmelsrichtungen eingerahmt, standen Konrad Cambeis und Manfred Kreilinger genau im Zentrum dieser Openair-Bühne. Sie sprachen flüsternd miteinander, während sie der an den Händen gefesselte Alexander Fritsche schweigend und mit hängendem Kopf umkreiste.
    Nachdem Tannenberg sein feuerrotes Cabrio abgestellt hatte, betrat er gemeinsam mit seinen beiden Begleitern die Freilichtbühne. Winfried Klemens und Dr. Weißmann gesellten sich umgehend zu ihrem Vereinskollegen Cambeis, während Kreilinger sich sogleich wie ein Kampfhahn vor dem Leiter des K 1 aufbaute.
    Die Arme in die Hüften gestützt, stieß er ein hämisches Lachen aus und tönte lauthals: »Herr Hauptkommissar ist Ihnen eigentlich bewusst, dass ich mich hier an diesem Ort völlig illegal aufhalte?«
    »Bitte?«, fragte sein Gegenüber mit gekrauster Stirn.
    »Haben Sie etwa schon vergessen, dass Sie mir vor ein paar Tagen ein Platzverbot erteilt haben? Und zwar im Umkreis von 200 Metern um die Jammerhalde – und das mitten in meinem eigenen Revier«, echauffierte sich Kreilinger. Er war derart außer sich, dass sein Kopf rot anlief und die Halsschlagadern wie dicke Würmer hervorquollen.
    »Nein, das hab ich natürlich nicht vergessen«, antwortete Tannenberg so beherrscht wie möglich. Um dem Förster dabei nicht in dieser kurzen Distanz ins Gesicht blicken zu müssen, wandte er sich um, schritt auf das Ermittler-Ehepaar zu und zwinkerte den beiden verschwörerisch zu.
    Obwohl er Kreilinger nicht ausstehen konnte, verdrängte er seine tiefsitzende Aversion gegenüber diesem grobschlächtigen, aggressiven Menschen. Wolfram Tannenberg hatte ein wichtiges Ziel vor Augen. Und um dieses Ziel zu erreichen, war er zu allem bereit, selbst zu einer Kommunikation mit seinem Erzfeind.
    Er drehte sich wieder der Männergruppe zu, sondierte sie mit einem prüfenden Blick. »Wenn ich richtig informiert bin, kennen die Herrschaften sich ja alle untereinander. Deswegen denke ich, müssen Sie sich nicht gegenseitig vorstellen.« Er schob die Brauen zusammen. »Oder täusche ich mich da etwa?«
    Keine Antwort, dafür aber skeptische, auch feindselige Blicke. Die Atmosphäre knisterte förmlich.
    Tannenberg fuhr fort: »Herr Fritsche, kennen Sie eigentlich diese Herren?«
    Der mit einer beigen Leinenhose und einem dunkelblauen T-Shirt bekleidete, schlaksige Mann blieb stehen. Langsam hob er den Kopf und schaute den Kriminalbeamten mit geröteten, glasigen Augen an.
    »Ja«, gab er einsilbig zurück. Dann wanderte sein deprimierter Blick wieder hinunter in Richtung der mit einer rötlichen Staubschicht überzogenen Sportschuhe. Als sein Blick dabei die silbernen Handfesseln streifte, seufzte er leidend auf.
    Der Leiter des K 1 zupfte an seinem linken Ohrläppchen, dann räusperte er sich und sagte: »Richtig, Sie gehören schließlich auch zu diesem historischen Verein.«
    »Er war aber nur ein paarmal bei unseren Treffen anwesend. Und das lediglich als Gast«, erklärte der Leiter des Pfalzinstituts. Nachdem er tief Luft geholt hatte, ergänzte er mit anschwellender Stimme: »Ich möchte klarstellen, dass er kein Mitglied unseres historischen Vereins ist und somit auch nicht zu uns gehört – in keinster Weise!«
    Tannenberg

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