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Jan Fabel 02 - Wolfsfährte

Jan Fabel 02 - Wolfsfährte

Titel: Jan Fabel 02 - Wolfsfährte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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sie wusste, was dort war. Ihre Narbe. Das Zeichen, das er hinterlassen hatte, als er ihr die Klinge in den Bauch stieß.
    Sie zuckte kaum merklich zusammen, als an die Tür geklopft wurde. Dann seufzte sie irritiert. Oskar. Hatte er die Anspielung etwa nicht verstanden? Sie legte die Türkette vor,bevor sie den Griff niederdrückte. Fast fühlte sie sich enttäuscht, als sie sah, dass es nicht Oskar war, der draußen stand. Sie koppelte die Kette ab und hielt die Tür weit auf, um Anna Wolff und Henk Hermann einzulassen.
    »Was gibt’s?«, fragte sie, doch sie griff bereits nach der Schrankschublade neben der Tür, wo sie ihre Dienstpistole, eine Sig-Sauer, aufbewahrte.
    »Unser gebildeter Freund ist wieder aktiv gewesen. Wir haben ein männliches Opfer. Diesmal im Sternschanzenpark… unter dem Wasserturm.«
    »Habt ihr Fabel benachrichtigt?«
    »Ja, aber er ist in Ostfriesland. Er hat mir gesagt, dass ich dich sofort zum Tatort bringen soll, damit die Ermittlungen eingeleitet werden können. Er ist bereits zurück auf dem Weg nach Hamburg und trifft uns später im Präsidium.« Anna lächelte, als Maria, ihre Sig-Sauer in der einen Hand, an ihrem schwarzen Abendkleid hinunterschaute, als überlege sie, wo sie das Halfter anbringen konnte. »Hübsches Kleid. Wir warten, bis du dich umgezogen hast.«
    Maria lächelte dankend und ging in Richtung ihres Schlafzimmers.
    »Oh, noch etwas«, sagte Anna. »Etwas besonders Feines… Der Scheißkerl hat ihm die Augen ausgedrückt.«
    Die Schutzpolizei und das Spurensicherungsteam hatten bereits fünfzig Meter vom Tatort entfernt weiße Schirme aufgestellt. Die Leiche selbst war durch einen zweiten Absperrungsring geschützt. Die Szene war durch Scheinwerfer erhellt, und der mobile Generator, mit dem sie betrieben wurden, summte im Hintergrund. Um den Sternschanzenpark rangelten sich die jungen, ehrgeizigen Familien, die in die zunehmend beliebte Gegend zogen, mit den Drogenhändlern und Junkies, die den Park nach Einbruch der Dunkelheit heimsuchten. Heute Abend ragten die von den Scheinwerfern angestrahltenBäume drohend über die Szene, und hinter ihnen erhob sich der aus roten Ziegeln erbaute Wasserturm in den Nachthimmel.
    Dieser Leichenfundort war, wie Maria feststellte, fast identisch mit dem des letzten Mordes: Laura von Klosterstadt war im Winterhuder Stadtpark im Schatten des Planetariums gefunden worden, das ursprünglich ebenfalls ein Wasserturm gewesen war. Der Mörder versuchte offenbar, ihnen etwas mitzuteilen. Maria verfluchte die Tatsache, dass sie nicht Fabels Fähigkeit besaß, die verdrehten Hinweise von Psychopathen zu deuten.
    Der Dienst habende Leiter des Spurensicherungsteams war diesmal nicht Brauner, sondern ein jüngerer Mann, den sie nicht kannte. Maria verdrängte den Gedanken, dass dies ein Abend für Stellvertreter war. Als sie den abgesperrten Ereignisort betrat – die Hände in Latexhandschuhen und die Füße in Überschuhen –, tauschte sie ein geschäftsmäßiges Nicken mit dem Leiter des Spurensicherungsteams aus, und er stellte sich als Grueber vor. Er trug eine Brille, hinter der große, dunkle Augen funkelten. Sein fast noch jungenhaftes Gesicht war bleich, und sein dunkles Haar hing ihm nachlässig in die hohe, breite Stirn. Maria taufte ihn insgeheim »Harry Potter«.
    In der Mitte des gesicherten Fundorts lag ein Mann, der von einem Leichenbestatter hätte aufgebahrt sein können. Er trug einen hellgrauen Anzug, ein weißes Hemd und eine goldfarbene Krawatte. Seine Hände waren über der Brust gefaltet, und zwischen ihnen hatte jemand eine blonde Locke hinterlassen, genau wie die Rose, die in Laura von Klosterstadts Händen gefunden worden war. Unter den gefalteten Händen konnte Maria einen dunkelroten Fleck auf dem weißen Hemd erkennen.
    Die Augen waren verschwunden. Die gequetschten Lider hingen in die Höhlen hinein und bedeckten sie nicht ganz. Blut hatte sich dort verkrustet, wo die Augen gewesen waren.Es war weniger Blut, als Maria erwartet hatte. Ihr Blick fiel immer wieder auf das augenlose Gesicht. Es war, als wäre mit den Augen auch die Menschlichkeit entfernt worden. Selbst wenn die Leiche mit geschlossenen Augen dagelegen hätte, wäre ihr etwas Menschliches geblieben.
    »Erschossen?«, fragte sie Grueber und zeigte auf den Blutfleck unter den Händen. Es gab keine anderen offensichtlichen Wunden an dem Körper, die auf einen Kampf oder eine Messerstecherei hingedeutet hätten.
    »Das habe ich noch nicht untersucht«,

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