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Jan Fabel 02 - Wolfsfährte

Jan Fabel 02 - Wolfsfährte

Titel: Jan Fabel 02 - Wolfsfährte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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Schwester nie sehr nahe. Laura war immer distanziert. Schwierig.« Fabel setzte eine ausdruckslose Miene auf. Es lag auf der Hand, wer das Lieblingskind der Familie gewesen war. Er erinnerte sich an die Verachtung, mit der Heinz Schnauber über Hubert gesprochen hatte. Zwei Dinge waren ihm jetzt klar: Heinz Schnauber war wirklich der Einzige gewesen, den Laura als Familienangehörigen hätte bezeichnen können; und dieses Gespräch würde keine Früchte tragen. Der Grund war, dass Fabel seine Fragen ein weiteres Mal lediglich einer Bekannten, nicht einer Mutter stellte.
    Er betrachtete Margarethe von Klosterstadt: Sie war elegant, von klassischer Schönheit und eine jener Frauen, deren Alter ihre Sinnlichkeit nur zu verstärken schien. Im Geiste beschwor er das Bild Ulrike Schmidts herauf, der früh gealterten Gelegenheitsprostituierten und Drogensüchtigen, deren Haut und Haar matt geworden waren. Die beiden Frauen waren so verschieden, dass sie nicht zur selben Gattung zu gehören schienen. Aber eines verband sie: ihre umfassende Unwissenheit über die eigene Tochter.
    Etwas Trübes und Schweres zerrte an Fabel, als er zu seinem Auto zurückkehrte – eine bleierne, finstere Trauer. Er warf einen Blick auf das mächtige, makellose Haus und dachte an ein kleines Mädchen, das dort aufgewachsen war. Isoliert. Abgetrennt von jeder wirklichen familiären Geborgenheit. Er dachte daran, wie sie diesem goldenen Käfig entflohen war, nur um sich hoch oben über dem Elbstrand von Blankenese einen eigenen Käfig zu bauen.
    Fabel musste zugeben, dass der Mörder keine bessere Wahl für seine Märchenprinzessin hätte treffen können. Und er war nun überzeugt davon, dass der Täter irgendwann zuvor Kontakt mit seinem Opfer gehabt haben musste.

46.
    Hamburg-Ottensen, Montag, den 19. April, 13.15 Uhr
    Fabel hatte Maria beauftragt, die Frau des letzten Opfers, Bernd Ungerer, zu befragen. Sie würde sich immer noch als seine Frau, nicht als seine Witwe fühlen. Maria wusste, dass sie jemandem begegnen würde, dessen Kummer so sehr schmerzte wie verbranntes Fleisch und der darum rang, sich mit einer neuen, absurden, doch dauerhaften Realität abzufinden.
    Ingrid Ungerers Augen waren durch die Tränen gerötet, die sie vor Marias Eintreffen vergossen hatte. Aber da war noch etwas anderes. Eine Bitterkeit. Sie führte Maria ins Wohnzimmer. Die beiden waren allein, doch die Oberkommissarin hörte gedämpfte Stimmen aus der oberen Etage.
    »Meine Schwester«, erklärte Ingrid. »Sie hilft mir mit den Kindern. Bitte, nehmen Sie Platz.«
    Eine Regalkombination aus Kiefernholz deckte eine Wand ab. Sie war mit der üblichen unsystematischen Mischung aus Büchern, CD s, Ziergegenständen und Fotos gefüllt, die sich typischerweise in einer Familie ansammeln. Maria bemerkte,dass die meisten Fotos Ingrid und einen Mann zeigten, den sie für Bernd hielt. Allerdings sah sein Haar grauer aus als das des toten Mannes, der im Park gefunden worden war. Und im Unterschied zu der Leiche im Park hatte der Mann auf dem Bild Augen, mit denen er in die Kamera schaute. Auf allen Fotos waren zwei Jungen, die das dunkle Haar und die dunklen Augen ihrer Mutter geerbt hatten. Wie Familien es auf solchen Bildern immer tun, sahen alle glücklich aus. Bernd Ungerers Gesicht strahlte in die Kamera, und er schien ungemein glücklich zu sein. Zufrieden. Auch Ingrids Lächeln wirkte natürlich und entspannt, aber als Maria die vor ihr sitzende Frau ansah, merkte sie, dass Glück etwas Fremdes für Ingrid Ungerer sein würde. Und das schien seit einiger Zeit der Fall zu sein.
    »Wann werde ich ihn sehen können?« Ingrid Ungerers Gesicht ließ eine erzwungene, dumpfe Fassung erkennen.
    »Frau Ungerer…« Maria beugte sich in ihrem Sessel vor. »Ich muss Sie warnen, dass Ihr Mann gewisse… Verletzungen davongetragen hat, die Sie beunruhigen könnten. Ich glaube, es wäre am besten…«
    »Was für Verletzungen?«, unterbrach Ingrid. »Wie wurde er getötet?«
    »Soweit wir ermittelt haben, wurde Ihr Mann erstochen.« Maria zögerte. »Hören Sie, Frau Ungerer, die Person, die Ihren Mann ermordet hat, ist offensichtlich geistesgestört. Ich muss Ihnen mitteilen, dass sie die Augen Ihres Mannes entfernt hat. Das ist furchtbar, ich weiß.«
    Ingrid Ungerers Miene blieb gefasst, doch Maria bemerkte ein Zittern beim Sprechen. »War es der Ehemann irgendeiner Frau? Oder ein Freund?«
    »Ich verstehe leider nicht, was Sie meinen, Frau Ungerer.«
    »Wurde mein Mann mit

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