Jan Fabel 02 - Wolfsfährte
Rücken und legte ihm Handschellen an.
»Alles okay?« Fabel legte sanft einen Arm um Marias Schultern und schob sie von Olsen weg.
Maria lächelte breit und herzlich. »Ja, Chef. Mir geht’s prächtig. Wirklich.«
Fabel drückte ihre Schulter. »Gute Arbeit, Maria. Vorzügliche Arbeit.« Als Henk Hermann Olsen wieder auf den Rücken rollte, sah Fabel die Platzwunde in seinem Gesicht.
»Er ist hingefallen, Chef«, sagte Maria und versuchte, ein Grinsen zu unterdrücken.
Mittlerweile waren auch Werner und die MEK -Mitglieder eingetroffen. Werner schaute hinunter auf Olsens ramponiertes Gesicht und berührte den Verband an seinem eigenen Kopf. Er grinste Maria an. »Saugeil!«
49.
Polizeipräsidium Hamburg, Dienstag, den 20. April, 18 Uhr
Manche Dinge sind bei der Polizeiarbeit vorhersehbar. Dazu gehörte Olsens Weigerung, ohne Beisein eines Anwalts den Mund aufzumachen. Er war ins Krankenhaus gebracht worden, um seine Platzwunde nähen zu lassen. Fabel hatte ihn darauf hingewiesen, dass er sich die Verletzungen selbst zuzuschreiben habe und das Einlegen einer Beschwerde kaum Erfolg haben werde. Olsen hatte bitter gelacht. »Wie die Dame gesagt hat, ich bin hingefallen.«
Nicht zu erwarten war, dass Olsens Anwalt nach einem zwanzigminütigen Gespräch mit seinem Mandanten erklärte, Olsen wolle uneingeschränkt mit der Polizei kooperieren. Er habe einige äußerst wichtige Informationen.
Bevor Fabel das Verhör begann, rief er seine führenden Mitarbeiter zusammen. Anna Wolff, mit stacheligem Haar und roten Lippen, trug wie immer ihre Lederjacke und ihre Jeans, aber ihr verletztes Bein bereitete ihr offensichtlich noch Beschwerden. Werner saß an seinem Schreibtisch, und der Bluterguss unter seinem weißen Kopfverband schimmerte bunt. Maria lehnte sich mit ihrer üblichen eleganten Gelassenheit an ihren Schreibtisch, doch ihr grauer Hosenanzug war abgeschabt und wies Risse auf. Im Krankenhaus hatte man ihre rechte Hand bis über das Gelenk eingebunden.
»Was ist los, Chef?«, fragte Anna.
Fabel grinste. »Einer von euch muss Olsen zusammen mit mir vernehmen… Ich habe mir gerade überlegt, wer von euch die besten Aussichten hat, nicht vom Stuhl zu fallen und sich etwas zu brechen.«
»Ich mache das«, sagte Maria.
»Möglicherweise wird sich Olsen offener gegenüber jemandem äußern, zu dem er keine derart physische Beziehung hat.«
»Also komme ich nicht in Frage«, meinte Werner bekümmert.
»Anna?« Fabel nickte in Richtung von Kommissarin Wolff.
»Mit Vergnügen.«
Olsen saß Anna und Fabel mürrisch gegenüber. Der Anwalt war ein Pflichtverteidiger: ein kleiner, mausähnlicher Mann. Zu allem Überfluss trug er auch noch einen faden grauen Anzug, der die Bleichheit seiner Haut betonte. Neben dem riesigen Olsen schien er einer ganz anderen Spezies zu entstammen. Olsens Gesicht wies einige Abschürfungen und Blutergüsse auf, besonders im Umfeld der genähten Platzwunde.
Der mausähnliche Mann ergriff als Erster das Wort. »Herr Kriminalhauptkommissar, ich habe die Möglichkeit gehabt, mich mit Herrn Olsen hinreichend über die Angelegenheit zu unterhalten, in der Sie ihn befragen wollen. Lassen Sie mich gleich zur Sache kommen. Mein Mandant hat weder den Mord an Laura von Klosterstadt noch an jemand anderem begangen. Er gibt zu, die Flucht ergriffen zu haben, als er der Polizei für die Ermittlung wesentliche Auskünfte hätte geben sollen, aber wie deutlich werden wird, hatte er gute Gründe zu befürchten, dass man seine Darstellung nicht für glaubhaft halten würde. Außerdem gibt er zu, Kriminaloberkommissar Meyer und Kriminaloberkommissarin Klee während der Ausübung ihrer Pflichten angegriffen zu haben. Aber hier bitten wir um etwas Nachsicht, da Herr Olsen auf eine Beschwerde über das, sagen wir, enthusiastische Vorgehen von Frau Klee bei seiner Verhaftung verzichtet.«
»Das war’s?«, schnaubte Anna. »Drei Polizeibeamte sind bei dem Versuch verletzt worden, diesen Riesenklotz hier zu schnappen. Wir haben zweifelsfreie forensische Beweise für seine Anwesenheit am Tatort des Doppelmordes, dazu persönliche Erfahrungen mit seinem krankhaften Temperament gesammelt… Und Sie erwarten ernsthaft, dass wir mit Ihnen verhandeln, weil er sich eine Schramme zugezogen hat, als er sich der Verhaftung mit Gewalt widersetzte und eine Beamtin mit dem Tod bedrohte?«
Olsens Anwalt schwieg und schaute Fabel flehend an.
»Na schön«, meinte Fabel. »Lassen Sie uns mal hören, was Sie zu sagen
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