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Jan Fabel 02 - Wolfsfährte

Jan Fabel 02 - Wolfsfährte

Titel: Jan Fabel 02 - Wolfsfährte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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wurde. Und die blöde Tussi hat nicht einmal das Herz, sie anständig beerdigen zu lassen, von Besuchen an ihrem Grab gar nicht zu reden.« Sie schüttelte ungläubig den Kopf. »Wenn ich an die Familie Ehlers denke, die sich seit drei langen Jahren quält, weil sie niemanden beerdigen kann und kein Grab hat, an dem sie trauern könnte… und dann an die kaltherzige Schlampe, der es scheißegal ist, was wir mit der Leiche ihrer Tochter machen.«
    »Egal, was wir von ihr denken, Anna, sie ist die Mutter eines ermordeten Kindes. Sie hat Martha nicht getötet, und wir können nicht einmal beweisen, dass ihre Vernachlässigung die Ursache für den Tod des Kindes ist. Deshalb müssen wir sie wie jede andere trauernde Mutter behandeln. Kapierst du das?«
    »Ja, Herr Hauptkommissar.« Sie stutzte. »In dem Kasseler Bericht heißt es, dass die Mutter ab und zu als Prostituierte gearbeitet hat. Meinst du, dass sie vielleicht zur Zuhälterin ihrereigenen Tochter geworden ist? Schließlich wissen wir, dass Martha sexuelle Partner hatte.«
    »Das bezweifle ich. Aus dem Bericht scheint mir nur hervorzugehen, dass sie, wie du sagst, gelegentlich als Prostituierte gearbeitet hat, um ihre Sucht zu finanzieren. Für etwas anderes wäre Frau Schmidt bestimmt nicht organisiert genug. Außerdem hast du ja gehört, wie sie von Martha gesprochen hat. Es bestand offensichtlich keine enge Beziehung, und ich habe den Eindruck, dass Mutter und Tochter ihre eigenen Wege gingen.«
    »Vielleicht war Martha besser organisiert«, sagte Anna. »Vielleicht hat sie eigene Geschäfte gemacht.«
    »Das ist nicht sehr wahrscheinlich. So etwas wird in keinem Bericht der Polizei oder des Sozialamts angedeutet. Sie brauchte keine Sucht zu finanzieren. Nein. Ich glaube, dass sie einfach versucht hat, ein so normaler Teenager zu sein, wie es ihre Herkunft zuließ.« Fabel schwieg einen Moment lang und dachte an seine eigene Tochter Gabi und daran, wie sehr Martha Schmidt ihn an sie erinnerte. Drei Mädchen ungefähr im selben Alter, die einander ähnelten: Martha Schmidt, Paula Ehlers und Gabi. Tief in seinem Innern schauderte es ihn bei dem Gedanken. Ein Universum unbegrenzter Möglichkeiten. »Lass uns ins Präsidium zurückkehren. Ich muss anschließend noch zu einer Bäckerei fahren.«

21.
    Hamburg-Bostelbek, Dienstag, den 23. März, 14.10 Uhr
    Das Wetter war umgeschlagen. Das Frühjahrsversprechen der Vorwoche, das sich noch an einem hellen Morgen bekräftigt hatte, wurde nun von der Trübheit des stürmischen Himmels verdrängt, der sich über Norddeutschland legte.
    Fabel wusste nicht genau, weshalb er von dem Betrieb überrascht war – vielleicht weil es sich um ein altes Familienunternehmen handelte und er Bäckereien immer mit traditionellem Handwerk in Verbindung gebracht hatte. Jedenfalls erstaunte es ihn, dass die Backstube Albertus in Wirklichkeit eine große Fabrik unweit der A 7 war. »Um die Zustellung zu erleichtern«, hatte Vera Schiller die Lage erklärt, während sie Fabel und Werner in ihr Büro führte. »Wir bedienen Konditoreien, Cafés und Restaurants in ganz Norddeutschland. Die Beziehungen zu unserer Kundschaft sind exzellent, und oft lassen wir wichtige Kunden von bewährten Angestellten persönlich beliefern. Wir haben eine eigene Zustellung, und unsere drei Wagen sind fast ständig im Einsatz.« Fabel war klar, dass Vera Schiller ihre Standardrede für Besucher abspulte, denn ihre Worte richteten sich an potenzielle Kunden, nicht speziell an Kripobeamte.
    Ihr Büro war geräumig, doch eher praktisch als luxuriös – eine ganz andere Umgebung als die Villa der Schillers mit ihrer klassischen Eleganz. Während Vera Schiller Platz nahm und Fabel und Werner aufforderte, sich ebenfalls zu setzen, stupste der Oberkommissar seinen Chef heimlich mit dem Ellbogen an und richtete den Blick auf einen zweiten Schreibtisch an der anderen Seite des Büros. Dort saß niemand, doch der Tisch war überhäuft mit Papieren und Broschüren. Auf einem Wandplan dahinter hatte jemand Termine und Orte festgehalten. Fabel wandte sich den Bruchteil einer Sekunde zu spät zu Vera Schiller um.
    »Ja, Herr Kriminalhauptkommissar«, sagte sie, »das ist Markus’ Schreibtisch. Bitte, nehmen Sie sich die Freiheit…« Sie suchte nach einem Wort. »…alles durchzusehen. Außerdem werde ich Sie unten mit Herrn Biedermeyer, unserem Bäckermeister, bekannt machen. Er kann Ihnen mehr über das andere Opfer mitteilen.«
    »Vielen Dank, Frau Schiller. Wir

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