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Jan Fabel 04 - Carneval

Titel: Jan Fabel 04 - Carneval Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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noch lange hier in der Wildnis bleiben. Es muss einen Grund dafür geben, dass Witrenko uns hier aufs Korn genommen hat. Entweder macht es ihm einfach Spaß, uns wie eine Herde Wildschweine zu jagen, oder er meint, dass wir eine zu große Bedrohung für ihn darstellen, wenn wir Deutschland erreichen …«
    »Wir werden nie nach Deutschland kommen«, sagte Belozerkowski trübsinnig.
    »Jedenfalls wird er uns hier nicht erwischen«, versicherte Olga. »Eher gucke ich zu, wie der Hurensohn abkratzt.«
    Buslenko lächelte und wandte sich an Belozerkowski. »Bist du bereit?«
    Belozerkowski hob bestätigend die Hand. Etwas am heller werdenden Himmel weckte seine Aufmerksamkeit. »In Deckung!«, brüllte er.
    12.

    Maria hatte geplant, bis zum späten Vormittag zu schlafen. Sie hatte das »Bitte-nicht-stören«-Schild an den Türgriff ihres Zimmers gehängt, sich aufs Bett geworfen und war fast sofort eingeschlummert. Als sie aufwachte, stellte sie fest, dass sie noch vollständig bekleidet war. Ihr Mund und ihre ungeputzten Zähne fühlten sich an, als seien sie von einer Beschichtung überzogen. Einen Moment lang konnte sie sich nicht entsinnen, was den ekelerregenden Schmerz in ihrer Brust verursachte. Dann stellte sich die überwältigende Erinnerung ein, dass sie auf das Auto geschossen und wahrscheinlich jemanden getötet hatte. Dies war eines der Verbrechen, die sie von Berufs wegen verhindern oder aufklären sollte. Vermutlich konnte sie vor Gericht plausibel darlegen, dass sie in Notwehr gehandelt hatte. Aber die Waffe war illegal, genau wie Marias Absicht: Sie hatte mit dem Wunsch in das Auto hineingefeuert, den Ukrainer zu töten. Damit hatte sie das Recht verwirkt, sich als Polizeibeamtin zu bezeichnen. Sie war eine Frau, die Selbstjustiz übte, nichts anderes.
    Maria trat ans Fenster und zog die Vorhänge zurück. Aus der gegenüberliegenden Wohnung drang kein Licht, denn die dortigen Vorhänge waren vor der Glastür, die auf die Dachterrasse führte, dicht geschlossen. Der Himmel schimmerte matt über den Kölner Dächern. Die Morgendämmerung hatte kaum begonnen, doch Maria wusste, dass sie nicht mehr schlafen konnte. Ausdruckslos schaute sie in das zunehmende Licht des Himmels, und es schien ihren Blick genauso ausdruckslos zu erwidern. Es war Zeit, sich auf den Weg zu machen.
    Sie zog sich aus, duschte und packte ihre Sachen. Dann ging sie hinunter zum Empfang und meldete sich ab. Das Hotel eignete sich gut für ihre Zwecke, doch sie hatte ihren eigenen Namen und ihre eigene Kreditkarte benutzt. Zudem war das Hotelpersonal recht überrascht über ihr neues Äußeres gewesen. Nun plante sie, sich in einem anderen Hotel in derselben Gegend einzuquartieren. Sie würde in bar bezahlen und nur für zwei Nächte dort bleiben. Danach konnte sie in die Wohnung ihrer Freundin ziehen, die inzwischen in Japan arbeitete.
    Maria trug ihr Gepäck in den hellen Wintermorgen hinaus und hatte nicht die leiseste Ahnung, wie sie Witrenkos Spur wieder aufnehmen würde.
    13.

    Keiner hatte eine Deckung finden können. Als der dunkle, runde Gegenstand im Bogen durch die Luft geschleudert wurde, hatten sie sich in verschiedene Richtungen geworfen und auf dem vom Frost gehärteten Boden auf die Explosion und das Ende gewartet.
    Die Explosion blieb aus.
    Buslenko sah den Gegenstand, der sich dunkel vom Schnee abhob, und kroch darauf zu. Es war ein Kopf. Er packte das Haar und drehte das Gesicht zu sich. Stojan. Belozerkowski war nun neben ihm und schaute hinunter in das Gesicht seines tatarischen Freundes.
    »Saukerle! Ich bringe die Drecksäcke um!« Belozerkowski wollte zum Flussufer stürmen, doch Buslenko packte seinen Ärmel und zerrte ihn nieder.
    »Sei kein verdammter Anfänger«, mahnte er. »Du weißt, worum es geht. Raste nicht aus. Wir müssen weiter. Und zwar am Fluss entlang, trotz des Risikos. Ich möchte, dass wir schnell vorankommen.«
    Belozerkowski nickte energisch, und Buslenko wusste, dass er wieder voll bei der Sache war.
    »Dann los.«
    Halb gehend, halb laufend legten sie in kurzer Zeit eine beträchtliche Entfernung zurück. Der Wald an beiden Seiten des Flusses wurde spärlicher, sodass ihren Verfolgern weniger Schutz geboten wurde. Außerdem erwies sich die Morgendämmerung, vor der Buslenko sich gefürchtet hatte, nun als vorteilhaft für sie. Vielleicht würden sie es doch schaffen.
    Der einzige Nachteil war, dass der Teteriw, jetzt breiter und seichter, nicht mehr von einer schützenden steilen

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