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Jan Tabak geht aufs Ganze

Jan Tabak geht aufs Ganze

Titel: Jan Tabak geht aufs Ganze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Schrader
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den Hörer auf die Gabel und sich selbst auf einen Stuhl sinken.
    „Großer Gott“, murmelte sie, „nur das nicht!“
    Jan Tabak war auch erschrocken, aber lange nicht so wie seine Frau. Er glaubte, Tims Verschwinden könnte auch einen anderen Grund haben als ein Verbrechen.
    „Wir müssen sofort die Wurzachers verständigen“, sagte Tina. „Am besten schicken wir ein Telegramm.“
    „Unsinn“, widersprach Jan. „Die können vom Nil aus auch nicht helfen. Und außerdem wissen wir ja noch gar nicht, was passiert ist. Ersparen wir den Eltern die Aufregung und unternehmen wir lieber etwas Handfestes.“
    „Was können wir denn tun?“ jammerte Tina. „Wir können den Jungen doch nicht hier in den Büschen suchen! Und das Sauerland ist weit!“
    „Aber mit Hinnerk Murkens Auto sind wir in drei bis vier Stunden da“, sagte Jan.
    „Du willst hinfahren?“
    „Ja, das ist das einzig Sinnvolle, was wir tun können. Los, mach dich reisefertig! Ich sag Hinnerk Bescheid.“
    Tina zog sich hastig ihr Ausgehkleid an, und Jan ging zu seinem Nachbarn hinüber. Aber der war nicht da.
    „Hinnerk ist bei seiner Schwester in Walle“, sagte Frau Murken brummig, „die hat Geburtstag. Er kommt vor Mitternacht nicht nach Hause.“
    „Verflixt, das ist dumm!“ sagte Jan. „Kann man da anrufen?“
    „Nee, die haben kein Telefon. Aber ich kann dir die Adresse geben.“ Als Jan zurückkam, brachte er Tina schonend bei, daß sie erst einmal mit dem Fahrrad nach Walle fahren müßten, weil Hinnerk da Geburtstag feiere.
    „Wenn wir Glück haben, ist er jetzt noch so nüchtern, daß er ein Auto steuern kann. Das wird sich jedoch schnell ändern.“
    Tina zog ihr Staatskleid wieder aus und schlüpfte in einen Alltagsrock.
    Im Schuppen stellte sie fest, daß das Damenrad fehlte.
    „Jan“, rief sie, „Jenny ist doch wohl nicht mit meinem Rad unterwegs?“
    „Ach was!“ rief Jan zurück. „Die ist schon vorausgegangen zum Kaffeeklatsch bei der alten Menke. Heute ist doch Mittwoch.“
    „Wir haben keinen Kaffeeklatsch, Jan Tabak“, entgegnete Tina scharf, „sondern wir tun ein Werk der Nächstenliebe.“
    „Ja, ja, indem ihr Socken und Pulswärmer strickt für die frierenden Negerkinder am Äquator!“
    „Jan Tabak“, sagte Tina böse, „die Armut und die Kälte in der Welt scheinen dich nicht zu rühren, sonst würdest du nicht so reden!“
    „Ach, Tina“, sagte Jan abschwächend, „die Menschen, denen ihr warme Pullover strickt, haben nichts zu essen, verstehst du? Die können abends vor Hunger nicht in den Schlaf kommen! Wollsachen brauchen die nicht. Aber lassen wir das, im Grunde geht es euch ja vielmehr um das Klatschen und Tratschen als um das Stricken.“
    „So“, bellte Tina aufgebracht. „Und um was geht es dir, wenn du zur Volkshochschule fährst?“
    Jan zog erstaunt die Brauen hoch.
    „Aber, Tina, um Bildung natürlich! Unsere lehrreichen Gespräche kannst du nicht mit eurem Altweibergequatsche vergleichen. Wir wollen uns doch weiterentwickeln.“
    „Jan Tabak“, sagte Tina feierlich, „du bist nicht wert, daß du mit mir unter einem Dach wohnst.“
    „Was willst du denn damit andeuten?“ fragte Jan vorsichtig.
    Seine Frau warf ihm einen niederschmetternden Blick zu.
    „Kennst du Adele?“ fragte sie.
    „Meinst du Gerds Frau?“
    „Jawohl, genau die.“
    „Was ist mit ihr?“
    „Die hat eine Cousine in der Stadt wohnen.“
    „Interessant. Und was hab ich damit zu tun?“
    „Die Cousine heißt Erika.“
    Jan Tabak wurde ungeduldig.
    „Verflixt noch mal, willst du mich auf den Arm nehmen? Was geht mich die Verwandtschaft von Gerd und seiner Frau an!“
    Tina kniff die Lippen zusammen.
    „Sie heißt zwar Erika“, fuhr sie fort, „aber man nennt sie nur Eka. Hilft dir das weiter? Immer noch nicht? Dann will ich dir auch noch verraten, daß sie Kellnerin ist in der Ulenborg. In der Gaststätte ,De Ulenborg’, Jan Tabak, sofern du davon schon mal was gehört hast.“
    „Das darf doch nicht wahr sein!“ sagte Jan leise.
    „Es ist wahr, du Volkshochschüler, ich pflege nicht zu lügen.’„
    Jan wischte sich verlegen über den Mund.
    „Wie lange weißt du das denn schon?“ fragte er.
    „Seit dem zweiten Semester.“
    Jan schluckte.
    „Unfaßlich“, murmelte er. Und um sich zu entschuldigen, sagte er: „Weißt du, Tina, du mußt das verstehen, wir Männer brauchen hin und wieder einen Tag ganz für uns allein.“
    „Ich verstehe das schon vier Jahre lang, du Saufbruder. Oder habe

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