Jane Christo - Blanche - 01
stand dem in nichts nach. Seine Zukunft war in Flammen aufgegangen, sein Herz zu einem leblosen Klumpen verschrumpelt, genau wie die Ladung Glocks in den Trümmern seiner Vergangenheit.
Offensichtlich war Enzos Schutz einen Dreck wert, denn er hatte diesen Blindgänger Pierre als sein Auge und Ohr eingesetzt. Pierre taugte als Wächter so viel wie Leo als Ballkönigin.
Er trat einen Schritt vom Waschbecken zurück und betrachtete seine Hände. In der Linken hielt er ein Gläschen Barbiturate von einem Dealer, den man schwerlich als Apotheker bezeichnen konnte. In der anderen einen Revolver Kaliber 38 von Smith & Wesson.
Nachdenklich blickte er von einer Hand zur anderen. Schlafmittel oder doch lieber eine Kugel in den Kopf? Fragen über Fragen. Letzteres würde eine ziemliche Sauerei hinterlassen, aber Barbiturate waren eigentlich nicht so sein Ding. Zur Hölle mit den Details. Leo hob die Waffe. Dann zögerte er und runzelte die Stirn. Verfluchter Mist, er war zu alt für diesen Scheiß.
6
W
ährend Blanche unter der Dusche stand und sich Blut, Schweiß und Zoeys Gestank abwusch, bestellte Beliar ein schlichtes Nachtmahl. Mittlerweile war es drei Uhr morgens und eigentlich hätte sie todmüde sein müssen. Stattdessen fühlte er eine kraftvolle Energie, die in elektrisierenden Wogen von ihr ausging. Keine Frage, sie war hellwach.
In einen flauschigen Bademantel gehüllt hockte sie sich im Schneidersitz auf das Kingsize Bett, das in die Kategorie Orgiesize fiel, und rubbelte ihr Haar trocken, das sie anschließend in ein Handtuch wickelte.
Sie sah zum Anbeißen aus. Einen schrecklichen Augenblick hatte er das Bedürfnis, ihren Willen zu brechen, um sie gefügig zu machen. Sich zu nehmen, was ihm nach Saetans Gesetz ohnehin gehörte. Der unerträgliche Schmerz, der sich daraufhin in seiner Brust ausbreitete, raubte ihm den Atem und brachte ihn zur Besinnung. Der Moment ging vorüber und seine Selbstkontrolle klinkte ein. Alte Monster, alte Sitten, dachte er, nahm Blanche gegenüber in einem Sessel Platz und schob ihr ein Tablett mit Flammkuchen zu.
„Verrate mir mal eins.“ Sie deutete auf ihren Bauch. „Wieso habe ich nicht die kleinste Schramme am Lack?“
Beliar beugte sich vor und streckte seine Hand aus.
„Finger weg!“, schnappte sie und gab ihm mit der flachen Seite ihres Messers einen Klaps.
Magentafarbene Funken mischten sich in ihr Energiespektrum. Seine Berührung regte sie auf. Oder war sie erregt? Als er die Hand nicht zurückzog, seufzte sie übertrieben und öffnete den Bademantel ein Stück unterhalb des Gürtels.
„Siehst du, alles weg, keine Schnitte mehr. Zufrieden?“ Ohne seine Antwort abzuwarten, zog sie den Frotteemantel wieder zusammen. Danach zerteilte sie den Flammkuchen in vier Stücke und nahm sich eins. „Hast du eine Erklärung dafür?“
Beliar runzelte die Stirn „Als auf mich geschossen wurde – hast du da Blut von mir aufgenommen?“
Sie zog eine Grimasse. „Erinnere mich bloß nicht daran!“
„Hast du?“
„Einen ganzen Mundvoll, aber was hat das mit meinen Verletzungen zu tun?“
„Dämonenblut“, sagte Beliar nachdenklich. Sein Stirnrunzeln vertiefte sich. Eigentlich hätte sie nicht so stark darauf reagieren dürfen, zumindest nicht beim ersten Mal. Üblicherweise war es ein langwieriger Prozess, den menschlichen Körper an die dämonischen Kräfte zu gewöhnen. Mancher Organismus reagierte nicht allzu gut auf das Blut eines Unsterblichen und lehnte es rundweg ab. Nur jemand mit dämonischen Anlagen zog unmittelbar Kraft daraus. War es möglich, dass Blanche bereits das Blut eines Dämons in sich trug? Sein Blick ruhte auf ihr.
Sie verdrehte die Augen und biss in die Tarte.
„Ein Teil von mir ist nun auch in dir, Blanche“, sagte er leise.
Sie verschluckte sich und setzte sich auf. „Na toll, bin ich jetzt etwa infiziert und werde ein Freak wie du?“
Beliar verzog die Lippen zu einem zynischen Lächeln. „Du hast zu viele Vampirgeschichten gelesen“, bemerkte er, beugte sich vor und griff nach dem zerfledderten Taschenbuch auf dem Nachttisch. „Um zu werden wie ich, musst du fallen. Und niemand außer Saetan kann Dämonen erschaffen.“
„Gib das her!“, fauchte sie und griff nach dem Buch, doch er war schneller.
„Mein Blut ist unbezahlbar“, fuhr er ungerührt fort, während er durch die vergilbten Seiten blätterte. „Es stärkt den Organismus des Menschen, Haut, Muskeln, selbst Knochen werden strapazierfähiger. Die
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