Jane Christo - Blanche - 01
Gefühle verflüchtigten sich wie ein Parfüm, das eine längst verblasste Erinnerung wachrief, an die Zeit vor seiner Verbannung. Aber der Gedanke war stark und kehrte immer wieder zu ihm zurück, denn dies war etwas, das einmal mit ihm zu tun hatte.
Hoffnung.
Doch das durfte nicht sein. Er war ein Gefallener ohne Aussicht auf Erlösung. Das waren Saetans Worte gewesen und bisher hatte er keinen Anlass gehabt, an ihnen zu zweifeln.
Bis er dieser Sterblichen begegnet war. Einer Frau, die sein Leben über ihres gestellt hatte. Er verstand noch immer nicht, warum sie das getan hatte, sie war nicht gerade der altruistische Typ. Davon abgesehen trieb ihre Sturheit ihn in den Wahnsinn – und zu seiner Überraschung genoss er es in vollen Zügen. Wann war er das letzte Mal auf solch unerschrockenen Widerstand gestoßen? Er konnte sich nicht erinnern. Die Grausamkeiten des Lebens hatten sie erbarmungslos werden lassen, eine Härte, die sie teilten. Das und die Sehnsucht, ihrer ausweglosen Bestimmung zu entkommen. Er wusste, wie es in ihr aussah. Doch im Gegensatz zu ihm hatte sie nicht aufgegeben und ihr Überlebenskampf war inspirierend. So sehr, dass auch er mehr und mehr nach einem Ausweg suchte. Spürte sie am Ende das feine Band, das sie miteinander verknüpfte?
„… und natürlich von der Menge des Blutes, das du zu dir genommen hast. Eine zeitliche Eingrenzung der Wirkung ist daher reine Spekulation“, beendete er seine Ausführung.
„Super, jetzt weiß ich genauso viel wie vorher.“ Blanche warf ihm einen mürrischen Blick zu und stutzte unvermittelt. Seine Haare waren nicht mehr versengt und der Mantel … Sie beugte sich vor und fand nur noch ein einziges, kleines Brandloch.
„Sag mal, was hast du mit den Löchern angestellt?“ Sie streckte die Hand aus und betastete vorsichtig den schwarzen Ledermantel. Er war warm, und noch während sie ihn berührte, schloss sich das letzte Loch wie die Blende einer Fotokamera, wurde immer kleiner, bis es schließlich verschwand. Sie riss die Hand zurück. Großer Gott, das war kein Mantel, das war er. Eine Art zweite Haut oder so etwas.
„K-kannst du den ausziehen?“
„Möchtest du das?“
Ja! Nein! Verdammt! Sie versuchte, nicht auf sein Sixpack zu starren, das sich durch das dunkle Leder abzeichnete – oder woraus das Teil auch immer war.
Nicht fühlen!
Sie räusperte sich, griff nach einem Stück Flammkuchen und wechselte das Thema. Wie es aussah, konnte sie von dem Blutcocktail kein Dämon werden, alles andere würde sich zeigen. „Verrat mir mal, warum dieser Typ in der Gasse dich erschießen konnte, wo du doch angeblich dagegen immun bist. Und warum hast du im Lagerhaus so ausgesehen, als wärst du gerade einem Inferno entkommen, du weißt schon – am ganzen Körper kokelnd.“ Was war zwischen dem Überfall und ihrer Befreiung geschehen?
Beliar lehnte sich in seinem Sessel zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. „Man könnte sagen, dass ich gefeuert wurde.“
Wie war das? „Keine Witze jetzt, ich will das wissen.“
„Siehst du mich lachen, Blanche?“
„Was heißt das, gefeuert? Ich dachte, du bist ein Dämon. Die fliegen schließlich nicht aus der Hölle wie meuternde Seeleute von der Bounty.“
Beliars Mundwinkel zuckten. „Ich nehme an, du bist eine Expertin auf diesem Gebiet?“
Sie rollte mit den Augen. „Jetzt lass dir nicht alles aus der Nase ziehen, du versuchst doch nur, Zeit zu schinden.“
Beliar seufzte leise und sah ihr beim Essen zu. „Saetan weiß, dass ich Waynes Seele habe laufen lassen.“
„Na und? Wir hatten einen Deal.“
„Den hast du mit mir abgeschlossen. Saetan und ich hatten eine andere Abmachung.“
„Und wie hat er das so schnell herausbekommen?“
Abermals hob er die Schultern. „Er hat seine Quellen.“
Klar, er war ja auch Saetan. Sie rief sich den Schuss in Erinnerung und wie Beliar getroffen wurde. „Moment mal, soll das etwa heißen, dass er dir deine Kräfte genommen hat?“
„Zumindest hat er es versucht. Ich war auf seinen Schlag nicht vorbereitet, darum hatte er zunächst Erfolg. Aber ich bin ein Erzdämon, die kann man nicht so einfach abberufen.“
Abberufen. Da war es wieder, dieses seltsame Wort. Ihr lag die Frage schon auf der Zunge, doch sie schwieg, um Beliar nicht zu unterbrechen. In Gedanken legte sie den Begriff auf den Stapel zu klärender Vokabeln.
„Nachdem Zoey mit dir verschwunden ist, brauchte ich einen Moment, um wieder zu mir zu kommen. Diese Zeit
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