Jane Christo - Blanche - 01
fühlte sie sich entblößt, weil sie ohne nachzudenken gegen so ziemlich jede ihrer Regeln verstoßen hatte. Wayne hätte ihr die Haut abgezogen, wenn er sie jetzt sehen könnte. Tränen füllten ihre Augen, während Scham, Wut und Frustration ihre Kehle zuschnürten. Beliar schöpfte sie mit seinem Flügel vom Laken und drückte ihren Körper sachte gegen seinen.
„Du bist voller Konflikte, Blanche.“ Seine grauen Augen verengten sich, während er ihre Züge musterte.
„Das sind ja mal Neuigkeiten.“ Beliars Nähe versetzte sie in Alarmbereitschaft, denn seine Hitze verflüssigte ihre Willenskraft, machte sie nachgiebig. Wenn er sie ansah, wie in diesem Augenblick, fühlte sie sich ihm ausgeliefert. Dann schien das graue Nordmeer seiner Augen das einzig Greifbare in einer Welt voller Schatten zu sein, das ihr Halt gab. Ihr Mund wurde trocken. Was zur Hölle war mit ihr los? Sie brauchte ihn nicht, sie brauchte niemanden. Was für ein lächerlicher Gedanke – sie würde sich selbst halten.
Sie krabbelte von ihm fort wie ein Krebs auf der Flucht. Als sie die Bettkante erreichte, sprang sie auf und rannte ins Bad, als wäre der Teufel hinter ihr her. Was in gewisser Weise auch der Fall war.
Zwanzig Minuten später hatte sie sich beruhigt und der Duft frisch aufgebrühten Kaffees und ofenwarmer Croissants lockte sie in den Wohnraum. Beliar stand am Fenster, den durchdringenden Blick auf sie gerichtet, dem sie nur mit Mühe standhielt. Er trank Espresso und roch mehr denn je nach Kaffee und Zimt. Auf dem Salontisch befand sich ein Frühstückstablett. Sie griff sich ein Croissant, biss die Spitze ab und sagte mit vollem Mund: „Ich möchte sehen, wo Wayne gestorben ist.“
Der Dämon nickte, als hätte er diesen Wunsch erwartet. „Wir werden am Abend gehen, tagsüber ist es zu gefährlich.“
Natürlich wir, sie waren ja jetzt ein Team und traten nur noch im Doppelpack auf wie Bonnie und Clyde. Obwohl sie wusste, dass es albern war, an ihrem Ärger festzuhalten, konnte sie nicht anders, denn er war im Moment der einzige Halt, dem sie vertraute. Zorn und Kälte, ihre besten Freunde. Doch als Beliar ihr beides mit einem tiefen Atemzug nahm, fühlte sie eine unerklärliche Dankbarkeit, als hätte er sie von einer Bürde befreit.
Der Dämon schloss für einige Herzschläge die Augen, dann leerte er seine Tasse und stellte sie zurück auf das Tablett.
„Ich dachte, du nährst dich von anderen Dingen“, murmelte sie und nickte zu seinem Geschirr.
„So ist es.“
„Und wieso trinkst du dieses Zeug?“
„Genusssucht?“ Seine Augen funkelten amüsiert.
Warum fragte sie auch. „Diese drei Höllenfürsten“, wechselte sie das Thema, „werden die wiederkommen?“
Beliar nickte. „Das Tageslicht hält sie in der Unterwelt gefangen, aber in der Nacht wird sie nichts mehr daran hindern, uns nachzustellen.“
„Und was hat sie letzte Nacht abgehalten, das Hotel umzukrempeln?“
„Ich habe ihnen schwere Verletzungen zugefügt, von denen sie sich erholen müssen. Davon abgesehen habe ich einen Schutz über der Hotel gelegt, der verhindert, dass sie uns hier aufspüren können.“
Blanche stutzte. „Moment mal – hast du eben gesagt, dass das Tageslicht sie in der Unterwelt hält?“
Er nickte.
„Und was ist mit dir? Du bist doch auch ein Dämon.“
Beliar beugte sich zu ihr herab, bis sich ihre Gesichter auf Augenhöhe befanden. Die Dominanz, die er in diesem Moment verströmte, nahm ihr kurz den Atem und ließ ihre Nackenhaare stehen. Wäre sie eine Katze, hätte sie ihre Krallen ausgefahren und ihn angefaucht.
„Du scheinst mich mit einen von Saetans Botenjungen zu verwechseln.“ Seine Stimme senkte sich zu einem dunklen Grollen, während pulsierende Macht von ihm ausging, die sie auflud, bis ihre Haut vor Elektrizität prickelte. „Doch da muss ich dich enttäuschen, Blanche. Ich bin ein Erzdämon, der Erste unter den Fürsten, Herr des Nordens und Saetans Seneschall. Allein der Klang meines Namens hat im Mittelalter Panik unter deinesgleichen ausgelöst, denn mein Ruf eilte mir stets voraus. Ich habe meine Hände in eurem Blut gewaschen und euch den letzten Tropfen eures armseligen Lebens ausgesaugt, als ihr noch aus Trögen gegessen habt. Und da glaubst du, eure Wintersonne könnte mich von meinen Plänen abhalten?“
Er streckte die Hand aus und sie wich instinktiv zurück. Doch er war schneller. Sein rechter Arm lag wie ein Eisenring um ihre Taille. Langsam zog er sie zu sich, während
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