Jane Christo - Blanche - 01
umhüllt, die ihn wie blaue Blitze umzuckten – und hatte sie schon erwähnt, dass er nackt war, wie Gott ihn schuf? Obwohl Gott in diesem Fall vermutlich wenig mit seiner Erscheinung zu tun hatte.
Zum Schluss fiel ihr Blick auf Arziel, der Erste unter den Höllenfürsten. Er war schlank, hatte ungefähr Blanches Größe und trug einen anthrazitfarbenen Anzug mit einer schwarzen Seidenkrawatte. Seine Haut wirkte gebräunt, als ob er sich oft im Freien aufhielt und sein kurzes schwarzes Haar stand palisadengleich nach vorn ab. Alles in allem wirkte er wie die Inkarnation eines erfolgreichen Anwalts, einer dieser Haie, die Drogenbosse und Vergewaltiger auf Bewährung aus dem Knast bekamen, indem sie diese vor Gericht wie Chorknaben aussehen ließen. Seine toten schwarzen Augen waren das einzige äußere Merkmal, das ihn mit seinen beiden Freunden verband. Ihn umhüllte kein Feuer, Elektrizität oder Rauch. Nicht mal gewöhnlicher Nebel stieg effekthaschend aus dem Boden, um seinem Auftritt mehr Dramatik zu verleihen. Arziel machte von den dreien am wenigsten her und das sagte ihr, dass er der Gefährlichste war. Eigentlich, dachte sie, könnte so ein Witz anfangen: Kommt ein Junge mit einem Ochsen zum Anwalt …
Na schön, das hier war nicht ihre Party, sollte sich ihr Dämon mit ihnen herumschlagen, sie hatte etwas zu erledigen. Im Schutz von Beliars Flügeln wandte sie sich ab und stieg in die Trümmer des le KoKolion.
Beliar war bereit. Er wusste, was nun kam, kannte seine Gegner. Normalerweise hätte er kurzen Prozess gemacht, doch er musste Saetans Werkzeuge ein wenig beschäftigen, um Zeit zu gewinnen. Für Blanche und ihre Revanche. Sie konnte an nichts anderes denken als an Rache und er wäre der Letzte, der sie davon abbringen würde. Im Gegenteil. Er würde ihr helfen, als ihr Schild, Schwert oder Halt – was immer sie brauchte, er wäre da. Wer an seine Sterbliche heranwollte, musste zuerst an ihm vorbei.
Ein Stich in der Brust ließ ihn innehalten – schon wieder meldete sich sein Herz. Was für ein sonderbares Gefühl. Als würde es wachsen und mit jedem Schlag seinen quälend engen Käfig sprengen. Die Mauern seines Verlieses zertrümmern, um sich aus der jahrhundertelangen Gefangenschaft zu befreien.
Als ihn die Erkenntnis traf, ballte Beliar die Hände zu Fäusten, öffnete sie und schloss sie erneut. Bei allen Höllenfeuern, dachte er verwundert, er brauchte sie. Und er würde Himmel und Hölle in Bewegung setzten, um ihr das zu geben, was sie brauchte. Kaum zu glauben, dass er nach all den Zeitaltern so etwas auch nur in Erwägung zog, doch Dämonen konnten niemanden belügen, nicht einmal sich selbst. Seit sie sich geliebt hatten, war der Drang, sie zu beschützen, sogar noch stärker geworden. Ihm war, als hätte ihre Lebenskraft ihn von einem tief verankerten Schmerz befreit. Er war es gewohnt, diese Bürde zu tragen, so sehr, dass er vergessen hatte, wie sich wahre Freiheit anfühlt, die des Geistes. Und das war er nun in jeder Hinsicht: frei.
Sein Verlangen, Saetans Schuldgefängnis zu entkommen, hatte ihn nie ganz verlassen, doch mit Blanches Erscheinen war der Drang nach Unabhängigkeit zu einer treibenden Kraft geworden. Nach und nach hatte er sich an sein Geburtsrecht erinnert, daran, wer er einst war. Welche Macht ihm innewohnte und zu welchen Werken er fähig war. Dazu musste er allerdings ein wichtiges Kapitel in seinem Leben beenden und das hatte er getan. Saetan war Geschichte, er war fertig mit ihm. Seine ganze Sorge galt nun Blanche, deren ungezügelte Energie eine überirdische Anziehungskraft ausübte. Von ihrem Blut war er geradezu trunken geworden, etwas darin kam ihm allzu vertraut vor. Aber das war unmöglich. Ein anderer Teil wiederum … Er schüttelte den Kopf. Darüber würde er sich später Gedanken machen.
Er nahm seine Angreifer in Augenschein, die ihn umstellt und sich zu einem Triangulum formiert hatten.
Showtime.
10
B
lanche durchquerte den zerstörten Publikumsbereich und bewegte sich Richtung Küche, die im hinteren Teil des Restaurants lag, als sie auf ersten Widerstand traf. Das Geräusch von einrastenden Magazinen ließ sie hinter der Theke Deckung suchen, dann ging das Geballere auch schon los.
Für diesen Scheiß hatte sie keine Zeit. Solche Schießereien konnten sich ewig hinziehen und außer einer perforierten Inneneinrichtung kam in der Regel nichts dabei heraus. Wenn sie Pech hatte, hielten Zoeys Jungs sie hier in Schach, während er sich durch
Weitere Kostenlose Bücher