Jane Christo - Blanche - 01
Licht ausging, bedrohten einen aufrecht stehenden Stier, der Marbueel, dem Dritten verdammt ähnlich sah. Seine funkelnden Augen glühten wie ein Paar Kohlestücke, während der überlange Ochsenschwanz ungeduldig hin- und herpeitschte. Hinter ihm hatten sich riesige schwarze Schattengestalten versammelt, die nur auf einen Angriffsbefehl zu warten schienen. Die Szene wirkte angespannt, als würde ein einziger Funke genügen, einen Krieg zu entfachen.
Ihr Blick wanderte über das Gewölbe und blieb an einer prachtvollen Kuppel hängen, die im Zentrum der Deckenmalerei stand.
Auf der Südseite des Saals befanden sich spitz zulaufende Buntglasfenster, auf denen dunkle Gestalten mit Hörnern und violetten Augen abgebildet waren. Ohne die bizarren Motive hätte die Halle wie ein Kirchenschiff gewirkt, doch die kriegerischen Bilder passten nicht zu einem geweihten Ort.
„Fühl dich wie zu Hause.“
Zoeys trügerisch sanfte Stimme riss ihren Blick von den Bildern zurück in die Gegenwart. Mit einer gönnerhaften Geste reichte er ihr das Messer mit dem Griff voran, während seine Miene keinen Zweifel über seine vermeintliche Überlegenheit ließ.
Arroganter Bastard. Sie hielt seinem Blick stand und nahm die Waffe mit einem grimmigen Lächeln an sich. Oh Mann, dieser Typ war so abartig schön, er passte in seine Umgebung wie eine griechische Skulptur. Statt auszusehen wie der Gott der Engel, müssten Hurensöhne wie er eine Augenklappe tragen und hinken, damit man sie überall als das erkannte, was sie waren. Dreckschweine.
„Wozu brauchst du die Dämonenwaffe?“, fragte sie und umkreiste ihn langsam. Er passte sich ihrer Bewegung an, sodass sie sich wie zwei Planeten um eine imaginäre Achse drehten.
„Um das zu beenden, wozu Wayne nicht fähig war.“
„Und du denkst, du könntest den Schwarzen Gott stellen?“ Auch das war eine rhetorische Frage. Sie wollte Zeit gewinnen und dieser selbstgefällige Hurensohn hörte sich nun mal gern reden.
Tchort war Teil des Paktes zwischen ihm und Arziel, dem Fürsten der Schmerzen. Wenn Zoey versagte, wäre das Geschäft geplatzt und er büßte mehr als seine Kräfte ein. Er würde seine Seele verlieren, ohne Wenn und Aber.
„Dein geliebter Wayne ist am Ende schwach geworden, ich denke, das solltest du wissen.“
Als ob sie darauf reinfallen würde.
„Dieser Tchort ist eine Schlange“, fuhr er fort, während er sie wie ein Raubtier belauerte.
Blanche ließ ihn ebenfalls nicht aus den Augen. Sie beobachtete seine Haltung, das Muskelspiel der Arme, die Stellung der Beine – wie er das linke Knie belastete. Er bewegte sich wie ein Kämpfer, was er vermutlich Saetan zu verdanken hatte. Doch wenn er nur einmal zuckte, wäre sie bereit, denn auch ohne Pakt war sie eine Assassinin, die wusste, was man mit einem Messer anstellen konnte.
„Er hat Wayne weisgemacht, dass Saetan ihn hintergehen würde. Waynes erster Vertrag wäre nach diesem Auftrag erfüllt gewesen, wie du sicher weißt.“
Sie verzog keine Miene, ließ ihn durch nichts wissen, ob sie darüber informiert war oder nicht.
„Tchort hat deinen Mentor so lange bearbeitet, bis dieser ihn laufen ließ. Vorher nahm Wayne ihm noch das Versprechen ab, sich bei Miceal für ihn zu verwenden.“
Den Namen hatte sie schon mal gehört. War das nicht der höchste Engel oder so?
„Warum hätte Wayne so etwas tun sollen?“
Zoey grinste und weiße Zähne blitzten auf. „Natürlich um seinen Verrat vorzubereiten, warum denn sonst?“
Das ergab überhaupt keinen Sinn. Wayne sollte seinen letzten Auftrag für Saetan vermasselt haben, allein auf den Verdacht hin, dass dieser ihn um seine wohlverdiente Freiheit betrügen wollte? Bullshit! Ohne triftigen Grund hätte Wayne niemals einen Vertrag gebrochen. Wahrscheinlich dachte sich Zoey diesen Mist aus, um sie abzulenken. Netter Versuch.
„Tatsache ist, dass Wayne bis zu seiner Auflösung im Zwischenreich untergetaucht ist, wo Saetan ihm nichts anhaben konnte. Und während dein feiger Mentor sich unter Miceals Rockschößen verkrochen hat, ist Tchort entkommen.“
Danke, du dämliches Arschloch, dass du mich daran erinnerst, dass Waynes Seele unwiderruflich zerstört wurde. Der Griff um ihr Messer wurde so fest, dass ihre Fingerknöchel weiß hervortraten.
„Solange Tchort abtrünnig ist, sind all seine Pakte aufgehoben und seine Vertragspartner ihrer Pflichten entbunden.“
Das stimmte mit Leos Ausführungen überein. Wenn das tatsächlich zutraf, mussten derzeit
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