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Jane Eyre (Schöne Klassiker) (German Edition)

Jane Eyre (Schöne Klassiker) (German Edition)

Titel: Jane Eyre (Schöne Klassiker) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Brontë
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tragen?«
    »Mademoiselle ist ja eine Fee«, sagte er geheimnisvoll flüsternd. Darauf sagte ich ihr, dies sei alles nur ein Scherz, und sie solle nicht darauf hören. Und sie zeigte ihrerseits wirklich einen reichen Vorrat von echt französischem Skeptizismus, indem sie Mr. Rochester
un vrai menteur
nannteund ihm sagte, sie höre gar nicht auf seine Feengeschichten, und dass
du reste, il n’y avait pas de fées, et quand même ily en avait
, sie fest überzeugt sei, dass ihm keine erscheinen würde und ihm Ringe schenken oder ihm anbieten, mit ihm zum Mond zu reisen.
    Die Stunde, die wir in Millcote zubrachten, war ziemlich qualvoll für mich. Mr. Rochester nötigte mich, in eine gewisse Seidenhandlung zu gehen, wo er mir befahl, ein halbes Dutzend seidener Kleider auszuwählen. Ich hasste diese Aufgabe, ich bat, dies aufschieben zu dürfen, aber nein – es sollte jetzt erledigt werden. Durch meine dringenden, ihm ängstlich zugeflüsterten Bitten reduzierte ich das halbe Dutzend auf zwei Stück, diese beiden schwor er aber, selbst auswählen zu wollen. Mit wahrer Todesangst gewahrte ich, wie seine Blicke über den bunten Warenvorrat schweiften. Auf einem reichen, amethystfarbenen Seidenstoff und einem prächtigen rosa Satin blieben sie haften. Wiederum flüsterte ich ihm zu, dass er ebenso gut ein goldenes Kleid und einen silbernen Hut für mich kaufen könne, denn ich würde niemals den Mut haben, die Stoffe seiner Wahl zu tragen. Er war aber stur wie ein Stein, und nur mit unendlicher Mühe gelang es mir, ihn zu überreden, dass er sie für ein solides schwarzes Satinkleid und eine helle, perlgraue Seidenrobe eintauschte. Für den Augenblick solle ich meinen Willen haben, sagte er, aber er würde mich eines Tages doch noch farbenprächtig wie ein Blumenbeet gekleidet sehen.
    Ich war froh, ihn endlich aus dem Seidenwarengeschäft und schließlich noch aus dem Laden eines Juweliers herauszubekommen, denn je mehr er mir kaufte, desto mehr fühlte ich die Röte des Ärgers und der Demütigung in meine Wangen steigen. Als wir wieder im Wagen saßen und ich mich müde in die Polster zurücklehnte, fiel mir etwas ein, was ich im Laufe der vielen traurigen und glücklichen Begebenheiten ganz vergessen hatte: der Brief meinesOnkels John Eyre an Mrs. Reed und dessen Absicht, mich zu adoptieren und zu seiner Erbin zu machen. ›Es würde in der Tat eine Erleichterung sein‹, dachte ich, ›wenn ich auch nur die allerbescheidenste Unabhängigkeit in pekuniärer Hinsicht hätte. Ich werde mich niemals dareinfinden können, von Mr. Rochester wie eine Puppe herausgeputzt zu werden oder wie eine zweite Danae dazusitzen und täglich den goldenen Regen auf mich herabfallen zu sehen. Sobald ich nach Hause komme, werde ich nach Madeira schreiben und meinem Onkel John mitteilen, dass ich im Begriff bin, mich zu verheiraten und mit wem. Wenn mir nur die Aussicht blieb, dass Mr. Rochester eines Tages durch mich einen Zuwachs seines Vermögens erleben würde, so sollte es mir auch nicht so schwer werden, mich jetzt von ihm erhalten zu lassen.‹ Und nach diesem Gedanken, welchen ich noch am selben Tage ausführte, fasste ich wieder Mut, meinem Gebieter und Geliebten ins Auge zu sehen, das fortwährend meinen Blick gesucht hatte, obgleich ich sowohl Gesicht wie Augen abgewendet hatte. Er lächelte, und mir schien sein Lächeln jenem ähnlich, mit welchem ein Sultan die Sklavin zu beglücken pflegt, welche er mit seinem Gold und seinen Juwelen geschmückt hat. Ich presste seine Hand, welche fortwährend die meine gesucht hatte, und schob sie dann – ganz rot von meinem leidenschaftlichen Drucke – von mir.
    »Sie brauchen mich gar nicht so anzusehen«, sagte ich. »Wenn Sie das noch einmal tun, werde ich in Ewigkeit nichts anderes tragen als meine alten Kleider von Lowood. Ich werde mich in diesem fliederfarbenen Baumwollkleid trauen lassen – und Sie können sich aus dem perlgrauen Seidenzeug einen Schlafrock machen lassen, und aus dem schwarzen Satin eine endlose Reihe von Westen.«
    Er kicherte in sich hinein und rieb sich die Hände: »Ach, es ist ein kostbares Vergnügen, sie zu hören und zu sehen!«, rief er aus. »Ist sie nicht originell? Ist sie nicht pikant? Ichwürde dies eine kleine, englische Mädchen nicht gegen den ganzen Harem des Sultans eintauschen – trotz aller Gazellenaugen und Huri-Formen!«
    Diese orientalische Anspielung ärgerte mich wieder: »Ich werde Ihnen durchaus nicht den Harem ersetzen«, sagte ich,

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