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Jane Eyre (Schöne Klassiker) (German Edition)

Jane Eyre (Schöne Klassiker) (German Edition)

Titel: Jane Eyre (Schöne Klassiker) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Brontë
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erwiderte ich, indem ich mich schnell und vollständig aus seiner Umarmung befreite.
    »Oh, Jane,
dies
ist bitter!
Dies
ist böse! Mich zu lieben, wäre nicht böse.«
    »Es wäre böse, Ihnen zu gehorchen.«
    Ein wilder Blick aus seinen Augen traf mich – einen Augenblick verzerrten sich seine Züge. Er erhob sich, aber er beherrschte sich noch. Ich griff nach einem Stuhl, um mich zu stützen; ich bebte, ich fürchtete mich – aber ich blieb entschlossen.
    »Noch einen Augenblick, Jane. Wirf nur einen Blick auf mein furchtbares Leben, wie es sein würde, wenn du mich verlassen solltest. Mit dir würde all mein Glück wieder von mir gehen. Was bleibt mir dann übrig? Als Gattin habe ichnur jene Tobsüchtige dort oben; ebenso gut könntest du mich an einen Leichnam da drüben auf dem Friedhof weisen. Was soll ich tun, Jane? Wo eine Gefährtin suchen? Wo Hoffnung finden?«
    »Tun Sie, was ich tue. Vertrauen Sie auf Gott und sich selbst. Glauben Sie an den Himmel und an eine Vereinigung da oben.«
    »Du willst also nicht nachgeben?«
    »Nein.«
    »Du verdammst mich also dazu, unglücklich zu leben und mit Fluch beladen zu sterben?« Seine Stimme wurde lauter.
    »Ich rate Ihnen, ohne Sünde zu leben, und ich wünsche Ihnen, in Frieden zu sterben.«
    »Dann reißt du also alle Liebe, alle Unschuld von mir fort? Du verweisest mich auf die Lust anstelle der Leidenschaft – du lässt mir nur das Laster als Beschäftigung?«
    »Mr. Rochester, ich verweise Sie ebenso wenig auf dieses Schicksal, wie ich selbst es für mich begehre. Wir sind geboren, um zu kämpfen und zu leiden – Sie sowohl wie ich! Tun Sie es also. Sie werden mich früher vergessen als ich Sie.«
    »Durch solche Worte nennst du mich einen Lügner, du beschmutzt meine Ehre. Ich erklärte dir, dass ich mich nicht verändern würde. Und du sagst mir gerade ins Gesicht, dass ich nur zu bald ein anderer sein würde. Und welche Verirrung deiner Vernunft, welche Verkehrtheit der Ideen bekundest du durch dein Verhalten! Ist es besser, einen Mitmenschen zur Verzweiflung zu treiben, als ein Gesetz zu übertreten, das doch nur von Menschen gegeben ist, wenn niemand durch diese Übertretung geschädigt wird? Denn du hast weder Verwandte noch Freunde und Bekannte, die du verletzen könntest, wenn du bei mir bliebest.«
    Dies war wahr. Und während er sprach, wurden mein Gewissen und meine Vernunft an mir zu Verrätern und ziehen mich des Verbrechens, wenn ich ihm länger Widerstandleistete. Sie sprachen fast so laut wie mein Gefühl – und dieses schrie in seinem Jammer! ›Oh, gib nach!‹, flehte es. ›Denk an sein Elend! Denk an seine Gefahr – sieh seinen Zustand an, wenn er allein bleibt. Vergiss nicht seine wilde Natur; zieh die Ruhelosigkeit, den Leichtsinn in Betracht, der auf die Verzweiflung notwendig folgen muss – besänftige ihn – rette ihn – liebe ihn! Sag ihm, dass du ihn liebst und die Seine werden willst. Wer auf der ganzen Welt kümmert sich denn um
dich
? Wer außer ihm? Und wen würdest du durch deine Tat schädigen?‹
    Doch unentwegt blieb die Antwort:
› Ich selbst
kümmere mich um mich. Je einsamer, je verlassener, je unbeschützter ich bin, desto mehr werde ich mich selbst achten. Ich werde das Gesetz halten, das Gott uns gegeben und das die Menschen sanktioniert haben. Ich werde mich streng an die Grundsätze halten, die ich gefasst habe, als ich noch bei Sinnen und nicht wahnsinnig war, wie ich es jetzt bin. Gesetze und Grundsätze gelten nicht allein für die Zeiten, in denen keine Versuchung an uns herantritt; sie gelten für solche Augenblicke wie jetzt, wenn Leib und Seele sich gegen ihre bittere Strenge empören. Sind sie auch hart, so dürfen sie doch nicht verletzt werden. Wenn ich sie zu meiner persönlichen Bequemlichkeit übertreten darf, welchen Wert hätten sie dann? Sie haben einen Wert – das habe ich stets geglaubt, und wenn ich es jetzt nicht glauben kann, so ist es, weil ich wahnsinnig bin, ganz und gar wahnsinnig. In meinen Adern rollt Feuer, und mein Herz klopft so schnell, dass ich seine Schläge nicht mehr zählen kann. Vorgefasste Meinungen, frühere Entschließungen sind alles, was mich in dieser Stunde standhaft macht; auf sie stütze ich mich!‹
    Und ich tat es. Mr. Rochester las es in meinen Zügen. Seine Wut erreichte den höchsten Grad. Er musste ihr einen Augenblick nachgeben – komme, was da wolle. Er schritt auf mich zu, fasste meinen Arm, packte mich um die Taille und schien mich mit flammenden

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