Jane Reloaded - Roman
lang war ich so jung wie am Tag meiner Ankunft. Fünfundsechzig Jahre waren wie ausgelöscht und ich war eine junge Frau von vierundzwanzig. Ich spürte sogar die Blütenketten an meinem Hals und meinte, das Bananenkörbchen in meiner Hand zu halten. Unsere Erinnerung vollbringt Wunderbares, wenn sie Zeit und Raum einfach auflöst und uns auf solche Kopfreisen schickt.
Auf der Veranda unseres kleinen Stelzenhauses in Thaimyla schreibe ich dir diesen Abschiedsbrief – als deine Großmutter, als Darwinistin, als Jane V , aber auch als alte, müde Frau.
Dein Großvater starb, wie du weißt, schnell und ohne Schmerzen mit nur sechzig Jahren. Andere Kinder von ADAM und EVA sind auch in diesem Alter gestorben, zu viele, um von Zufällen zu sprechen. Die Eingriffe, die aus einem Homo sapiens -Genom seine Art synthetisiert haben, scheint die Lebensspanne verkürzt zu haben. Jamie hat damit nicht gehadert, er sah darin sogar ein Modell für die Zukunft, das die Menschheit entlasten und viel Leid ersparten könne. Und er sah darin auch einen Auftrag: die Zeit, die er lebte, auszukosten und zu nutzen.
Während ich diesen Brief schreibe, blicke ich auf die Mutter aller Wasser, den Mekong. Diesen Strom überquerte ich, als ich mich ins Laos-Labor aufmachte. Auf diesem Fluss fuhr das Schiff, auf dem mich Jamie in ein besonderes und neues Leben entführte und wir zusammen das Laos-Labor verließen, weil die ganze Welt zum Labor geworden war.
Ich gehe gelassen, mein Kind, aufgehoben im Langen Jetzt . Ich gehe zurück in meine Geschichte, zurück in den Regenwald und nach Lucy-City, meinen mythischen Ort, zurück in die Höhle mit den vollgekritzelten Wänden. Wo wir die Asche deines Großvaters verstreut haben, werde ich mich hinlegen und einschlafen. Das habe ich Jamie versprochen.
Mein Fleisch und mein Geist werden in der Natur aufgehen, in diesem ewigen Kreislauf zu Molekülen zerfallen und sich auflösen in sanften Wassertropfen und schließlich Nahrung im Boden sein. Vielleicht für eine wilde Bananenstaude, deren rote Blüte durch mich umso schöner aufblüht.
Wenn du eine blühen siehst, denk an mich,
Jane reloaded.
GLOSSAR
Anthropologie
Der Mensch (griechisch: anthropos ) und das ganze Wissen ( logos ) um seine Eigenschaften und Lebensbedingungen ist das Thema dieser Wissenschaft. Die → Paläoanthropologie konzentriert sich auf die Geschichte der → Vormenschen . Die evolutionäre A. setzt zum ersten Mal auch Genanalysen ein → EVA
Anthropozän
Wörtlich übersetzt »Menschenzeit«, auch »Zeitalter des Menschen«. Der Chemienobelpreisträger des Jahres 1995, der Niederländer Paul Crutzen (*1933), der insbesondere das Ozonloch erforscht hat, stellte diesen Begriff im Jahr 2002 vor. Seine Begründung: Der Mensch reagiert nicht mehr allein auf die Natur, sondern er verändert die Umwelt in einem nie gekannten Ausmaß seit etwa 200 – 300 Jahren. Was wiederum die Lebensbedingungen auf der Erde beeinflusst. Das offizielle Erdzeitalter → Holozän müsse endlich abgelöst werden.
Ardipithecus
Abkürzung Ardi; Bodenaffe mit dem Beinamen ramidus , von ramid . In der Afar-Sprache, die im Fundland Äthiopien gesprochen wird, bedeutet das Wurzel. Ein 4 Millionen Jahre alter weiblicher Urmensch, der bereits auf zwei Beinen ging. Durch Ardi ist Lucy als »Ur-Eva« entthront worden. Erste Knochen wurden bereits 1994 gefunden und begründeten eine neue Art; aber noch bis 2009 dauerten Ausgrabung und Rekonstruktion.
Artefakt
Gebildet aus den lateinischen Wörtern ars für »Bearbeitung« und facere für »herstellen«: Es ist die neutrale Bezeichnung für einen von Menschen hergestellten Gegenstand, vom Faustkeil über Keramikscherben und Schmuckstücke bis zu heutigen Gebrauchsgegenständen, sowie alle bei der Herstellung entstehenden Abfälle. Wenn in der fernen Zukunft unsere Kultur einmal ausgegraben würde, wäre zum Beispiel Atommüll ebenso wie der iPod ein »Artefakt« aus dem Beginn des 21. Jahrhunderts.
Australopithecus
Im Jahr 1925 wählten Forscher diesen Namen für eine Gattung, die bereits aufrecht geht, aber noch viele äffische Merkmale hat. Der südliche ( australo ) Affe ( pithecus ) zählt zu den → Urmenschen .
Die Australopithecinen, von denen mehrere Arten aufgrund von → fossilen Knochenfunden bestimmt wurden, lebten vor rund 4 – 2,3 Millionen Jahren. Eine Schlüsselposition im menschlichen Stammbaum besitzt der Australopithecus afarensis. Dessen bekannteste
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