Januskopf
für unwahrscheinlich.«
»Mord also. Wer und warum?« Britta steckte die Börse weg. »Du glaubst gar nicht, Katinka, wie mich deine Rätsel inspirieren. Ich bin im Augenblick auf den Confederations Cup angesetzt. Sport ist keines meiner bevorzugten Themen.«
Katinka sah überrascht auf.
»Hast du nicht mit Feuereifer über den Weltkulturerbelauf berichtet?«
»Nachdem du nicht teilnehmen wolltest, musste ja wenigstens eine von uns an vorderster Front dabei sein.«
Katinka stöhnte. Sie trainierte viel und hatte sich für den Sommer ein ehrgeiziges Laufprogramm vorgenommen. Aber gemeinsam mit Tausenden schwitzender Menschen über den Asphalt zu traben, nur weil die Veranstaltung ›Weltkulturerbelauf‹ hieß, konnte sie kaum begeistern.
»Vergiss es, Britta. Ich laufe immer und ausschließlich allein.«
»Ich hätte ein Interview mit dir machen können«, redete Britta weiter und hatte ihren Spaß an Katinkas Ärger. »Bekannte Privatdetektivin unter den ersten zehn.«
»Hätte ich ohnehin nicht geschafft.« Katinka nahm einen Schluck Kaffee. »Also: Was weißt du über die Familie Isenstein?«
Britta setzte sich in Positur. Jetzt kam ihr liebster Part, jener, der ihre schwarzen Augen zum Blitzen brachte: Sie besaß eine Information, die Katinka haben wollte. Britta verstand es, daraus Profit zu schlagen.
»Mach dich bereit. Hast du einen Ersatzkuli dabei?«
Katinka grinste.
»Schieß schon los.«
»Über Ewald Isenstein ist nichts zu erfahren gewesen. Aber seine Frau und sein Sohn Markus haben einen Stamm platz im Archiv.«
»Wie bitte?«
»Beide sind Unternehmer. Charlotte Isenstein ist Inhaberin eines großen zahntechnischen Labors und gibt mehr als zwanzig Leuten einen gut bezahlten Arbeitsplatz. Das sind die Leute, die von schlechter Mundhygiene profitieren.« Britta tippte mit einem perfekt manikürten Fingernagel an ihre strahlend weißen Schneidezähne. »Vor fünf Jahren hat sie ihr Geschäft gegründet, damals bat sie einen Redakteur, den sie gut kannte, einen Beitrag für die Zeitung zu schmieden. Der hat nachher Ärger gekriegt, wegen Berichterstattung auf Bestellung.«
»Du meinst, sie hat ihn für seinen Artikel bezahlt?«
»Was weiß ich. Der Kollege ist nicht mehr bei uns.«
»Und weiter?«
»Ihr Labor sponsert diverse Kultur- und Sportveranstaltungen in der Stadt. Muss ich deutlicher werden?«
»Nicht nötig.«
Britta warf sich in die Brust.
»Die Isenstein tut etwas für die Öffentlichkeit, kennt ein paar Leute und kommt dafür in der Zeitung groß raus. So läuft das.«
Katinka verkniff sich die Bemerkung, noch nie auch nur eine Zeile über Charlotte Isenstein im Fränkischen Tag gelesen zu haben. Es wäre nur Wasser auf Brittas Mühlen gewesen, schließlich konnte sie sich mächtig über Katinkas Zeitungsresistenz aufregen.
»Dann zu Markus.« Nun musste Britta doch ihre Notizen auspacken. »Hier. Machte sich in der Vergangenheit interessant durch ulkige Vorschläge zur Sanierung von Altbauten in der Innenstadt.«
»Er ist Architekt. Architekten tun so etwas.«
»Komm schon, Katinka. Das ist doch kein Grund, vorzuschlagen, das Alte Rathaus zum Studentenwohnheim umzubauen, oder?«
»Hat er das?«
»So wahr ich Britta Beerenstrauch bin!«
Katinka stellte sich das imposante Gebäude auf der künstlichen Regnitzinsel mit seinen farbenfrohen Außenmalereien vor.
»Da ist doch ein Museum drin.«
»Eben. Markus Isenstein gefällt es, mit Vorschlägen dieser Art das Establishment zu schockieren. Einen öffentlichen Auftrag kann er sich über Jahre hinaus abschminken.«
»Er ist doch noch ziemlich jung.«
»Seit drei Jahren selbstständig. ›Architekturbüro M. Isenstein‹, so nennt er sich. Ein Kollege liest das als ›Miesenstein‹ und will sich darüber halb kaputtlachen.«
»In den drei Jahren kann er noch keine großen Sprünge gemacht haben«, warf Katinka ein.
»Du meinst, seine verrückten Pläne sind ein PR-Trick?«
»Warum nicht?« Katinka bestellte sich einen zweiten Milchkaffee. »Ich weiß, wie schwierig es ist, ein eigenes Unternehmen zu starten und Geld zu verdienen.«
»Wirf mir nicht wieder mein festes Gehalt vor«, schnaubte Britta. »Aber ich gebe zu: Unter diesem Aspekt habe ich noch nicht über den Typen nachgedacht. Ob die Rechnung allerdings aufgeht, wenn er sich pausenlos unmöglich macht ...« Sie tastete nach ihren Gauloises. »Sicher ist nur eins: Seine Mutter verdient wirklich viel Geld. Warum sollte sie ihm nicht das Startkapital
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