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Januskopf

Januskopf

Titel: Januskopf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Schmöe
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fünfzig Milchkaffee-Rezeptur verraten.«
    Es klingelte an der Tür. Motsch warf die Zeitung weg und sprang auf.
    »Gehen Sie ins Wohnzimmer!«
    »Komm schon.« Carla packte Katinka am Arm.
    »Das ist nur die Post«, sagte Katinka halblaut. »Am Samstag kommt sie immer um diese Zeit.«
    Sie setzten sich auf Carlas Schlafsofa.
    »Das wird schon wieder«, sagte Carla.
    »Du könntest mir ein Amulett schmieden, das Projektile fernhält«, seufzte Katinka.
    »Ich denke mir etwas aus.« Carla lächelte aufmunternd.
    »Alles in Ordnung«, kam es kurz darauf aus der Küche. »Das war die Post.«
    Ach was, dachte Katinka. Bei dem Gedanken, mehrere Tage unter Kuratel zu stehen, wurde ihr schwindelig. Sie fühlte sich schon jetzt eingesperrt. Außerdem gefiel ihr der Gedanke nicht, dass Tom unterwegs war. Gerade jetzt hätte sie ihn gerne neben sich gehabt. Sie folgte Carla in die Küche, stellte ihre Tasse in die Spüle und rief Tom an. Mailbox.
    Er ist bei seinem Kunden, dachte Katinka und sah auf die Uhr. Kurz nach elf. Er muss längst in Leipzig sein. Schaltet sein Handy immer aus, wenn er bei einem Kunden seine Software installiert. Nervös hinterließ sie eine kurze Nachricht auf dem Anrufbeantworter. Carla nickte ihr zu. Klaus Motsch saß wieder hinter seiner Zeitung. Vishnu beäugte ihn eine Weile, sprang dann auf den Tisch und rollte sich mitten auf dem Sportteil zusammen. Motsch lachte.
    »Schönes Tier«, sagte er und strich über Vishnus rote Tigerstreifen.
    »Ja, nicht?«, sagte Carla.
    Katinka ging in Toms Arbeitszimmer. Sie setzte sich an seinen Schreibtisch, startete den Rechner und klickte sich in Toms Terminkalender.
    »Samstag, fünfundzwanzigster Juni, Wäscherei Schimmelpfennig, Leipzig«, murmelte sie. Sie schrieb sich die Telefonnummer auf einen Zettel. Griff nach dem Telefon, stellte es zurück und steckte den Zettel in ihre Hosentasche. Sie sah aus dem Fenster. Stahlblau glänzte der Himmel. Ein Samstagsbummel durch die Stadt wäre ihr jetzt gerade recht. Sie konnte sich allerdings ausrechnen, was Motsch davon hielte. Ganz zu schweigen von Hardo. Sie stand auf und ging zurück in die Küche, als das Telefon klingelte.
    »Palfy?«
    Motsch streichelte immer noch Vishnus Fell.
    »Elvira Hanf hier. Aus Königsberg.«
    »Guten Morgen«, sagte Katinka.
    »Es gibt da etwas. Vielleicht interessiert Sie das.« Elviras Stimme klang entschuldigend, als habe sie Katinka wegen einer Lappalie gestört.
    »Schießen Sie los«, sagte Katinka und biss sich auf die Lippen, als ihr die wörtliche Bedeutung dieser Redensart aufging, zum ersten Mal in ihrem Leben. Sonderbar, dachte sie, manches liegt vor einem, so klar und eingängig, und doch sehen wir es nicht.
    »Ich habe Ihnen doch erzählt, dass Beatrix eine Ausbildung zur Arzthelferin machte«, sagte Elvira zögernd. »Bei Dr. Montag in Ebern.«
    »Genau.«
    »Nun ... bevor Bea dort anfing, hatte sie eine Stelle bei Ewald Isensteins Ärztin, Dr. Thompson.«
    Katinka hielt den Atem an.
    »Und weiter?«
    »Es ist wichtig, nicht wahr?«, fragte Elvira Hanf und klang erleichtert. »Ob Sie es glauben oder nicht – die Geschichte fiel mir auch eben erst wieder ein. Sie fragten mich doch nach Ewald. Wobei ich mir immer noch nicht vorstellen kann, was Beas Ausbildung bei Dr. Thompson mit«, sie schluckte, »ihrem Tod zu tun haben könnte.«
    »Langsam, Frau Hanf«, bat Katinka und zog sich in Toms Arbeitszimmer zurück. Der Rechner lief noch. Katinka schaltete ihn ab. »Wann hat Beatrix bei Liz Thompson aufgehört und warum?«
    »Das war so«, begann Elvira. »Ein Patient griff sie an.«
    »Ein Patient?«
    »Bea saß eines Vormittags allein am Empfang, als Ewald Isenstein hereinkam. Er war außer sich und verlangte, sofort Dr. Thompson zu sprechen. Bea war aber angewiesen, die Patienten immer zuerst ins Wartezimmer zu schicken. Isenstein scherte sich nicht darum und marschierte auf den Behandlungsraum zu. Bea ging dazwischen – da würgte er sie.«
    »Du meine Güte.« Katinka malte Kringel auf Toms Schmierpapier.
    »Dr. Thompson und eine andere Helferin kriegten noch rechtzeitig mit, was los war. Ich sehe heute noch die Abdrücke an Beas Hals.«
    »Wann war das?«
    »Anfang März diesen Jahres. Bea hatte wirklich Angst. Sie schlief ein paar Nächte bei mir im Bett, so durchgedreht war sie. Aber Dr. Thompson reagierte sehr verständnisvoll und konnte nachvollziehen, dass Bea bei ihr nicht mehr weiterlernen wollte.« Elvira brauchte ein paar Atemzüge, um sich zu fassen.

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