Jasmin - Roman
starrten uns aus den Hauseingängen und den niedrigen Fenstern an.
Wir fuhren zur Machpela-Höhle. Hunderte waren dort versammelt, alt und jung, Kipaträger und Barhäuptige, die sich zu Ehren des Ortes mit einem Käppchen ausstaffiert hatten. Sie betasteten die Wände, mit sehnsuchtsumflorten Augen und zärtlichen Fingern, denn seit Jahrhunderten hatte kein jüdischer Fuß mehr diesen Ort betreten.
Anschließend spazierten wir zu Fuß durch die Stadt und gingen in ein kleines Restaurant. Der Besitzer bemerkte sofort den irakisch-arabischen Dialekt, den mein Vater sprach. »Ich habe fünf Jahre in Bagdad gearbeitet«, ließ er Gesprächsbereitschaft erkennen.
»Ausgezeichnet, wir sind am richtigen Platz. Und wie geht es meiner Stadt? Erzählen Sie, bitte«, bat mein Vater.
»Wallah, was soll ich sagen, nachdem sie den König Faisal und den Regenten Abdallah und Nuri al-Said aufgehängt haben, ist die Stadt der Kalifen zu einer Stadt der Henker geworden.« Mein Vater und Chizkel wechselten einen Blick.
Ein magerer Jude mit langem Bart und sonderbarem Ausdruck kam herein und fragte den Wirt nach einem lokalen Möbelhändler. Der Araber, der ihn offenbar im Verdacht hatte, einer vom Geheimdienst zu sein, wich einer Antwort aus, bis der Jude sagte, dass er dem Händler Geld von einem Geschäft noch vor dem 48er-Krieg schulde und er jetzt gekommen sei, um die Schuld zu begleichen. Mein Vater schenkte ihm einen Blick voller Anerkennung und sagte zu ihm, dass ein Gebetskreis von zehn Juden wie er den Messias herbeibringen werde. Der Besitzer des Restaurants überlegte eine Weile, bis sich ein Spalt in der Mauer seines Misstrauens auftat. »Der Mann hat ein Geschäft in Qatar eröffnet,
aber sein Sohn wohnt in Ramallah«, antwortete er schließlich. Dann dachte er noch etwas nach und versprach, die Adresse zu besorgen.
Der Wirt wandte sich an meinen Vater: »Erlauben Sie mir, Ihnen ganz offen zu sagen, dass ihr mir Kopfzerbrechen bereitet. Wir haben gedacht, ihr seid keine Menschen, ihr seid Teufel, der Satan per se. Dass ihr uns ermordet, unsere Frauen vergewaltigt, unseren Besitz plündert, und nun seid ihr … ein Tiger, der nicht reißt, benehmt euch wie edle Scheichs. Ich bin verwirrt und weiß nicht, was ich denken soll.«
Mein Vater machte es sich auf dem Stuhl bequem, und ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus. Er erinnerte sich daran, wie er damals in Bagdad einschlägigen Kennern der Materie gelauscht und in ihren Worten Hinweise und Erklärungen für das Verhalten der irakischen Regierung gesucht hatte. Jetzt, hier in Hebron, suchte dieser Araber die Antwort bei ihm. Und er, Salman Moschi Amari, war der Herr. Gepriesen sei Sein Name. Er richtete seinen Blick direkt auf den Restaurantbesitzer. »Mein Bruder, wir wollen euch beileibe nicht verletzen, Gott bewahre. Im Gegenteil, wir wollen mit euch in Frieden leben und warten, dass eure Führerschaft unsere ausgestreckte Hand ergreift.«
Wir verließen das Restaurant, und meine Mutter wollte einen Moment an einem Gemüsestand stehen bleiben. Sie kehrte lächelnd zurück: »Spottbillig. Die sind den Muslimen in Bagdad nicht ähnlich. Die hier sind unschuldig und demütig wie eine Schafherde.«
»Sie sind im Schock, so wie wir es in den Immigrantenlagern waren. Wenn sie sich erholt haben, wird das Blutvergießen anfangen«, brach Kabi sein Schweigen.
»Hebron ist sogar noch elender und ärmer als das Abu-Sifein-Viertel in Bagdad. Sag mir, mein Sohn, was haben sie all die Jahre hier gemacht?«, sagte mein Vater.
»Sie haben von al-Awda geträumt, von der Rückkehr«, erwiderte Kabi.
»Wir waren Flüchtlinge wie sie, und heute fehlt es uns, Gott sei Dank, an nichts, alle Achtung vor der Mapai-Partei, sie hat das Ganze schnell erledigt«, stellte meine Mutter fest.
»Der Unterschied ist, dass die Araber Wasserpfeife geraucht und auf ein Wunder gewartet haben, während die Staatsgründer Sümpfe trockenlegten und in der Landwirtschaft arbeiteten, die Landschaft Israels und des jüdischen Volkes veränderten«, fügte mein Vater hinzu.
Auf der Rückfahrt nach Jerusalem sagte Chizkel: »Seid mir nicht böse, aber ich möchte euch etwas sagen, das euch vielleicht nicht gefallen wird. Ich denke und denke darüber nach, aber ich bin nicht sicher, dass wir imstande gewesen wären, den Staat zu erbauen.«
»Wie kannst du so etwas sagen?«, protestierte ich.
»Nach dem, was ich heute gesehen habe, und nach zwanzig Jahren im Gefängnis der Muslime, habe
Weitere Kostenlose Bücher