Jasmin - Roman
ich sie und uns kennengelernt. Unsere Kultur ist keine Revolutionskultur. Auch wir sind, wie die Araber, Fatalisten, wir haben auf den Messias gewartet, während wir im Schatten der Palmen saßen. Wir klagten ›an den Ufern Babylons‹, während die Juden Europas aufgestanden und zur Tat geschritten sind. Sie kamen aus der brennenden Welt der Bolschewiken. Sie sind dreist, haben keinen Gott, sie haben beschlossen, selber der Messias zu sein. Sie sehen einen Berg und versetzen ihn, wir sehen einen Berg und bleiben davor stehen. Das ist der Unterschied zwischen dem Orient und dem Okzident.«
Ich weiß nicht, ob du recht hast, mein Bruder«, erwiderte mein Vater. »Wir haben in Palästina den Tempel, das Heiligtum, gesehen, das geistige Zentrum, das Ideal, und sie sahen einen Platz, um einen Staat zu errichten.«
»Das ist furchtbar, was ihr da sagt. Worin sind wir diesen Aschkenasim unterlegen? Schaut euch doch an, wie wir in diesem Krieg gekämpft haben, wie viele Grenzsiedlungen wir errichtet haben! Das Problem ist, dass sie uns nicht berücksichtigt hatten.
Und ihr habt sie alles ohne euch machen lassen, habt nicht einmal eine Vertretung auf den zionistischen Kongressen verlangt«, wandte Kabi ein.
»Vor dem Zweiten Weltkrieg gab es zehn Millionen Juden in Europa, zwei bis drei davon genügten zur Errichtung des Staates, von dem sie träumten. Das gesamte orientalische Judentum dagegen zählte nur eine Million, über alle islamischen Länder verstreut, sprach kein Jiddisch und war in der arabischen Kultur verhaftet. Sie kannten und brauchten sie nicht«, sagte ich.
»Nuri, mein Sohn«, ein neuer, nachdenklicher Ton war in der Stimme meines Vaters vernehmbar, »es kann sein, dass dein Onkel recht hat. Revolution heißt Blut, und sie waren sture Weltverbesserer, die nur an ihre eigene Wahrheit glauben, von der sie kein Gott abbringen kann. Sie haben die Welt in allem auf den Kopf gestellt. In ihrem Kibbuz, zum Beispiel, schlafen die Kinder getrennt von den Eltern. Kannst du dir so etwas bei uns vorstellen? Kinder und Eltern, die sich für ein bis zwei Stunden am Tag treffen wie in einem Kaffeehaus?«
»Und ich sage euch noch etwas, das euch vielleicht erstaunen wird«, fuhr Chizkel fort. »Hört auf einen Gefangenen für Zion, der viel Zeit hatte, um nachzudenken. Meiner Meinung nach hätte die arabische Welt noch hundert Jahre lang im Schatten weitergeschlafen, wäre Israel nicht gewesen. Die ganzen Revolutionäre - von Husni al-Zaim in Syrien bis Nasser in Ägypten -, alle sind sie im Gefolge der zionistischen Revolution gekommen. Sie haben von uns gelernt, und sie haben uns um das beneidet, was wir hier erreicht haben. Ich reibe mir selbst die Augen und glaube es kaum. Was sie hier gemacht haben, der Aufbau, der Schwung, die Betriebe, das ganze Werk, unberufen, wo gibt es so etwas in der arabischen Welt, auf der Welt überhaupt?«
»Es hat hier einen Existenzkrieg gegeben, wenn wir anstelle der Alteingesessenen wären, hätten wir das Gleiche gemacht.« Ich wollte nicht nachgeben.
»Auch wir haben beigetragen! Ohne uns wäre der Staat anders.
Das Problem ist, dass die Alteingesessenen uns einfach nicht genügend Gelegenheiten geben«, sagte Kabi wieder.
»Vielleicht müssen wir die Initiative ergreifen, sowohl im Innern als auch gegenüber den Arabern«, widersprach ich seiner Position.
»Das nützt nichts, das ist ein abgekartetes Spiel. Die Alteingesessenen und die Mapainiks haben sich ihre Anzüge schon maßgeschneidert, haben die ganze Bank besetzt und uns keinen Platz gelassen«, beharrte Kabi.
»Das stimmt nicht, es ist ein Schabbateintopf, der langsam gegart wird«, hielt ich dagegen. »Wir stehen am Anfang einer neuen Ära, nichts ist abgeschlossen. Wir müssen aktiv sein.«
»Es besteht ein Unterschied zwischen ihrer und unserer Seele. Um eine Revolution zu machen, wie sie es taten, muss der Mensch ein gewisses Maß an Grausamkeit besitzen«, erklärte mein Vater.
Kabi hörte nur einen Teil von Vaters Worten und interpretierte sie auf seine Weise. »Wir sind den Alteingesessenen hier in nichts unterlegen«, erregte er sich, »historische Umstände haben diese Wirklichkeit geschaffen, und im Moment ist die Macht in ihren Händen. Auch ihr habt eine Revolution im Leben der Juden dort ausgelöst, ihr habt eine zionistische Untergrundbewegung etabliert, eure Freunde sind aufgehängt worden, andere sind auf dem Weg umgekommen, ihr habt alles geopfert, und hier habt ihr von vorne
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