Jasmin - Roman
angefangen.«
»Mein Sohn, das Einzige, das man zu unseren Gunsten sagen kann, ist, dass wir mit aller Macht in Erez Israel leben wollten und das auch ohne irgendwelche Vorbereitung getan haben. Jetzt heißt es vorwärtsschreiten.«
»Aber Papa, wir sitzen in Berufen fest, die mit Arabisch und den Arabern zusammenhängen, und in der israelisch-aschkenasischen Gesellschaft denken sie, das seien nebensächliche und vorübergehende Dinge, die keinerlei Ansehen genießen«, sagte Kabi.
»Kabi, mein Sohn, sei mir nicht böse … du hättest nicht nach
Europa zu dieser Aufgabe reisen und auch nicht mit dem arabischen Thema weitermachen dürfen, wenn du so empfindest. Wir haben nicht ein Exil verlassen, um hier in ein zweites zu kommen. Ich verstehe nicht, wie es kommt, dass du mit all deinen Talenten außen vor geblieben bist. Vielleicht hast du von vornherein aufgegeben, nicht genug gekämpft, um in die israelische Gesellschaft hineinzukommen.«
»Welche Wahl hatte ich denn? Wenn ich nicht beim Mossad zu arbeiten angefangen hätte und dorthin gereist wäre, wohin sie mich schickten, wäre ich ohne Lebensunterhalt dagestanden«, stellte mein Bruder fest. »So tue ich auch etwas«, fügte er hinzu und blickte Chizkel an.
»Du musst das Gefühl haben, dass es dein Staat ist, dass du der Hausherr bist, und es spielt keine Rolle, ob du dich mit arabischen Angelegenheiten befasst oder etwas anderes arbeitest«, sagte mein Vater und betrachtete die orangefarbenen Flammen, die die untergehende Sonne entzündete, wie in einer letzten Anstrengung, die Dunkelheit über den Spitzen der Jerusalemer Berge aufzuhalten.
30.
VERSIEGELTE LIPPEN
»Kabi, ich verstehe nicht, wie es kommt, dass du mit all deinen Talenten außen vor geblieben bist. Vielleicht hast du von vornherein aufgegeben, nicht genug gekämpft, um in die israelische Gesellschaft hineinzukommen.« Das hatte sein Vater zu ihm gesagt. Und er war so verletzt gewesen, dass er das Geheimnis fast preisgegeben hätte. Doch wenn er den Mund aufgemacht und geredet hätte, dann wäre er wirklich gescheitert. Gut, dass er geschwiegen hatte, gut, dass er sich zurückgehalten hatte.
Aber es war nicht zu leugnen, das Schweigen hatte einen Preis. Niemals würde er sich in aller Öffentlichkeit freuen, so richtig freuen können wie jemand, der seine kühnsten Träume verwirklicht hatte. Niemals würde er in Freudengeschrei ausbrechen können, wie er es getan hätte, wäre es ihm erlaubt, und niemals würde er die Menschen, die ihm am nächsten standen, an seiner Freude beteiligen können. Nie würden sie von den Monaten erfahren, die er in Chorramschahr verbracht hatte, am Ende der heißen und feuchten Hölle, ohne Zuhause und ohne Frau, ein Mönch unter Gaunern und anderen zweifelhaften Gestalten.
Und er konnte sich bei niemandem außer bei sich selbst beschweren. Er selbst hatte den Mossad gewählt, kein Mensch hatte ihn dazu gezwungen. Dort leistete er im Geheimen etwas Wichtiges, Wertvolles. Sogar Amram Tschuva, der vorsichtige und kühle Kopf der Außenstelle, hatte ein gutes Wort für ihn übrig gehabt. Wenn er nicht nach Chizkel geforscht hätte, ohne eine Genehmigung dafür einzuholen, hätte man ihn sogar ausgezeichnet. Egal, heute waren alle beim Mossad stolz auf ihn, freuten sich, dass es ihm gelungen war, einen Verfolgten Zions aus dem
Gefängnis zu befreien, nachdem sie ihn bereits aufgegeben hatten.
Amram Tschuva hatte ihm unmissverständlich erklärt: »Deine Eltern dürfen nicht wissen, dass du von London nach Chorramschahr gegangen bist, das würde ihre Tage verkürzen vor lauter Sorge um dich. Du darfst auch Chizkel im Verlauf der Operation nicht sehen, denn er könnte dich erkennen, damit enttarnen und Vernichtung über ihn und dich und die Leute unseres dortigen Netzes bringen, was einen Konflikt zwischen der israelischen Regierung und dem iranischen Schah auslösen könnte. Wie und was auch immer, du darfst den Mund nicht aufmachen.«
Und was wusste sein Vater jetzt? Er wusste nur, dass sein jüngerer Sohn Nuri Karriere machte, und bedauerte, dass sein ältester Sohn auf der Stelle trat. Es war schwer, die Genugtuung zu übersehen, die sich auf seinem Gesicht ausbreitete, wenn in der Zeitung ein Foto von Nuri erschien, der irgendeine wichtige Persönlichkeit bei einem Besuch des Ostteils der Stadt begleitete, oder wenn dessen Name in einer der arabischen Zeitungen erwähnt wurde. Sein Bruder Nuri nahm jetzt seinen Platz bei seinem Vater ein, half ihm bei
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