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Jasmin - Roman

Titel: Jasmin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. Bertelsmann
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liebenswürdig an mich. Ich fragte mich, ob er sich an mich erinnerte, an den gemeinsamen Besuch in Nazareth vor drei Jahren und die Runde in Ostjerusalem im vergangenen Jahr.
    Er forderte uns auf, auf dem Gästesofa Platz zu nehmen, setzte sich uns gegenüber und legte das Bein über die Armlehne seines Stuhls. »Wus hert sich? Was hört man so?« Er verzichtete nicht auf sein Jiddisch, auch als er mit Chizkel sprach.
    Sein Zimmer war geräumig, ein großer Arbeitstisch, eine Bibliothek, vollgestopft mit blauen Gesetzesbänden, Schriften von Berl Katznelson und anderen, und auf dem Beistelltisch neben ihm standen vier Telefonapparate, zwei schwarze, ein roter und der vierte grün.
    »Womit fangen wir an?«, fragte der Vizeminister, der ebenfalls bei dem Treffen anwesend war.
    »Wir beginnen mit dem Ende«, sagte Eschkol.
    Ein Teetablett wurde hereingebracht. »Oh, da ist Dina mit dem Tschai«, sagte er, nahm sich Zuckerwürfel und steckte sie in den Mund, wie es bei den Russen üblich ist, und fing an, den Tee mit unbefangen volkstümlicher Lautstärke zu schlürfen, nahm sich von dem Teller mit den belegten Broten und kaute genussvoll, griff wieder nach einem Zuckerwürfel, schlürfte weiter, und bis die Serviererin uns allen Tee eingeschenkt hatte, hatte er schon ein ganzes Glas geleert und bediente sich mit einem zweiten.
    »Hübsch, unsere Dina, was?«, sagte er mit spitzbübischem Lächeln, das die Serviererin erheiterte, und wandte sich dann an Chizkel: »Nu, und was halten Sie von Zion, von dem Sie geträumt haben?« Er fragte es wie jemand, der sich beim Bräutigam erkundigt, ob die Partie seinen Gefallen findet.
    »Schöner als der Traum, viel größer und komplizierter. Und ich frage mich, was machen wir mit all dem?«, kam Chizkel sofort zu der Frage, die ihn quälte.

    Eschkol runzelte die Stirn, und seine Brille rutschte langsam auf die Nasenspitze hinunter.
    »Reb Jidd, du hast den Kern der Sache getroffen. Was machen wir jetzt mit diesen Gebieten und mit den Arabern? Das ist hirnzermürbend …«
    »Herr Ministerpräsident, Sie haben Goliath besiegt, und die Karten sind in Ihrer Hand.«
    »Dieser Goliath verursacht Scherereien, auch wenn er am Boden liegt«, erwiderte Eschkol nachdenklich. »Er steckt in der Erde wie ein Stein, rührt sich nicht und versucht nicht aufzustehen. Sie haben sicher von den drei Nein der arabischen Gipfelkonferenz in Khartoum gehört: Kein Friede, keine Anerkennung Israels und keine Verhandlungen mit Israel. Was soll man damit anfangen? Wie gedenken sie, ihre Lage zu verändern ohne jede Bereitschaft zu Veränderung? Die Oberhäupter der Kirchen und christlichen Gemeinden aus Ostjerusalem waren da, haben ihre Aufwartung gemacht und um dies und das gebeten, und ich, der ich aus dem Exil gekommen bin wie Sie, mit einem Traum von Zion, dem Land der Sehnsucht der Väter, habe sie nicht zurückgewiesen. Ich sagte mir, Riboine schel oilem, Herr der Welt, all deine Werke hast du mit Weisheit vollbracht, vielleicht ist die Weisheit an einem Sieg, großzügig zu sein.«
    »Das ist genau der Grund, weshalb ich dachte, dass Sie sich treffen sollten«, mischte sich der Vizeminister ein.
    Die Sekretärin betrat das Zimmer und deutete auf einen der Telefonapparate: »Verzeihung, Herr Eschkol, Pinchas Sapir ist auf vier.«
    »Na, endlich«, brummte er, während er den Hörer des grünen Telefons abhob, und das spitzbübische Lächeln erschien wieder auf seinem Gesicht. »Pinje, wi geits, wie steht’s?« Er lauschte einen Moment Sapirs Worten am anderen Ende der Leitung und schloss mit einem einzigen Satz: »Pinje, find mir das Geld endlich, wir werden schnell den Staat aufbauen und dann nach Hause gehen.«

    »Sagen Sie bitte, Herr Amari«, kehrte er zu Chizkel zurück, »war Ihr Leben im Gefängnis während des Krieges bedroht?«
    »Es war schwierig. Besonders in den Tagen der Wartephase.«
    »Die Tage des Wartens«, seufzte Eschkol und fügte hinzu, als wehrte er einen Angriff ab: »Der Tag wird kommen, an dem alle verstehen werden, dass unsere Entscheidung, abzuwarten, bis der Goi in Amerika mit seinen Geschäften und Steaks fertig sein würde, nützlich für uns war.«
    »Das war eine kluge Tat, Herr Ministerpräsident«, stimmte Chizkel zu.
    »Wir leben in einem Irrenhaus, wo das Ende des einen Krieges der Anfang des nächsten sein kann, man muss dem ein Ende machen«, sagte Eschkol, »aber unsere Vettern, die mir sollen sein gesund, haben eine aufgeblasene Ehre, a sozusagen

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