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Jasmin - Roman

Titel: Jasmin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. Bertelsmann
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Empfindlichkeit, ai-ai-ai. Wer kann mit ihnen fertigwerden und vorwärtskommen?«, fragte er und blickte uns an, als erwartete er eine Reaktion auf seine Worte.
    »Herr Ministerpräsident, sie haben Zeit, wir haben keine.«
    »Sagen Sie mir doch bitte, wie steht es jetzt mit der gebildeten Schicht im Irak, mit den Offizieren? Früher haben sie sich nicht im Kampf gefährdet, im Gegensatz zu den Ägyptern und den Jordaniern, die sehr schön kämpften. Wie ist es jetzt im Irak?«
    »Herr Ministerpräsident, in meinem Gefängnis waren Kommunisten und Nationalisten und aufsässige Offiziere, und wir haben viel miteinander geredet. Mit jedem neuen Jahrgang gibt es eine Verbesserung. Seit die Juden weg sind, haben sie unsere Berufe übernommen, in Wirtschaft, Kunst und Recht, sogar in der Musik.«
    »Das heißt, dass die Kluft zwischen ihnen und uns schrumpft«, sagte Eschkol besorgt. »Und was gedenken Sie jetzt zu tun?«
    »Ich weiß es noch nicht. Vorläufig suche ich eine Wohnung«, erwiderte Chizkel.
    »Junger Mann«, fragte Eschkol den Vizeminister, »habt ihr etwas für ihn arrangiert?«

    »Wir kümmern uns darum.«
    »Herr Amari, Sie kommen schließlich von dort und kennen sie, haben Sie a Gedank dazu?«, fragte Eschkol und unterstrich seine Worte mit der Hand, der mit dem fehlenden Finger.
    Chizkel überlegte, als dächte er zum ersten Mal über die Frage nach.
    »Herr Ministerpräsident, zuerst einmal müssen die Juden entscheiden, was sie wollen, ein Einverständnis untereinander herstellen.«
    Der Ministerpräsident lachte auf: »Was die Juden wollen, ist die Mitgift ohne Braut.«
    »Herr Ministerpräsident, man muss sich schnell um die Flüchtlinge kümmern, man wird nur Probleme mit ihnen haben.«
    »Das ist schon a ganze Maise, eine komplette Geschichte, man braucht Geld, viel Geld, und Kooperation.«
    »Herr Ministerpräsident, und wir müssen ihnen einen Staat errichten.«
    »Es ist niemand da, mit dem man das Geschäft zu Ende bringen könnte. Ihre Oberhäupter waren bei mir, aus Hebron, Nablus und Bethlehem, zehn Leute und ein Dutzend Meinungen, wie bei uns. Und keiner übernimmt Verantwortung.«
    »Wenn es so ist, muss man die Gebiete an König Hussein zurückgeben. Er sagt selbst, ›Jordanien ist Palästina, und Palästina ist Jordanien‹, was kann besser sein? Soll er sich den Kopf mit ihnen zerbrechen«, schlug Chizkel vor.
    »Die Sache ist, dass es hier Geben und Nehmen gibt. Man muss irgendeinen Gegenwert für diese Gebiete erhalten, Frieden, Sicherheit …«, sagte der Ministerpräsident und verstummte grübelnd.
    »Herr Ministerpräsident, sie sind durcheinander. Wie sollten sie nicht verwirrt sein? Jeder Minister bei uns sagt etwas anderes. Das macht sie verrückt. Vielleicht sollten Sie direkt zu ihnen sprechen, in unserem arabischen Radio und in ihrer Zeitung in Ostjerusalem«, schlug Chizkel vor.

    »Das ist eine Idee«, sagte Eschkol. Er rief die Sekretärin und bat sie, ihm ein Stenogramm von dem Interview zu bringen, das er einem amerikanischen Journalisten gegeben hatte. Als sie die Unterlagen gebracht hatte, stützte er sich auf seinen Stuhl und las den Eröffnungssatz daraus vor: »Die Gebiete, die wir im Krieg erobert haben, der uns aufgezwungen wurde, sind allesamt ein Unterpfand bis zur Erlangung eines regulären Friedens. Einstweilen ist das ein Hammer ohne Stiel, und wir spielen Schach mit uns selbst.« Hier seufzte er und reichte das Stenogramm an Chizkel. Es war ihm anzusehen, dass eine schwere Last auf seinen Schultern lag.
    »Herr Ministerpräsident, wir wurden dazu erzogen, den Gojim ein Licht zu sein, ist das denn möglich, wenn wir über sie herrschen?«
    »Oi wei, leichtere Fragen haben Sie nicht?«, schmunzelte Eschkol. »Bevor wir den Gojim ein Licht sein werden, sollten wir darauf achten, dass wir nicht die Finsternis für die Juden werden! Und von den Gojim kann man ein bisschen Bescheidenheit und Sinn für Proportion lernen.« Er stand auf und trat an den Bücherschrank, während er eine chassidische Melodie summte: »Der Rebbe hat befohlen sich zu freuen, denn schwere Tage werden kommen.«
    Er zog sein Buch »In den Banden der Besiedlung« aus einem Fach, schrieb mit großen, verschnörkelten Buchstaben eine Widmung für Chizkel hinein und anschließend über die gesamte Breite der Seite seine Unterschrift.
    »Ich habe mich gefreut, Sie kennenzulernen. Ich bin sicher, dass Sie mit Ihrem Wissen und Ihrer Erfahrung hier etwas beitragen werden, und ich verspreche

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